Bioprozess für Pflanzenhormon entwickelt
Der Einsatz des Pflanzenhormons Jasmonsäure ist breit, die chemische Synthese der Vorstufe 12-OPDA aber teuer. Forscher haben den Herstellungsweg nun biotechnologisch nachgeahmt.
Wissenschaftlern der Universität Bielefeld ist es erstmals gelungen, 12-Oxophytodiensäure (12-OPDA) enzymatisch herzustellen, eine zentrale Vorstufe des Pflanzenhormons Jasmonsäure. Aus der Säure leiten sich die Jasmonate ab, mittels derer Pflanzen auf Verletzungen reagieren, sich gegenseitig vor Schädlingen warnen oder auch die Fruchtreifung steuern: „Jasmonsäure kann zum Beispiel die Freisetzung von giftigen Stoffen wie Nikotin in den Blättern anstoßen, die den Angreifern schaden“, erläutert der Biologe Karl-Josef Dietz. „Jasmonsäure wirkt auch heilend und kann in Gang setzen, dass sich beschädigte Blätter regenerieren.“
Chemische Synthese ist aufwendig
Pflanzenforscher interessieren sich sehr für Jasmonsäure und deren Vorstufen, um damit auf züchterischem Weg verbesserte Sorten zu erzeugen. Sollten beispielsweise bestimmte Fraßinsekten infolge des Klimawandels häufiger auftreten, könnten Pflanzen sich durch eine erhöhte Produktion der Jasmonsäure besser dagegen wehren. Doch nur wenige Milligramm 12-OPDA kosten schon mehrere Hundert Euro. „Der hohe Preis kommt durch die arbeitsintensive Herstellung zustande, da auf klassisch-chemischen Wege die Herstellung von 12-OPDA äußerst aufwendig und mit vielen Reaktionsstufen verbunden ist“, erklärt der ebenfalls am Forschungsprojekt beteiligte Chemiker Harald Gröger.
Enzymschritte der Pflanze nachgebildet
Gemeinsam haben die Bielefelder Forscher nun den Weg der Pflanze zur Bildung des Hormons nachgebaut, um 12-OPDA biotechnologisch herzustellen: „Wie die Pflanzen verwenden wir die einfach zugängliche Linolensäure in Kombination mit lediglich drei Enzym-Reaktionen“, erklärt Jana Löwe, Erstautorin der im Fachjournal „Advanced Science“ veröffentlichten Studie. Während die Linolensäure unproblematisch aus Rapsöl gewonnen werden kann, müssen die drei Reaktionsschritte der Enzyme genau abgestimmt sein. „Die Schwierigkeit war bisher die empfindliche, kurzlebige Zwischenstufe, die durch das zweite Enzym entsteht“, erklärt Gröger. „Wenn hier nicht sofort das dritte Enzym hinzugefügt wird, entstehen nicht brauchbare Produkte.“
Die Lösung des Problems bestand darin, das Bakterium Escherichia coli so zu optimieren, dass es die Enzyme für die Schritte zwei und drei in der richtigen Menge produziert. „Sobald die labile Zwischenstufe gebildet wird, ist das benötigte Enzym sofort zur Stelle und sorgt für die Herstellung von 12-OPDA“, erläutert Löwe den Trick. Der erste Schritt erfolgt unkompliziert durch ein kommerziell verfügbares Enzym aus Sojabohnen.
Günstiges Material für weitere Forschung
Das so erzeugte 12-OPDA kann nun direkt für die Forschung genutzt oder in weitere Produkte umgewandelt werden, die für Pflanzen relevant sind. „Damit steht uns eine Bibliothek von Abkömmlingen von 12-OPDA für pflanzenphysiologische Untersuchungen zur Verfügung“, freut sich Dietz. Und noch einen weiteren Einsatzzweck für das neue und günstige Verfahren sehen die Wissenschaftler: „Durch weitere Reaktionen könnte mit dem 12-OPDA zukünftig in effizienter Weise unter Umständen sogar Methyldihydrojasmonat hergestellt werden“, hofft Gröger. „Das ist eine Substanz, die als Inhaltsstoff für viele bekannte Parfüms benötigt wird.“
Das Vorhaben wurde über die Initiative „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“ des Bundesforschungsministeriums gefördert.
bl