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Mit Ameisen fing alles an: Niemand weiß besser als Jens Dauber, welche Arten dieser fleißigen Insekten in welcher Häufigkeit die Böden der Stadt Mainz besiedeln. Denn genau das zu kartieren, war Gegenstand der Diplomarbeit des heute 52-Jährigen. Seitdem zieht sich das Thema Artenvielfalt durch seine Forscherkarriere.

„Ich war als Jugendlicher schon von den Schriften von Konrad Lorenz fasziniert“, erinnert sich Dauber. Das Interesse an Tieren, an der Biologie, führte ihn häufig raus in die Natur. „Damals wollte ich noch in die Verhaltensforschung“, erzählt der Biologe. Doch das sei damals schwierig gewesen, nicht zuletzt wegen der schlechten Berufsaussichten. Außerdem war Dauber – damals wie heute – recht breit naturwissenschaftlich interessiert. Daher führte den gebürtigen Rüsselsheimer der Weg zunächst zum Biologiestudium nach Mainz, wo auch Mathe, Physik und Chemie zum Grundstudium gehörten.

Anfänge der Stadtökologie

Zu den Hauptfächern Zoologie und Botanik kamen dann noch Paläontologie und Bodenkunde. Letzteres war wohl der Grund, weshalb Dauber als studentische Hilfskraft an der Stadtbiotopkartierung von Mainz mitarbeitete. „Das war die Anfangszeit der Stadtökologie in Deutschland“, erinnert er sich. Sein Schwerpunkt wurden – wie eingangs erwähnt – die Ameisen. „Mainz hat fast schon ein mediterranes Klima, dadurch gibt es für Deutschland dort recht viele Ameisenarten“, berichtet der Biologe. Spannend seien damals vor allem die Gradienten gewesen: „Welche Arten gibt es nur im Außenbereich, welche schaffen es bis in die Stadtmitte?“ Schon damals standen hinter den Forschungsfragen praktische Anwendungen. „Wir wollten wissen: Wie lässt sich das Stadtgrün entwickeln? Können Korridore, Verbundsysteme geschaffen werden? Und wie wirkt sich die Hitze der Stadt aus?“ Die Stadt Mainz belohnte den jungen Forscher mit einem Stipendium. Hier war es Professor Gerhard Eisenbeis, der für Dauber zum Vorbild wurde. „Er ging mit einer eigenen Forschungsgruppe eigenen Forschungsfragen nach und machte eine spannende Lehre.“

Als es nach dem Projekt keine Anschlussfinanzierung gab, wechselte der Cobetreuer von Daubers Diplomarbeit, Volkmar Wolters, an die Universität Gießen. Für die Betreuung eines Forschungsprojekts suchte er einen Doktoranden und bot Dauber die Stelle an. Das so ausgesprochene Vertrauen ermutigte den jungen Wissenschaftler. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept für den späteren Sonderforschungsbereich „Landnutzungsoptionen für periphere Regionen“, wodurch sich der Fokus der Forschung des Biologen von der Stadt aufs Land verschob, genauer zur Landwirtschaft. 

Andere Disziplinen mitdenken und verstehen

ie Arbeit im Sonderforschungsbereich sei „sehr spannend“ gewesen, man sei „nicht nur im eigenen Saft geschwommen“, sondern habe sehr interdisziplinär gearbeitet und gelernt, die Sprache der anderen Disziplinen zu verstehen und mitzudenken. Zudem war auch diese Forschung nicht für den Elfenbeinturm, sondern zielte darauf ab, die Ausgestaltung und Nutzung von Agrarlandschaften zu verbessern.

Schon damals begegnete Dauber als Arbeit suchender Forscher einem Problem, das ihn noch heute als Personalverantwortlicher begleitet: das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Es werde bundesweit unterschiedlich ausgelegt und erschwere so befristete Anstellungen. „Das ist das beste Mittel, um gute Wissenschaftler ins Ausland zu treiben“, kritisiert der Institutsdirektor. Dauber selbst folgte 2006 seiner Frau nach Leeds, die dort eine Postdoc-Stelle angeboten bekommen hatte.

