Bestäuber für Arzneikräuter gesucht
Die Insektenbestäubung hat im Obstbau lange Tradition. Bonner Forscher untersuchen, wie die Helfer gezielt beim Anbau von Gewürz- und Arzneipflanzen genutzt werden können.
Bienen und Hummeln sind als Bestäuber wichtige landwirtschaftliche Gehilfen. Sie sichern das Überleben vieler Pflanzen und fördern gleichfalls die Biodiversität. Untersuchungen belegen auch, dass die Bestäubung durch Insekten einen wichtigen Einfluss auf Ertrag und Qualität von Obst und Gemüse hat. Im Obst- und Gartenbau werden die fliegenden Helfer daher seit Langem zur Ertragssteigerung genutzt. Einzelne Insektenarten wie etwa Hummeln werden für ihren Einsatz im Tomaten-Gewächshaus beim Versandhandel bestellt. Beim Anbau von Gewürz- und Arzneipflanzen ist die Bestäubung durch Insekten bisher nicht üblich, aber denkbar.
Insektenbestäubung bei Kräutern gezielt managen
Agrarökologen der Universität Bonn wollen daher untersuchen, ob auch beim Anbau von Fenchel, Lein und Thymian eine gezielte Insektenbestäubung erfolgreich ist. Das Team verspricht sich davon nicht nur höhere, sondern auch qualitativ bessere Erträge sowie mehr Biodiversität und Vorteile für die Agrarökosysteme. Ziel ist die Entwicklung eines Managmentsystems zur gezielten Bestäubung durch Insekten, wie es im Obst- und Gemüseanbau bereits Praxis ist.
Neue Insekten als Bestäuber fördern
In den kommenden drei Jahren wollen die Wissenschaftler ergründen, welche Insekten bundesweit die etwa 125 angebauten Kräuterpflanzen bestäuben. "In diesem Projekt wollen wir nicht mit aus Zuchten stammenden Hummelvölkern oder ausschließlich mit Honigbienen arbeiten, sondern vor allem auch mit ehemals einheimischen Arten, die wir fördern bzw. wieder ansiedeln. Dadurch können wir eine Faunenverfälschung auch auf genetischer Ebene ausschließen“, erklärt Tierökologe Andreé Hamm.
Einfluss auf Ernte und Artenvielfalt
Im Fokus der Untersuchung stehen Fenchel, Lein und Bohnenkraut. Hier wollen die Forscher untersuchen, welchen Einfluss die Insektenbestäubung auf Qualität und Menge der Ernte hat. Zugleich sollen Möglichkeit ausgelotet werden, wie die fliegenden Helfer gezielt gefördert werden können und wie benachbarte Kulturen davon profitieren. „Wir planen zudem einen Vergleich mit geförderten, klassischen Agrarumweltmaßnahmen wie Blühstreifen. Eventuell haben Arznei- und Gewürzpflanzen sogar höhere Effekte in punkto Artenvielfalt, gleichzeitig bringen sie aber noch einen wirtschaftlichen Ertrag“, sagt Projektleiter Ralf Pude.
Mehr heimische Kräuter für die Industrie
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen schließlich in Praxisanleitungen und Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität einfließen. Zudem soll die Nutzung heimischer pflanzlicher Rohstoffe im Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsmittelbereich gesteigert werden. Bisher werden lediglich 15% des Bedarfs durch in Deutschland angebaute Kräuter abgedeckt. Doch das Interesse der Industrie wächst.
bb