Antibiotika überdauern in Biogasanlagen
Gießener Forscher haben nachgewiesen, dass viele antibakterielle Wirkstoffe, die in die Gülle gelangen, auch in Biogasanlagen nicht zerstört werden und so weiterhin die Umwelt belasten.
Der Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin ist seit langem umstritten. Doch noch immer werden Rinder und Schweine damit versorgt. Knapp 733 Tonnen Antibiotika wurden nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bundesweit 2017 an Nutztiere verabreicht. Ein Großteil davon gelangt über den Kot der Tiere mit der Gülle zur Vergärung in die Biogasanlagen und anschließend als Dünger wieder auf den Acker. Forscher der Universität Gießen haben daher untersucht, inwiefern der Prozess in Biogasanlagen den Eintrag von Antibiotikarückständen in die Umwelt reduzieren kann. Das Projekt wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
In Regionen mit intensiver Landwirtschaft gibt es besonders viele Biogasanlagen. Auch werden hier besonders häufig Antibiotika von Tierärzten verordnet. „Es gibt verschiedene Studien, die einen Rückgang der Arzneimittel-Konzentration durch das Vergären von Gülle in den Biogasanlagen beschreiben.“ Doch die Vorgänge seien bisher weitestgehend unbekannt geblieben, sagt Projektleiterin Astrid Spielmeyer vom Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie der Universität Gießen. Zudem lieferten frühere Studien, die den Rückgang von Antibiotika in Güllebehandlungsverfahren untersuchten, unterschiedliche Ergebnisse.
Antibiotikareste nach Gärprozess
Das Team um Spielmeyer hat daher den Prozess in Biogasanlagen genauer untersucht. Im Fokus stand die Verarbeitung zweier Antibiotika, die besonders häufig verabreicht werden: Sulfonamide und Tetrazykline. Für beide Antibiotika-Gruppen sind bereits resistente Keime nachgewiesen worden. Das Ergebnis: Biogasanlagen können viele Antibiotika nicht beseitigen, sodass sie über den Dünger wieder in den Boden gelangen. Unterschiedliche Temperaturen, Säure- und Salzgehalte hatten demnach kaum Einfluss auf die Wirkstoffe. Gleichfalls stellten die Forscher aber fest, dass bei Zugabe eines Feststoffes wie Maissilage die Antibiotika-Konzentration in der Biogasanlage geringer wurde.
Wirkstoffe können sich im Boden erneut freisetzen
„Ein derartiger Rückgang, wie er auch in vorherigen Studien festgestellt wurde, heißt nicht unbedingt, dass die chemischen Strukturen zerstört und unwirksam werden“, erklärt Spielmeyer. Der Forscherin zufolge würden sich auch dann noch Antibiotikareste in Gülle und Gärresten befinden, wenn sie einzeln kaum noch nachweisbar sind. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich Bestandteile der Gülle mit den Wirkstoffen verbinden. „Wenn Wirkstoffe gebunden werden, können sie sich später auch wieder lösen, sodass es zu einem erneuten Freisetzen der Antibiotika in der Gülle oder auch im Boden kommen kann“, so Spielmeyer.
Antibiotikaabgabe an Tiere reduzieren
Im Rahmen des Projektes konnten die Gießener beweisen, dass sich trotz der Vergärung der Gülle in Biogasanlagen Antibiotikastoffe im Boden wieder freisetzen können. Den Forschern zufolge werden die Wirkstoffe langsam und stetig freigesetzt. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde kommt daher zu dem Schluss: „Antibiotika müssen schon bei der Vergabe im Stall verringert werden, um Mensch, Tier und Umwelt zu schützen.“
bb