Neuartige Biotenside produktionsreif

Neuartige Biotenside produktionsreif

Ob Kosmetika oder Waschmittel - Tenside werden in der Industrie vielfach genutzt, auch biobasierte Alternativen sind gefragt. Vor allem Rhamnolipide sind der letzte Schrei.

Biotenside werden in Arzneimittel, Kosmetika aber auch im Saatgut eingesetzt.
Biotenside wie Rhamnolipide werden in der Pharma- und Kosmetikindustrie, aber auch als Tierfutterzusatz eingesetzt.

Sie sind in Kosmetika, Pharmazeutika, Wasch- und Reinigungsmitteln, auf Saatgut und sogar in Feuerlöschern zu finden: Tenside. Diese Substanzen setzen die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit oder die Grenzflächenspannung zwischen zwei flüssigen Phasen herab. Mit ihnen können eigentlich nicht miteinander mischbare Stoffe vereint beziehungsweise kontrolliert voneinander getrennt werden. Mitte Dezember vermeldete die Biotensidon GmbH, eine in Karlsruhe ansässige Tochterfirma der Schweizer Biotensidon International AG, einen „Durchbruch“ bei der Massenproduktion von Rhamnolipid-Tensiden.

Rhamnolipide gehören zu den sogenannten Biotensiden, also aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnenen und meist biologisch abbaubaren Tensiden. Neben der Gewinnung aus Raps- oder Palmöl nimmt die mikrobielle Herstellung in Bioreaktoren an Bedeutung zu. Laut Rolf Hartmann, Mitglied des Verwaltungsrates der Schweizer Gesellschaft, beruht der Durchbruch „nicht auf einer einzelnen Errungenschaft“. Nachdem man zunächst in den Besitz eines produktionsstarken, aber dennoch nicht-pathogenen Stamms des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa gekommen war, fand Biotensidon in den vergangenen Monaten den richtigen Nährstoff und eine geeignete Prozesstechnologie für die industrielle Herstellung von Rhamnolipiden mit Hilfes dieses Einzellers. Demnächst soll ein Joint Venture mit einem Unternehmen aus dem Pharma-, Kosmetik- oder Tierfutter-Bereich gegründet werden.

Markt für Biotenside wächst

Mit 370.000 Tonnen machen Biotenside nur einen geringen Anteil der Tensidjahresproduktion von 18 Mio. Tonnen aus. Der Großteil wird aus Erdöl gewonnen. Doch der Markt für Biotenside wächst jährlich um mehr als 4% (Mehr Infos: Branchen-Überblick Konsumgüter). Rhamnolipide sind laut Marktforscher Fractovia mit mehr als 8% das lukrativste Gebiet. Auch der Chemie-Riese Henkel verwendet seit mehreren Jahren Biotenside – zum Beispiel in Glasreinigern. „Rhamnolipide sind eine wichtige Klasse von Biotensiden, welche neben den Sophorolipiden am intensivsten erforscht ist. Bisher setzen wir Rhamnolipide nicht ein, verfolgen aber die anwendungsorientierten Forschungen gemeinsam mit externen Partnern“, heißt es bei Henkel. Der Spezialchemiekonzern Evonik ist hier einen Schritt weiter: Derzeit entsteht in der Slowakei eine Pilotanlage zur Produktion von Rhamnolipiden.

Millionen für Rhamnolipid-Produktion

Biotensidons Geldgeber – Hartmann zufolge ein „privater Investor, der in einem anderen Wirtschaftssektor tätig ist“ – hat für die nun anstehende Skalierung der Produktion eine weiteres Kapital in zweistelliger Millionenhöhe beigesteuert. „Damit werden wir die ersten beiden Produktionsphasen in Deutschland umsetzen und 2017 eine Jahresproduktion von 200 Tonnen Rhamnolipid erreichen“, sagt Hartmann. „Für die ‚Full Production‘ ab 2019 wird ein geeigneter Standort weltweit gesucht.“ Hartmann schätzt, dass für die zweistufige Ausweitung der Produktionskapazität auf jährlich 2.000 Tonnen und 5.000 Tonnen jeweils ein dreistelliger Millionenbetrag benötigt wird.

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