Ecotron: Artenverlust in Ökokammern simulieren

Ecotron: Artenverlust in Ökokammern simulieren

Wie Pflanzen- und Tierarten voneinander abhängen und welche Einfluss der Artenverlust auf Ökosysteme hat, lässt sich ab sofort in den Hightech-Kammern des iDiv-Ecotron beobachten.

Das iDiv-Ecotron soll helfen, herauszufinden, welche Auswirkungen das Verschwinden von Arten an verschiedenen Stellen der Nahrungsnetze auf das Funktionieren von Ökosystemen hat.
In 24 Versuchskammern kann die Wechselwirkung der Nahrungskette zwischen Pflanzen, Tieren und Mikroben untersucht werden.

Biodiversitätsexperten sind überzeugt:  Je größer die Artenvielfalt, umso besser funktionieren Ökosysteme. Die Praxis sieht leider anders aus. Nicht nur auf dem Acker, sondern auch in den Wäldern nimmt die Biodiversität ab und beeinflusst massiv die Produktivität des Ökosystems. Feldversuche wie das Jena-Experiment zeigen, wie sich Vielfalt und Zusammensetzung der Pflanzen auf die Stoffkreisläufe im Boden oder das Zusammenleben der Tierwelt auswirken können. Denn gerade Insekten wie Bienen sind für den Fortbestand vieler Pflanzen unverzichtbar. Doch die Zahl der Bestäuber sinkt dramatisch.

Wechselspiel der Nahrungskette erkunden

Solche und ähnliche Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Arten wurden bisher meist separat untersucht. Mit der ersten zentralen Versuchsplattform iDiv-Ecotron soll sich das ändern. Mithilfe der modernen Anlage kann ab sofort das komplexe Wechselspiel der Nahrungskette zwischen Pflanzen, Tieren, Mikroben und Boden nachgestellt, manipuliert und so in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Die Plattform wird vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam betrieben und ist auf dem UFZ-Gelände in  Bad Lauchstädt angesiedelt.

Artenschwund in Hightech-Kammern simulieren

Das Ziel der Experimentalkammern ist es, Ökosystemfunktionen durch die Manipulation von komplexen Lebensgemeinschaften zu erforschen. Dazu können die Wissenschaftler in den geschlossenen Systemen bestimmte Tier- und Pflanzenarten austauschen oder ganz entfernen, wie Nico Eisenhauer vom iDiv  erklärt. „So können wir beispielsweise das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arten oberhalb und im Boden untersuchen. Ähnlich einer Klimakammer, in der das wärmere Klima der Zukunft simuliert wird, ermöglicht uns das iDiv-Ecotron auch einen Ausblick auf eine künftige Welt mit weniger Arten." Mithilfe der Ecotron-Plattform hoffen die Forscher zentrale Fragen beantworten zu können: Wie viele Verluste vertragen Ökosysteme oder was geschieht, wenn einzelne Arten in großen Nahrungsnetzen verschwinden und kann ihre Funktion vielleicht von anderen Arten übernommen werden?

Wechselwirkungen auf und im Boden betrachten

Die Versuchskammern, sogenannte Ecounits, sind 1,55 × 1,55 Meter breit sowie 3,20 Meter hoch und bestehen jeweils aus einem mit Boden gefüllten Unterteil, einem Oberteil sowie einem technischen Aufsatz, der unter anderem eine Kamera enthält. Durch oberirdische Trennwände und unterirdische Stahlzylinder (Lysimeter) kann jede Versuchskammer zudem in bis zu vier weitestgehend unabhängige Abteile unterteilt werden. Um störende Einflüsse auszuschließen, müssen die Umweltbedingungen in den Ecounits jeweils identisch sein. Die 24 Kammern sind daher alle gleich aufgebaut und verfügen über modernste  Technik, mit der Licht, Temperatur und Niederschlag geregelt werden können. Damit sind erstmals auch oberirdische und unterirdische Gemeinschaften und deren Zusammenspiel veränderbar.

Plattform bald für externe Forschung offen

Die Konzeption dieser bisher einzigartigen Anlage war auch für die Wissenschaftler eine Herausforderung. „Da eine solche Anlage noch nicht gebaut wurde, haben wir in den vergangenen Monaten zusammen mit den Herstellern viel Zeit in die Entwicklung und Optimierung der Technik investiert. An einigen Stellen mussten wir Neuland betreten, was oft nicht einfach war", berichtet Manfred Türke von iDiv, der die Arbeiten an der Anlage koordiniert hat. Der Bau der Ecorton-Plattform wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 3 Mio. Euro gefördert. Weiter 700.000 Euro stellte das UFZ bereit. Nach einer Pilotphase sollen die Versuchskammern auch externen Forschungsarbeiten zur Verfügung stehen.

bb