Ackerpflanzen mit Satellitendaten erkennen
Welche Pflanzen werden auf welchen Feldern angebaut? Diese Frage können Berliner Forscher nun per Satellit und Künstlicher Intelligenz beantworten.
Daten aus dem All sind zu einem wichtigen Werkzeug der Agrarforschung geworden. Die Satelliten der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA), insbesondere Sentinel-1 und Sentinel-2, liefern Informationen zur Art der Landnutzung, Bodenbeschaffenheit, zu Pflanzenwachstum und Umweltbedingungen. Diese Daten nutzen Wissenschaftler vielerorts für Simulationsmodelle, um beispielsweise Ernteprognosen zu erstellen. Doch die optischen Sensoren der Satelliten stoßen bei Wolken mitunter an ihre Grenzen, so dass eine Fernbeobachtung nur bedingt möglich ist. Forschende der Humboldt-Universität zu Berlin und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) haben dieses Problem nun gelöst.
Wolkenfreie Bildbereiche zusammengefügt
Wie das Team im Fachjournal „Remote Sensing of Environment“ berichtet, gelang es ihm, durch die zusätzliche Integration von Beobachtungsdaten anderer Missionen eine wolkenfreie Frequenz zu erstellen. „Aus allen verfügbaren, wolkenfreien Pixeln erzeugen wir dann neue Bilder, indem wir wolkenfreie Bildbereiche nach bestimmten Kriterien zusammenfügen. So bekommen wir eine sehr dichte Zeitreihe an Bildern, aus denen wir dann nahezu unverwechselbare Signaturen der Pflanzenentwicklung herauslesen“, erklärt Patrick Griffiths, Erstautor der Studie, der seit kurzem bei der ESA in Frascati, Italien, tätig ist.
Ackerkulturen per Satellit bestimmen
Um diese Informationen und die damit verbundenen riesigen Datenmengen zu kategorisieren, nutzten die Forschenden Methoden des maschinellen Lernens. Mithilfe der sogenannten Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelten sie ein Verfahren, das die Bestimmung verschiedenster Ackerkulturen wie Getreide und Mais von Satelliten auch bei Wolken ermöglicht. Neben den wolkenfreien Pixeln bediente sich das Team dazu der umfangreichen Datensammlung des ZALF. Die Signaturen aus den Satellitenbild-Zeitreihen wurden mit der tatsächlich im Feld beobachteten Anbausituation verglichen. Diesen Abgleich übernimmt ein Algorithmus, der aus der Zuordnung von Signatur und Beobachtung lernt und dann für Felder, für die keine Beobachtung vorliegt, anhand der Signatur ableitet, um welche Ackerkultur es sich handelt.
Landbedeckungskarte für Deutschland erstellt
Auf diese Weise konnten die Agrarforscher eine sogenannte Landbedeckungskarte für das gesamte Bundesgebiet erstellen. Sie zeigt präzise an, welche Kulturen auf welchem Feld 2016 angebaut wurden. Die Gesamtgenauigkeit der Zuordnung liegt der Studie zufolge bei 81%. „In Anbetracht der enormen Fläche, mit der wir es hier zu tun haben, sowie der parzellenscharfen Auflösung, ist das Ergebnis vielversprechend und deutlich besser als vergleichbare Produkte und daher besonders wertvoll für die spätere Verwendung in Simulationen. Ein nächster Schritt wird sein, vergleichbare Informationen europaweit abzuleiten“, sagt Patrick Hostert, Leiter der Abteilung Geomatik des Geographischen Instituts der HU Berlin und Ko-Autor der Studie. Die Agrarforscher wollen ihre Methode nun weiter verfeinern und in eine Simulationsstudie zur Ertragserwartung unter Berücksichtigung des Klimawandels in Deutschland integrieren. Das Ziel: Die Wechselwirkungen zwischen Klima, Mensch, Pflanzen und Boden zukünftig noch effizienter bestimmen zu können.
bb