Moose als Arzneifabriken
Die Heilbronner Firma Greenovation verwendet genetisch veränderte Moose, um Medikamente herzustellen. Ein Mittel gegen Morbus Fabry hat eine Phase-1-Studie erfolgreich gemeistert.
Bei der Suche von Naturstoffen für eine nachhaltige und biobasierte Wirtschaft geraten Moose zunehmend in den Fokus der Forschung. Die eher unscheinbaren Grünlinge faszinieren vor allem als Überlebenskünstler, die sich auch an extreme Umweltbedingungen anpassen können. Ihr Potenzial für die Pharma-, Agrar-, Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie schätzen Experten als vielfältig ein, ist aber noch weitestgehend unerschlossen. Es gibt allerdings erste vielversprechende Erfolge.
Moos-Medikament gegen Stoffwechselkrankheit
Die Greenovation Biotech GmbH hat soeben mit einem moosbasierten Medikament die erste Hürde zur Zulassung eines solch Moos-basierten Arzneimittels genommen. „Wir freuen uns sehr, dass die Phase I-Studie unsere vorklinischen Untersuchungen bestätigt hat“, sagt Geschäftsführer Thomas Frischmuth. Bei dem auf pflanzlichen Zellen basierenden Wirkstoff handelt es sich um ein Therapeutikum zur Behandlung der seltenen Krankheit Morbus Fabry. Bei dieser genetisch bedingten Stoffwechselstörung kommt es unter anderem zu Ablagerungen der Fettsäure Gb3 in Blutgefäßen, was langfristig zu Organversagen führen kann.
Proteine aus genetisch veränderten Mooszellen
Greenovation, einem Portfoliounternehmen des Zukunftsfonds Heilbronn ZFHN, entwickelte dafür ein Verfahren, bei dem genetisch veränderte Mooszellen in Bioreaktoren menschliche Proteine herstellen, die für neue Medikamente genutzt werden können. Dieses Medikament wurde in Kliniken in Mainz und Ungarn als Einmaldosis an sechs Patienten getestet und dessen Wirkung 28 Tage beobachtet. Das Ergebnis: Bei allen Probanden wurde eine Reduktion des Fettsäure-Wertes Gb3 im Urin gemessen, was den Entwicklern zufolge für eine „gute Wirksamkeit des Medikaments“ spricht.
Moosfabriken sind sicher und kostengünstig
Der Einsatz von Moosen als Arzneifabriken hat gegenüber Produktionssystemen, die auf tierischen Zellen basieren, gleich mehrere Vorteile: Neben den geringeren Herstellungskosten, sind Verunreinigungen durch tierische Produkte oder Krankheitserreger, die dem Menschen schaden können, ausgeschlossen. Auch brauchen Moose zum Wachsen keine Antibiotika, welche Resistenzen hervorrufen könnten.
Frischmuth zufolge geht es nun mit „Hochdruck“ an die Vorbereitung der kombinierten Studien-Phasen II/III. Bei diesem klinischen Test soll das Moos-Medikament an 60 Patienten mit dem Fabry Syndrom untersucht werden. Spätestens Anfang des kommenden Jahrzehnts will das Greenovation-Team das pflanzenbasierte Arzneimittel in Europa auf den Markt bringen.
bb