Bioingenieure bauen intelligente Materialien

Bioingenieure bauen intelligente Materialien

Freiburger Molekularbiologen haben aus biologischen Modulen intelligente Materialien konstruiert, die Informationen aufnehmen und bearbeiten können.

Synbio-Illustration
In der Synthetischen Biologie setzen Forscher aus biologischen Modulen Systeme mit ganz neuen Eigenschaften zusammen.

The Digitalisierung schreitet voran und macht auch vor Alltagsgegenständen und Materialien nicht halt: intelligente Kleidung misst unseren Sauerstoff- und Energieverbrauch und mit erbsengroßen Messkugeln können die Wasserqualität oder die Abläufe im Bioreaktor kontrolliert werden. Forschende der Universität Freiburg haben solche Messeigenschaften von Materialien nun weiterentwickelt. Die resultierenden Materialsysteme aus biologischen Komponenten und Polymermaterialien sind nicht nur in der Lage Informationen wahrzunehmen, sondern können diese auch verarbeiten und basierend auf diesen Informationen selbst entsprechende Impulse senden. Solche sogenannten biohybriden Systeme können demnach die Freisetzung weiterer Moleküle, beispielsweise Enzyme in Bioreaktoren, selbst steuern – sowohl zeitlich als auch konzentrationsabhängig.

Biologische Signalverabeitung auf Materialien übertragen

Der Ausganspunkt der Freiburger Molekularbiologen war die Signalverarbeitung, die wichtiger Bestandteil aller Organismen, ganz gleich ob Bakterien, Pflanzen oder Menschen, ist. Auch für elektrische Systeme wie Computer ist sie unverzichtbar. In lebenden Organismen werden solche Signale innerhalb der Zellen erkannt, verarbeitet und weiter gegeben. Die Freiburger Bioingenieure haben sich die molekulare Signalweiterleitung zunutze gemacht und sie auf verschiedene Materialien übertragen. „Mit unserem heutigen Verständnis der Komponenten und der biologischen Signalprozesse sind wir nun in der Lage, die biologischen Module aus der Synthetischen Biologie auf Materialien zu übertragen“, erklärt Wilfried Weber, Gruppenleiter an der Fakultät für Biologie und dem Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies.

Diese nun mögliche Translation der molekularen Signalwege für verschiedene  Materialien hat die interdisziplinäre Forschergruppe  in mehreren Fachzeitschriften wie „Materials Today“, „Data in Brief“ und „Advanced Materials“ veröffentlicht.

Freiburger Wissenschaftler haben die Signalerkennung und Weiterverarbeitung biologischer Zellen auf Materialien übertragen. Das von ihnen entwickelte Schema für sogenannte Biohybride ermöglicht eine vielfältige Anwendung.

Alle Bestandteile müssen genau abgestimmt sein

Besonders wichtig bei der Entwicklung solch intelligenter Materialsysteme: Die Aktivitäten aller Bausteine müssen exakt aufeinander abgestimmt werden. Die Vorlage hierfür lieferten Jens Timmer und Raphael Engesser am Physikalischen Institut der Universität Freiburg mit speziellen quantitativen mathematischen Modellen.

Vielfältiges Anwendungspotenzial

„Das Großartige der von der Synthetischen Biologie inspirierten Materialsysteme ist ihre Vielfältigkeit”, sagt Hanna Wagner, Doktorandin und Mitautorin der Artikel. Die Studien stellen ein modulares Designkonzept vor, welches ein einfach anzupassendes Schema für die Entwicklung von biohybriden Materialsystemen bietet. Die Systeme können dabei ganz unterschiedliche Ansprüche erfüllen; sie können beispielsweise physikalische, chemische oder biologische Signale erkennen, verarbeiten und daraufhin selbst gewünschte Funktionen ausüben. So könnten sie Verwendung finden, um Signale zu verstärken, Informationen zu speichern oder um Moleküle kontrolliert freizusetzen. Das neue Schema nach dem smarte Materialien entwickelt und erstellt werden können ermöglicht eine Vielzahl von Anwendungen für die Forschung, Biotechnologie oder Medizin.

jmr