Algenblüten per Satellit aufspüren
Mithilfe eines neuen Algorithmus können erstmals Algenarten im Meer anhand von Satellitendaten identifiziert und das Wachstum giftiger Algenblüten vorhergesagt werden.
Satellitendaten dienen längst nicht mehr nur zur Wettervorhersage. Sie liefern Agrarforschern wichtige Informationen zu Bodenbeschaffenheit oder Pflanzenwachstum und sind die Grundlage für Ernteprognosen. Auch für Meeresforscher sind die Daten aus dem Orbit ein wichtiges Werkzeug, um aus der Ferne das Algenwachstum beobachten zu können. Bisher konnte man mithilfe der Satelliten die Menge des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll im Wasser und damit die Algenkonzentration messen. Eine Differenzierung nach Algenarten oder gar eine Vorhersage des Algenwachstums war jedoch kaum möglich.
Neuer Algorithmus erkennt fünf Algenarten
Einem internationalen Team um Hongyan Xi und Astrid Bracher vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) ist das nun gelungen. In Kooperation mit der französischen Firma ACRI-ST und dem europäischen Satellitendaten-Dienst Copernicus Marine Environment Monitoring Service entwickelten sie einen Algorithmus, der aus den Orbitdaten Angaben zu fünf bedeutenden Phytoplankton-Gruppen herauslesen kann.
Reflektanz der Algenpigmente analysiert
Die Grundlage dafür bildeten Informationen zu den verschiedenen Wellenlängen des Lichts, die mittels Sensoren von den Satelliten aufgenommen werden. Wie die Forscher im Fachmagazin "Remote Sensing of Environment" berichten, konzentrierten sie sich bei der Datenanalyse vor allem auf den Reflexionsgrad. Die sogenannte Reflektanz besagt, wie viel Sonnenlicht von der Erde ins All zurückgeworfen wird. Dieses reflektierte Licht wird von Wassermolekülen und Partikeln im Meer und in der Atmosphäre gestreut, gebeugt und verändert. „Und auch das Plankton, das ja bestimmte farbige Pigmente enthält, beeinflusst die Reflektanz. Je nachdem, welche Algen und welche Pigmente im Wasser vorherrschen, ist die Reflektanz anders“, sagt Hongyan Xi.
Algen hinterlassen Fingerabdruck auf Reflektanz
Demnach hinterlässt jede der fünf verschiedenen Algengruppen auf dem reflektierten Licht sozusagen ihren eigenen Fingerabdruck. Mithilfe des neuen Algorithmus wird dieses Reflektanzmuster sichtbar und damit die Algengruppe.
Um die Reflektanz der jeweiligen Algengruppe zuordnen zu können, wurden im Vorfeld zahlreiche Datenbanken durchforstet. Satellitenmessungen wurden mit Planktonproben kombiniert, die bei Schiffsexpeditionen zur selben Zeit am selben Ort genommen wurden. 12.000 solche Algendatensätze wertete das Team aus. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler schließlich nachvollziehen, wie sich der Reflexionsgrad der jeweiligen Algen verändert, und einen Algorithmus entwickeln, der in der Lage ist, aus der Reflektanz-Information auf die vorherrschenden Algengruppen in den Meeresregionen zu schließen.
Algenblüte erkennen und vorhersagen
Damit haben die Forscher ein wichtiges Werkzeug geschaffen, das es erstmals ermöglicht, auch giftige Algenblüten, sogenannte Harmful algal blooms (HABs), aufzuspüren. Anhand des Algenwachstums können auch Rückschlüsse auf die Wasserqualität gezogen werden. „Außerdem können wir künftig erkennen, ob sich die Verteilung des Phytoplanktons mit dem Klimawandel verändert“, sagt Hongyan Xi. „Das ist wichtig, um die Folgen für die Ökosysteme abzuschätzen.“
bb