Die Aufreinigung von Proteinen ist ein aufwendiger, aber notwendiger Schritt in biotechnologischen Produktionsprozessen. Hier wurde in den vergangenen Jahren eine Trennmethode eingeführt, die sowohl einen hohen Reinheitsgrad als auch eine optimale Proteinausbeute verspricht: die Membranadsorber-Technologie. Das Prinzip: Auf einer Membran aus organischem Polymer wie Cellulose oder Polyethylen befinden sich chemische Substanzen, mit denen die produzierten Proteine interagieren und so aus dem Kulturmedium gefiltert werden. Im Vergleich zu anderen Aufreinigungsmethoden kann diese funktionalisierte Polymermembran in fast allen flüssigen Nährmedien und wässrigen Lösungen eingesetzt werden. Außerdem ist sie besonders für Proteine geeignet, die nur in geringer Konzentration vorhanden sind und daher besonders sanft und ohne großen Verlust aufgereinigt werden müssen.
Zu dieser raren Proteinklasse zählen Zytokine. Sie fungieren zum Beispiel als Wachstumsfaktoren und geben der Zelle das Signal, in welche Richtung sie sich entwickeln oder welche Aufgabe sie etwa in der Immunabwehr erfüllen soll. Allerdings sind Zytokine im Körper nur in geringen Mengen vorhanden und werden daher zur Zellkultivierung meist biotechnologisch mithilfe von Mikroorganismen oder tierischen Zellen hergestellt.
Rekombinante Zytokine im Blick
Unter der Leitung des auf Zelltechnik spezialisierten Unternehmens Miltenyi Biotec hat ein Konsortium die Membranadsorber-Methode in den vergangenen Jahren so optimiert, dass sie rekombinante Zytokine auf schonende Weise isolieren und aufreinigen kann. Im Fokus stand dabei die für die Pharmaindustrie und Firmen aus dem Bereich der Zelltherapie wichtige Proteinklasse der strukturgebenden Cystin-Knoten-Proteine. „Die Cystin-Knoten-Proteine sind in der Herstellung sehr aufwendig und sehr empfindlich in der Aufarbeitung. Das liegt an ihrer Faltung. Sie ist vergleichbar mit einem diffizilen Origami“, erklärt Christian Egler-Wedeking von Miltenyi Biotec.
Im Rahmen eines Forschungsverbundes sollten die Prozessschritte hin zu gereinigten Cystin-Knoten-Proteinen so optimiert werden, dass diese Wachstumsfaktoren industriell schneller und günstiger hergestellt werden können. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative Biokatalyse 2021 über drei Jahre mit rund 400.000 Euro unterstützt. Als Partner waren Biotechnologen der Gottfried-Wilhelm-Leibniz Universität Hannover, der Universität Hamburg-Harburg und der Sartorius Stedim Biotech GmbH beteiligt.
Als Produktionsorganismus für die Eiweißmoleküle setzten die Forscher auf die Mikrobe Escherichia coli. Die komplizierte Faltung der Cystin-Knoten-Proteine zu meistern erwies sich als größte Herausforderung. „Ein schlecht gefaltetes Protein wird ganz anders mit der Membranadsorberoberfläche interagieren, als ein Protein, das richtig gefaltet ist“, so Egler-Wedeking.
Salztolerante Membranadsorber beschleunigen Aufreinigung
Die eingesetzten Membranadsorber stammten aus dem Portfolio von Sartorius. Bis zu fünf verschiedene Membranen standen für den Aufreinigungstest zur Verfügung. Das Besondere: Diese waren „salztolerant“ – ein Manko bisheriger Membranadsorber. „Um die Salze aus dem Kulturmedium zu entfernen, muss man es dialysieren oder ausreichend verdünnen. Das ist ein aufwendiger Prozess. Dabei geht meist ein Teil des Proteins verloren“, sagt Egler-Wedeking. Die salztoleranten Membranadsorber konnten direkt in salzhaltige Lösungen, ohne aufwendigen Dialyse- und Verdünnungsschritt, eingebracht werden. Das beschleunigte nicht nur den Aufreinigungsprozess deutlich. Auch eine lästige Verstopfung durch Klumpenbildung, wie sie bei der Proteinaufreinung mittels Chromatographiesäulen sporadisch auftritt, blieb aus.
Trennprozess an Membran angepasst
Mit dem Ziel, eine möglichst hohe Ausbeute an aufgereinigten Zytokinen zu erhalten, wurden sämtliche Prozessschritte – vom Rohprotein bis zum voraufgereinigten Protein – genau ins Visier genommen. „Wir haben versucht, den Prozess in Richtung Membran so zu optimieren, dass er wie ein Handschuh passt“, sagt Egler-Wedeking.
Als entscheidend erwies sich dabei das Bindungsverhalten der Proteine an die Membran. Hier versuchten die Forscher zum einem Parameter wie den pH-Wert der Proteinlösung, also der sogenannten mobilen Phase, zu optimieren. Die Beschichtung der Membran, die sogenannte stationäre Phase, war jedoch für den Aufreinigungsprozess das Zünglein an der Waage. „Es kommt auf die chemischen Gruppen an, mit dem man die Oberfläche funktionalisiert: Wenn das Protein gerne interagiert, wird es sich entsprechend langsam vorwärtsbewegen. Andernfalls wird es länger in der mobilen Phase verbleiben und sich entsprechend schnell durch die Chromatographiesäule und den Membranadsorber bewegen“, erklärt Egler-Wedeking.
Potenzial für effiziente Wasseraufbereitung
Ein wichtiges Ergebnis: Über die Membranbeschichtung konnte das Bindungsverhalten der Proteine und somit deren Laufverhalten durch die Säule gezielt in Richtung einer effizienten Proteinaufreinigung gesteuert werden. Bei Miltenyi Biotec wird der neuartige Membranadsorber bereits zur Aufreinigung von Proteinen genutzt. Egler-Wedeking ist von dem Potenzial der neuen Technologie überzeugt. „Es senkt signifikant die Kosten der Proteinherstellung. Das bringt deutliche Vorteile, um Prozesse in einen technischen Maßstab zu überführen.“ Die Methode kann aber nicht nur die Proteinherstellung beschleunigen. Auch Prozessschritte bei der Wasseraufbereitung könnten mithilfe der neuartigen Aufreinigungsmethode deutlich verbessert werden.
Autorin: Beatrix Boldt