Artenvielfalt auf der Agenda
Das BMBF-Forum für Nachhaltigkeit in Berlin widmete sich diesmal insbesondere den Themen Digitalisierung und Biodiversitätsforschung.
Die Nachhaltigkeitsforschung ist ein Schwerpunkt der Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Seit 2005 gibt es ein eigenes Rahmenprogramm (FONA), in dem es um all jene Forschungsaktivitäten geht, die dazu beitragen, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen auch in Zukunft zu erhalten. Mehr als 5 Mrd. Euro hat das BMBF bereits in die Nachhaltigkeitsforschung investiert.
Neue Forschungsinitiative zur Artenvielfalt
Jährlicher Treffpunkt der FONA-Akteure ist das BMBF-Forum für Nachhaltigkeit, dessen 15. Ausgabe vom 13. bis 14. Mai in der Berliner Hauptstadtrepräsentanz der Telekom stattfand. In diesem Jahr lag der Fokus auf der Forschung zum Erhalt der Artenvielfalt. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek verwies in ihrer Eröffnungsrede auf den in der vergangenen Woche veröffentlichten IPBES-Bericht zum Artensterben: „Der Bericht des Weltbiodiversitätsrates ist ein klares Signal: Wir müssen neu denken, um die Artenvielfalt zu schützen. Wir brauchen Lösungswege, die eine praktische Umsetzung ermöglichen“, sagte Karliczek. Sie stellte die neue Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt vor, für die in den kommenden fünf Jahren 200 Mio. Euro bereitgestellt werden.
„Artenvielfalt ist Grundlage für Landwirtschaft und Ernährung. Wir müssen die Veränderungen von Biodiversität und Ökosystemen verstehen“, sagte sie. Eine der ersten Fördermaßnahmen innerhalb der Initiative zielt laut der Bundesministerin darauf ab, die Wertschätzung der biologischen Vielfalt in der Gesellschaft, nicht zuletzt in Unternehmen, zu steigern.
Digitalisierung und Bioökonomie im Blick
Karliczek gab auch einen Ausblick auf das neue FONA-Rahmenprogramm, das im kommenden Jahr vorgestellt werden soll. Demnach werden die Themen Digitalisierung, aber auch die Bioökonomie stärker als bisher berücksichtigt. „Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung besser nutzen. Wir wollen beim Transfer von Erkenntnissen in die Praxis besser werden. Wir müssen Forschungsergebnisse breiter kommunizieren“, so die Bundesministerin.
Der Bonner Politikwissenschaftler Dirk Messner stellte die Rolle der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt seines Vortrags. „Die Digitalisierung betrifft alle UN-Nachhaltigkeitsziele“, sagte er. Trotzdem sei das Thema Digitalisierung für Nachhaltigkeit bisher vernachlässigt worden. „Es muss neue Partnerschaften geben, damit ein Gesellschaftsvertrag für die Digitalisierung entstehen kann. Hier ist die Politik gefragt.“
In einer Podiumsdiskussion trafen Landwirte auf Agrarforscher, um über die Digitalisierung zu sprechen. Jens Dauber vom Thünen-Institut und Birgit Gemeinholzer sprachen sich dafür aus, die Erfassung von Daten zur Landnutzung erheblich zu steigern. Forscher und Anwender müssten dazu in beide Richtungen Daten austauschen. Landwirt Thomas Schmid wies auf technische Herausforderungen hin: „Wir haben genügend Daten. Aber wir haben Schwierigkeiten sie zu übermitteln.“ Zudem wünschten sich die Landwirte, stärker in die Gestaltung von Forschungsprojekten einbezogen zu werden. Dauber plädierte zudem für deutlich längere Laufzeiten bei Förderprojekten zur Agrar- und Nachhaltigkeitsforschung.
Biodiversitätsverluste verstehen und verhindern
Tag zwei des FONA-Forums in Berlin stand im Zeichen der Biodiversitätsforschung. Der Leiter der BMBF-Abteilung „Zukunftsvorsorge“, Volker Rieke, erläuterte dazu die neue Leitinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt. „Es gibt Wissenslücken zum Verlust der Biodiversität, die wir mithilfe innovativer Technologien schließen wollen“, sagte Rieke. Neben der Erfassung von Daten soll auch deren Analyse systemischer angelegt werden. So sollen die Ursachen von Biodiversitätsverlust besser herausgearbeitet werden. „Wir wollen hin zu Systemlösungen für gezieltes und langfristiges Handeln“, so Rieke.
Senckenberg-Generaldirektor Volker Mosbrugger, dessen Haus für die Koordination der Leitinitiative zuständig ist, betonte, auch die Wissenschaft müsse Teil solcher Systemlösungen werden.
Bioökonomie-Monitoring und die Biodiversität
Der Zustand und die Veränderung der Biodiversität in Ökosystemen wird unter anderem mithilfe von Monitoring-Aktivitäten erfasst. Auch für die biobasierte Wirtschaft, die Bioökonomie, werden derzeit die Grundlagen für ein nationales Monitoring gelegt. Welche Rolle die Biodiversität für ein Bioökonomie-Monitoring spielt, war Thema eines FONA-Forum-Workshops. Stefan Bringezu von der Universität Kassel erläuterte, wie in dem BMBF-Projekt SYMOBIO an der Entwicklung von Indikatoren gearbeitet wird. Das Ziel: eine Gesamtbilanz der ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen der Bioökonomie. Das soll eine Nachhaltigkeitsbewertung der Bioökonomie ermöglichen.
Christian Wirth vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) plädierte dafür, die biologische Vielfalt stärker als Ressource zu begreifen. „Wir müssen mit der Biodiversität wirtschaften, nicht gegen sie“, sagte Wirth. Als Beispiel führte er Studien an, die einen positiven Einfluss von gesteigerter Artenvielfalt auf die Produktivität von Äckern und Forsten belegen. Mittels „Ecosystem Engineering“ ließe sich dieses Wissen gezielt für die Land- und Forstwirtschaft nutzen.
Für den Aufbau eines zentralen Monitorings zur Biodiversität deutscher Binnengewässer setzte sich in Berlin wiederum eine Gruppe von Wissenschaftlern ein. Dazu wurde dem BMBF eine Forschungsagenda zur biologischen Vielfalt der Binnen- und Küstengewässer übergeben.
pg/bb