Bioraffinerien in der Kreislaufwirtschaft

Bioraffinerien in der Kreislaufwirtschaft

Die Konferenz „BIO-raffiniert“ stellte diesmal Reststoffe, Bioabbaubarkeit und innovative Prozesse in den Mittelpunkt.

CBP Leuna Bioraffinerie
Sie geben der Konferenz ihren Namen: Bioraffinerien. Das Fraunhofer CBP betreibt in Leuna bereits diese Forschungsanlage. UPM Biochemicals hat dort 2020 den Bau einer großen kommerziellen Anlage begonnen.

Zum elften Mal stand Oberhausen am 24. und 25. Februar 2021 im Zentrum des Interesses zahlreicher internationaler Akteure der Bioökonomie: In Zusammenarbeit mit der EnergieAgentur.NRW und CLIB hatte das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik zur Konferenz „BIO-raffiniert“ geladen – diesmal erstmalig virtuell. Schwerpunkte waren wieder Produkte und Prozesse für eine zirkuläre biobasierte Wirtschaft sowie die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Pandemie beschäftigte sich die Runde zunächst mit der Rolle der Bioökonomie als Chance für einen Strukturwandel. Ein Beispiel dafür war das niederländische „Circular Biobased Delta“, dessen Ziel es ist, den Übergang hin zu biogenen Rohstoffen und kreislauffähigen Lösungen zu beschleunigen.

Regionale Wertschöpfung durch Bioraffinerien

Tradition hat bereits die Session rund um die Entwicklungen der namensgebenden Bioraffinerien. So stellte Stefano Facco von Novamont die integrierte Bioraffinerie als ein Konzept vor, um deindustrialisierte Areale durch innovative Technologien zu reindustrialisieren und Grenzertragsböden für die Rohstoffgewinnung zu nutzen, was eine landwirtschaftliche Wertschöpfung bedeutet, die nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurriert. Die Produkte selbst bieten nachhaltige Lösungen für Probleme hinsichtlich Wasser- oder Bodenqualität bei herkömmlichen Prozessen. Das ökonomische Potenzial illustrierte Facco mit dem Satz: „Wenn wir einen neuen Monomer für einen Polymer herstellen, haben wir immer auch Nebenströme und Nebenprodukte.“ Die ließen sich meist ebenfalls gewinnbringend nutzen. Als Beispiele für neue Wertstoffe nannte er Bioherbizide, Bioschmierstoffe und bioabbaubare Kosmetikinhaltsstoffe. Wichtig sei zu berücksichtigen, ob ein Produkt im Wasser, im Boden oder in der Kompostierung biologisch abbaubar sei bzw. sein müsse. Nicht zuletzt betonte der Experte die Bedeutung von Kompost aus urbanen organischen Abfällen als Möglichkeit, CO2 zu binden und die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern.

Große Vielfalt der Bioraffinerien

Okko Ringena von UPM Biochemicals ging darauf ein, dass es die „Standard-Bioraffinerie“ nicht gibt. Das Design sei wie ein Puzzle: Ist der Standort im Grünen oder in einem Chemiepark? Welche Art der Biomasse ist verfügbar? Was für Produkte sollen erzeugt werden und in welchem Maßstab? Welche Technologien stehen dafür zur Verfügung oder können lizenziert werden? Wie sind die regionalen regulatorischen Rahmenbedingungen? Und nicht zuletzt: Welche Finanzmittel und -quellen sind vorhanden? UPM selbst verfolge das Konzept,  bestehende erdölbasierte Chemikalien zu ersetzen und zugleich neue biochemische Hochleistungsprodukte zu erzeugen – beides auf Basis von Lignin. Für den Standort Leuna in Deutschland habe man sich entschieden, weil der eine besondere Kombination biete: einen Chemiepark mit guter Infrastruktur, Logistik sowie Lieferanten und Kunden; eine innovationsstarke Region mit Hochschulen, Forschungsinstituten und damit potenziellen qualifizierten Mitarbeitenden; und nachhaltig produzierte Holzrohstoffe in der unmittelbaren Umgebung.

Auch ein Exkurs zu den Lieferketten in der Bioökonomie durfte nicht fehlen. Themen darin waren grenzübergreifende Prozesse, Blockchains zur Dokumentation von Produktionsprozessen und Lieferketten sowie die Rolle der biobasierten Chemie für eine moderne Spezialchemie.

Handreichung zur biologischen Abbaubarkeit

Besonders die Reststoffnutzung und die Bioabbaubarkeit bildeten den letzten Schwerpunkt der Konferenz. So wies Verena Bauchmüller vom nova-Institut darauf hin, dass die biologische Abbaubarkeit auch deshalb nicht immer als End-of-Life-Option berücksichtigt werde, weil sie nicht immer die beste Option sei. Für 25 sinnvoll bioabbaubare Anwendungen und Produkte habe das Forschungsprojekt BioSinn jedoch Steckbriefe als Handreichung für Politik und Industrie entwickelt. Dazu zählen beispielsweise Aufkleber auf Gemüse, Kaffeekapseln, Mulchfolie, Feuchttücher und Mikroplastik in Kosmetik. Außerdem hat das Projekt einen Kriterienkatalog erstellt. Er zeigt auf, welche Faktoren bestimmen, ob der biologische Abbau eine sinnvolle End-of-Life-Lösung darstellt.

Wertstoffe aus Reststoffen rückgewinnen

Eine weitere End-of-Life-Lösung im Sinne der Kreislaufwirtschaft präsentierte Sarah Wallus von RWE Power mit einer Versuchsanlage zur Rückgewinnung von Phosphor, Kohlenstoff und Wasserstoff durch die Vergasung von Klärschlamm. Volker Heil vom Fraunhofer UMSICHT erläuterte, wie durch die Pyrolyse biogener Reststoffe maritime Kraftstoffe erzeugt werden können.

Den Abschluss machten einige prozesstechnische Innovationen aus der Forschung. So stellte Kevin Schmitz von der TU München vor, wie Pilze als Produktionssysteme genutzt werden können, um aus agrarischen Reststoffen Pektin zu erzeugen. Patrick Bongartz von der RWTH Aachen erklärte einen verbesserten Ansatz für die Herstellung von Biotensiden, und Kerstin Müller vom Fraunhofer IVV stellte neue Ansätze vor, wie native Cellulose in thermoplastischen Anwendungen genutzt werden kann.

bl