Den Boden-Akku aufladen

Den Boden-Akku aufladen

Christoph Felgentreu

Beruf:

Diplom-Agraringenieur

Position:

Produktmanager von „Terra Life“ der Deutschen Saatveredelung (DSV) AG Lippstadt, Zweigstelle Bückwitz

Christoph Felgentreu, Deutsche Saatgutveredelung AG
Vorname
Christoph
Nachname
Felgentreu

Beruf:

Diplom-Agraringenieur

Position:

Produktmanager von „Terra Life“ der Deutschen Saatveredelung (DSV) AG Lippstadt, Zweigstelle Bückwitz

Christoph Felgentreu, Deutsche Saatgutveredelung AG

Christoph Felgentreu ist ein Bodenoptimierer. Der Agraringenieur hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, landwirtschaftliche Böden durch nachhaltigen Anbau zu verbessern.

Das Interesse für die Landwirtschaft liegt Christoph Felgentreu buchstäblich im Blut. Auf einem Bauernhof in Treuenbrietzen aufgewachsen, wurden Acker und Garten für den Landwirtssohn frühzeitig zu Experimentierfeldern. „Wir waren als Kinder immer draußen, mussten helfen und Unkraut jäten. Daher habe ich schon immer eine Beziehung zum Boden. Die meisten Anpflanzungen auf unserem Hof habe ich gemacht“, erinnert sich der Agraringenieur. Auch heute noch ist der heimische Garten seine Domäne und Impulsgeber für Innovationen, die Felgentreu bei der Deutschen Saatveredelung (DSV) verwirklicht. Landwirtschaftliche Böden durch nachhaltigen Anbau optimieren, sieht Felgentrau als einen Schwerpunkt seiner Arbeit bei der DSV. Dafür will er die Reserven im Boden anzapfen und vorhandene Defizite, wie in der Nährstoffversorgung korrigieren.

Von der Schulbank auf den Acker

Während viele seiner Mitschüler zu DDR-Zeiten den verpflichtenden „Unterrichtstag in der Sozialisten Produktion (UTP)“ in Werkhallen verbrachten, griff Felgentreu Landwirten bei der Stallarbeit unter die Arme. Doch seine wahre Leidenschaft galt dem Bodenleben und dem Pflanzenwachstum. Nach einer Berufsausbildung mit Abitur zum Agrotechniker studierte der Brandenburger von 1975 bis 1979 an der Berliner Humboldt-Universität „Pflanzenproduktion“. Danach wurde er Abteilungsleiter beim Landwirtschaftsbetrieb in Bantikow und war verantwortlich für die Futterproduktion. Mitte der 80iger Jahre qualifizierte sich Felgentreu in einem Zusatzstudium zum Fachingenieur für Futterproduktion und war danach drei Jahre bis zur Wende Betriebsleiter beim damaligen Volkseigenen Betrieb VEB Saat- und Pflanzengut in Neustadt/Dosse.

Biodiversität wird zur Leidenschaft

Seit April 1990 gehört er zur Stammbesetzung der Deutschen Saatgutveredelung AG im brandenburgischen Bückwitz. Das Pflanzenzuchtunternehmen bot Felgentreu von Anbeginn die Möglichkeit, seiner „Leidenschaft zum Pflanzenbau nachzugehen“. Dafür steht ihm ein 2,5 Hektar großes Versuchsfeld zur Verfügung, auf dem er wie im heimischen Garten frei und kreativ experimentieren kann. „Mittlerweile kümmere ich mich neben dem Futterbau ganz stark um das Thema Bodenfruchtbarkeit, Humusentwicklung, Biodiversität. Das ist meine zweite große Leidenschaft geworden“, betont Felgentreu.

