Das Tiefseemuschel-Mikrobiom

Das Tiefseemuschel-Mikrobiom

Tiefseemuscheln gehen mit einer Vielzahl Bakterien Symbiosen ein und sind so für wechselnde Umweltbedingungen gut gewappnet.

Bathymodiolus-Muscheln und andere Bewohner der Hydrothermalquellen am Mittelatlantischen Rücken vor der Küste der Azoren.
Bathymodiolus-Muscheln und andere Bewohner der Hydrothermalquellen am Mittelatlantischen Rücken vor der Küste der Azoren.

Viele Köche kochen immer den passenden Brei: So könnte man das Prinzip zusammenfassen, nach dem bestimmte Tiefseemuscheln mit einer unerwartet großen Zahl an Bakterienstämmen Symbiosen eingehen. Was auf den ersten Blick bisherigen Annahmen der Evolutionsbiologie widerspricht, könnte tatsächlich ein verbreitetes Prinzip sein, vermuten Forscher des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie in Bremen und der Universität Wien.

Bakterien stellen Nährstoffe bereit

Auf mehreren Forschungsfahrten an Schwarzen Rauchern, heißen Quellen der Tiefsee, haben die Wissenschaftler Bathymodiolus-Muscheln gesammelt, die entfernte Verwandte der Miesmuscheln sind. Anschließend analysierten die Biologen, welche Bakterien in den Kiemen der Muscheln leben und sequenzierten deren Genome. Diese Mikroorganismen leben in einer Symbiose mit den Muscheln: Während die Bakterien beispielsweise Stoffe, die die Muscheln nicht nutzen können, in für diese wertvolle Nährstoffe umwandeln, bieten die Muscheln den Bakterien einen sicheren Lebensraum innerhalb der nährstoffreichen heißen Quellen.

Immer optimal versorgt

Gerechnet hatten die Forscher damit, ein oder zwei symbiontische Stämme in den Kiemen zu finden. Im Fachjournal „Nature Microbiology“ berichten sie jedoch, dass bis zu 16 symbiontische Bakterienstämme in den Kiemen jeder Muschel leben. Diese Bakterien haben zudem sehr unterschiedliche Stoffwechsel. Je nach Umweltbedingungen dominiert mal der eine, mal der andere Stamm. Die Muschel ist dadurch immer optimal versorgt – ob sich nun die Bedingungen im Schwarzen Raucher ändern oder die Muschel ihren Standort wechselt.

Besondere Form der Symbiose

Die Vielzahl der Symbionten überraschte die Forscher vor allem deshalb, weil symbiontische Bakterienstämme in der Regel in Konkurrenz um die vom Partner gelieferten Nährstoffe stehen. Da die Muscheln offenbar aber lediglich den Lebensraum bereitstellen und die Bakterien sich vom nährstoffreichen Umgebungswasser ernähren, können die unterschiedlichen Stämme nebeneinander existieren, selbst wenn die Bedingungen für einzelne Stämme gerade ungünstiger sind.

„Als nächstes wollen wir erforschen, ob diese Vielfalt auch in anderen Tiefseesymbiosen wie Schwämmen oder anderen Muscheln existiert und ob unsere Beobachtungen typisch für Symbiosen sind oder auch in nah verwandten frei lebenden Bakterien vorkommen“, erklärt Max-Planck-Forscherin Rebecca Ansorge.

bl