Forschung zu Ökosystemleistungen

Von England aus schloss Dauber 2007 seine Habilitation ab. „Dank der Unterstützung von Kollegen konnte ich bald wieder in Projekten arbeiten“, erinnert sich der Biologe. Eines davon war das EU-Projekt ALARM, das sich mit dem Biodiversitätsverlust in Europa beschäftigte. Die hier geknüpften Kontakte verschafften Dauber schließlich eine Anstellung als Projektmanager in Dublin für ein Forschungsvorhaben zu Ökosystemleistungen. „Es ist sehr frustrierend, wie in Deutschland mit Wissenschaftlern bei Bewerbungen umgegangen wird – viele Verzögerungen, keine Rückmeldungen.“ In Irland sei das professioneller gewesen.

2008 traf jedoch die Wirtschaftskrise Irland. „Es gab keine Drittmittel mehr, keine Stellen, keine Projekte“, erinnert sich Dauber. Genau rechtzeitig entstand am Thünen-Institut in Braunschweig eine neue Stelle, auf die sich der Forscher erfolgreich bewarb. Daubers neue Themen waren teilweise auch seine alten: Biodiversität in Agrarlandschaften, Landschaftsökologie, Biodiversitätsmonitoring. 2017 wurde er zum Institutsleiter und Professor für Biodiversität von Agrarlandschaften am Thünen-Institut berufen.

Flüsse sind die Lebensader für Millionen Menschen weltweit. Sie dienen zum Fischfang, zur Bewässerung der Landwirtschaft oder zur Energiegewinnung. Vor allem Fließgewässer sind auf Grund ihrer hohen Dynamik ein Hort, in dem neue Tier- und Pflanzenarten und damit Ökosysteme entstehen. Doch das Flusssystem der Erde wird zunehmend durch den Menschen gestört. Begradigungen, Uferbebauungen oder Staudämme behindern den natürlichen Flusslauf, wie eine internationale Studie zeigt. Neben Wissenschaftlern der Naturschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) waren auch Forscher der Universität Tübingen, des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) sowie der Freien Universität Berlin an der Erstellung des Zustandsberichtes zum globalen Flussökosystem maßgeblich beteiligt.

Ganze Flusssysteme durch Störung des Flusslaufes gefährdet

Insgesamt drei Viertel aller Flüsse können der Studie zufolge nicht mehr ungehindert ins Meer fließen, weil der Mensch in den Flusslauf eingegriffen hat. Rund 2,8 Millionen Dämme, hinter denen Reservoire von mindestens tausend Quadratmetern Wasserfläche entstanden, zählten die Wissenschaftler auf den insgesamt zwölf Millionen untersuchten Flusskilometern, wie das Team im Fachjournal „Nature“ berichtet. „Das führt zur Fragmentierung des Flusslaufs und hat teilweise schwerwiegende Auswirkungen auf das ganze Flusssystem“, sagt Christiane Zarfl vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen.

Maß für Zustandsbewertung entwickelt

Mit der Konnektivität fanden die Wissenschaftler ein zentrales Maß, um den Zustand der Flüsse zu bewerten. Berücksichtigt wurden dabei Faktoren wie der freie Wasserfluss und die Bewegungsmöglichkeiten der Organismen, der Transport von Sedimenten sowie organischen Stoffen, Nährstoffen und Energie. Mithilfe dieser neuen Methode war es möglich, auch die mit den Flüssen verbundenen Ökosysteme sowie deren Artenvielfalt zu beurteilen. „Wir haben nun erstmals ein umfassendes Informationssystem mit hoher Auflösung zu den Flüssen der Erde angelegt. Es soll auch dazu dienen, die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der Ökosysteme und die Folgen künftiger Eingriffe deutlich zu machen“, erklärt Zarfl.

Nur noch wenige frei fließende Gewässer 

Die Forscher sehen Flüsse und ihre Ökosysteme durch die Weiterentwicklung der Infrastruktur auf Grund einer stetig wachsenden Weltbevölkerung zunehmend bedroht. Das große Ziel der Forscher ist es daher, die letzten frei fließenden Flüsse der Erde zu erhalten. Sie verweisen darauf, dass gerade frei fließende Flüsse Ökosysteme mit der größten Artenvielfalt und Dynamik entstehen lassen. Der Studie zufolge sind es weltweit nur noch ein Drittel der Gewässer, die ihrem natürlichen Lauf folgen können. „Heute sind sie weitgehend auf abgelegene Regionen wie die Arktis, das Amazonasbecken und das Kongobecken beschränkt“, sagt Christiane Zarfl. „In dicht bevölkerten Erdregionen wie Nordamerika, Europa und Südasien sind nur noch wenige sehr lange Flüsse frei fließend, allen voran der Irrawaddy und der Saluen.“


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Die Nachhaltigkeitsforschung ist ein Schwerpunkt der Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Seit 2005 gibt es ein eigenes Rahmenprogramm (FONA), in dem es um all jene Forschungsaktivitäten geht, die dazu beitragen, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen auch in Zukunft zu erhalten. Mehr als 5 Mrd. Euro hat das BMBF bereits in die Nachhaltigkeitsforschung investiert.