Den Stickstoffgehalt im Boden verbessern

Ganz oben auf der Forschungsagenda des DSV steht derzeit die Frage, wie der Stickstoffgehalt der Böden verbessert und gleichzeitig eine Überdüngung vermieden werden kann. Dafür nutzt Felgentreu unter anderem Bakterien wie Azoarcus oder Azotobacter, um die Stickstoffproduktion in der Pflanze und im Boden auf natürliche Weise anzukurbeln. „Wir gehen die Sache aus verschiedenen Richtungen an: Zum einen versuchen wir mithilfe des sogenannten Cultan-Verfahrens den mineralischen Stickstoff genau zu platzieren, um das restliche Bodenleben nicht zu stören. Zum anderen setzen wir auf alternative Produkte, um Stickstoff zu sparen.“

Mit „Terra Life“ hat Felgentreu bei der DSV über die Jahre eine Produktlinie etabliert, die Landwirten Zwischenfruchtmischungen in die Hand gibt, um Böden nach der Ernte für nachfolgende Kulturen fit zu machen. Mithilfe dieser innovativen Mischungen sollen Nahrungsketten im Ökosystem Boden gebildet werden, die das Bodenleben stärken und so die Felder über lange Zeit fruchtbar halten. „Die Futterqualität hat viele Väter. Und einer dieser Väter ist die Artenzusammensetzung. Da spielen Pflanzenarten eine wichtige Rolle“, weiß der Experte aus eigener Erfahrung.

Dem Boden etwas Gutes zurückgeben

Im Zuge der Rekultivierung von ehemaligen Tagebauen und Schießplätzen aus DDR-Zeiten hatte Felgentreu im Freilandlabor mit Kräutern experimentiert. Als Ende der 90iger Jahre der Versuch endete und das Feld umgebaut wurde, machte der Pflanzenbauer eine Entdeckung. „Wo Getreide gewachsen ist, waren immer diese Kräuter-Parzellen zu sehen. Dort sah das Getreide oftmals besser aus, als der Rest. Und so habe ich mich gefragt, ob man über Biodiversität dem Boden etwas zurückgeben kann, das wir ihm vorher entnommen haben.“

Mit Humus den Boden-Akku aufladen

Aus der Vision, diese positiven Effekte nachzustellen, entstand die Idee der Zwischenfruchtmischungen und mit „Terra Life“ eine komplett neue Produktlinie. Als erste in Europa kam die DSV 2008 mit damals vier solchen innovativen Mischungen auf den Markt. 26 Produkte hat Felgentreu heute im Angebot. „Da gibt es zum Beispiel eine Mischung für den Mais. Da sind 13 verschiedene Pflanzenarten drin. Und jede Pflanzenart macht etwas Besonderes für die nächste Kultur, in diesem Fall für den Mais. Über solche Pflanzengesellschaften wollen wir den Boden so beeinflussen, dass die nächste Kultur davon profitieren kann“. Roggen zum Beispiel hat die Aufgabe, dass die Pflanzenwurzel mit Pilzen eine Symbiose bildet und so den neuen Mais frühzeitig „infiziert“. So kann die Pflanze besser mit Nährstoffen wie z.B. Phosphor und auch Wasser versorgt werden. „Das kann die Qualität und den Ertrag des Maises bis zu 15 Prozent verbessern“, erklärt Felgentreu.

Landwirte für neues Pflanzenbausystem begeistern

Der Experte weiß auch: Mit der Nährstoffbilanz im Boden steht und fällt jede Innovation. Daher ist jeder Acker zugleich Neuland und muss genau untersucht werden, um die richtige Mischung zu finden. Felgentreu ist von seinem „Pflanzenbausystem“ überzeugt und will weiterhin Landwirte davon begeistern. „Als nächstes möchte ich, dass wir über diese Systeme auch zum Humusaufbau kommen. Denn wenn man Humus in den Boden bekommt, laden sie damit einen Akku auf, den Landwirte immer wieder anzapfen können“. Nicht nur auf dem Versuchsfeld der Firma, auch im privaten Gartenparadies hat der Familienvater damit beste Erfahrungen gemacht. „Der Garten ist mein Hobby. Was ich da mache, versuche ich in der Landwirtschaft umzusetzen.“

Autorin: Beatrix Boldt