Neue Forschungsinitiative zur Artenvielfalt

Jährlicher Treffpunkt der FONA-Akteure ist das BMBF-Forum für Nachhaltigkeit, dessen 15. Ausgabe vom 13. bis 14. Mai in der Berliner Hauptstadtrepräsentanz der Telekom stattfand. In diesem Jahr lag der Fokus auf der Forschung zum Erhalt der Artenvielfalt. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek verwies in ihrer Eröffnungsrede auf den in der vergangenen Woche veröffentlichten IPBES-Bericht zum Artensterben: „Der Bericht des Weltbiodiversitätsrates ist ein klares Signal: Wir müssen neu denken, um die Artenvielfalt zu schützen. Wir brauchen Lösungswege, die eine praktische Umsetzung ermöglichen“, sagte Karliczek. Sie stellte die neue Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt vor, für die in den kommenden fünf Jahren 200 Mio. Euro bereitgestellt werden.

„Artenvielfalt ist Grundlage für Landwirtschaft und Ernährung. Wir müssen die Veränderungen von Biodiversität und Ökosystemen verstehen“, sagte sie. Eine der ersten Fördermaßnahmen innerhalb der Initiative zielt laut der Bundesministerin darauf ab, die Wertschätzung der biologischen Vielfalt in der Gesellschaft, nicht zuletzt in Unternehmen, zu steigern.

Digitalisierung und Bioökonomie im Blick

Karliczek gab auch einen Ausblick auf das neue FONA-Rahmenprogramm, das im kommenden Jahr vorgestellt werden soll. Demnach werden die Themen Digitalisierung, aber auch die Bioökonomie stärker als bisher berücksichtigt. „Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung besser nutzen. Wir wollen beim Transfer von Erkenntnissen in die Praxis besser werden. Wir müssen Forschungsergebnisse breiter kommunizieren“, so die Bundesministerin.

Der Bonner Politikwissenschaftler Dirk Messner stellte die Rolle der Digitalisierung für eine nachhaltige Entwicklung in den Mittelpunkt seines Vortrags. „Die Digitalisierung betrifft alle UN-Nachhaltigkeitsziele“, sagte er. Trotzdem sei das Thema Digitalisierung für Nachhaltigkeit bisher vernachlässigt worden. „Es muss neue Partnerschaften geben, damit ein Gesellschaftsvertrag für die Digitalisierung entstehen kann. Hier ist die Politik gefragt.“

In einer Podiumsdiskussion trafen Landwirte auf Agrarforscher, um über die Digitalisierung zu sprechen. Jens Dauber vom Thünen-Institut und Birgit Gemeinholzer sprachen sich dafür aus, die Erfassung von Daten zur Landnutzung erheblich zu steigern. Forscher und Anwender müssten dazu in beide Richtungen Daten austauschen. Landwirt Thomas Schmid wies auf technische Herausforderungen hin: „Wir haben genügend Daten. Aber wir haben Schwierigkeiten sie zu übermitteln.“ Zudem wünschten sich die Landwirte, stärker in die Gestaltung von Forschungsprojekten einbezogen zu werden. Dauber plädierte zudem für deutlich längere Laufzeiten bei Förderprojekten zur Agrar- und Nachhaltigkeitsforschung.

Biodiversitätsverluste verstehen und verhindern

Tag zwei des FONA-Forums in Berlin stand im Zeichen der Biodiversitätsforschung. Der Leiter der BMBF-Abteilung „Zukunftsvorsorge“, Volker Rieke, erläuterte dazu die neue Leitinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt. „Es gibt Wissenslücken zum Verlust der Biodiversität, die wir mithilfe innovativer Technologien schließen wollen“, sagte Rieke. Neben der Erfassung von Daten soll auch deren Analyse systemischer angelegt werden. So sollen die Ursachen von Biodiversitätsverlust besser herausgearbeitet werden. „Wir wollen hin zu Systemlösungen für gezieltes und langfristiges Handeln“, so Rieke.

Senckenberg-Generaldirektor Volker Mosbrugger, dessen Haus für die Koordination der Leitinitiative zuständig ist, betonte, auch die Wissenschaft müsse Teil solcher Systemlösungen werden.

Bioökonomie-Monitoring und die Biodiversität

Der Zustand und die Veränderung der Biodiversität in Ökosystemen wird unter anderem mithilfe von Monitoring-Aktivitäten erfasst. Auch für die biobasierte Wirtschaft, die Bioökonomie, werden derzeit die Grundlagen für ein nationales Monitoring gelegt. Welche Rolle die Biodiversität für ein Bioökonomie-Monitoring spielt, war Thema eines FONA-Forum-Workshops. Stefan Bringezu von der Universität Kassel erläuterte, wie in dem BMBF-Projekt SYMOBIO an der Entwicklung von Indikatoren gearbeitet wird. Das Ziel: eine Gesamtbilanz der ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen der Bioökonomie. Das soll eine Nachhaltigkeitsbewertung der Bioökonomie ermöglichen.

Christian Wirth vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) plädierte dafür, die biologische Vielfalt stärker als Ressource zu begreifen. „Wir müssen mit der Biodiversität wirtschaften, nicht gegen sie“, sagte Wirth. Als Beispiel führte er Studien an, die einen positiven Einfluss von gesteigerter Artenvielfalt auf die Produktivität von Äckern und Forsten belegen. Mittels „Ecosystem Engineering“ ließe sich dieses Wissen gezielt für die Land- und Forstwirtschaft nutzen.

Für den Aufbau eines zentralen Monitorings zur Biodiversität deutscher Binnengewässer setzte sich in Berlin wiederum eine Gruppe von Wissenschaftlern ein. Dazu wurde dem BMBF eine Forschungsagenda zur biologischen Vielfalt der Binnen- und Küstengewässer übergeben.

pg/bb

Wo einst Kies und Sand abgebaut wurden, locken heute Baggerseen zum Baden und Angeln ein. Die Bedeutung der künstlichen Gewässer als Ökosystem ist bisher jedoch wenig präsent. Doch auch die biologische Vielfalt in Binnengewässern ist bedroht, wie Forscher seit langem beklagen. Mit gezielten Schutzmaßnahmen versuchen Berliner Wissenschaftler im Verbundprojekt Baggersee mit Anglern, dem Biodiversitätsverlust entgegenzuwirken.

Angler als Heger der Gewässer

In ihrer aktuellen Studie brechen die Forscher eine Lanze für die Freizeitfischer. „Angler werden von manchen Naturschützern als Störfaktor an Gewässern angesehen. Unsere Erhebungen zeigen jedoch, dass Freizeitfischer vor allem als Heger von Gewässern wirken, indem sie helfen, artenreiche Fischgemeinschaften in Baggerseen zu etablieren, die denen von natürlichen Seen sehr stark ähneln“, erläutert Sven Matern vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB).

Grundsätzlich siedeln sich Fische in künstlichen Seen nur langsam an. Ein Vergleich zwischen von Anglern bewirtschaften und unbewirtschafteten Baggerseen in Niedersachsen zeigt jedoch: Dort, wo die Petrifischer ihre Angel ins Wasser werfen, ist die natürliche Artenvielfalt der Fische wesentlich höher. Hier zählten die Forscher in der Regel neun bis elf verschiedene Fischarten. In den von Anglern bewirtschafteten Gebieten gab es demnach teilweise sogar bedrohte Raubfische wie Hecht, Barsch und Aal, während in den anglerfreien Baggerseen nur drei bis fünf Fischarten, vorwiegend Kleinfische wie Moderlieschen oder Stichlinge anzutreffen waren.  Nicht-heimische Fischarten wie Graskarpfen oder Forellenbarsche kamen in beiden Seentypen hingegen nur sporadisch vor, wie das Team im „Journal of Fish Biology“ klarstellt.

Kaum fremde Fischarten in Baggerseen 

„Die Ergebnisse sind ein Beleg, dass die anglerische Bewirtschaftung zur Etablierung natürlicher Fischgemeinschaften in Baggerseen beiträgt, nicht hingegen zur Verbreitung nicht-heimischer Arten und auch nicht zur Ausbildung naturferner Fischgemeinschaften. Auch zeigte sich, dass der Baggersee um die Ecke für eine Vielzahl von Fischarten ein geeigneter Lebensraum ist, der dem Rückgang der biologischen Vielfalt ein Stück weit Einhalt gebieten kann“, resümiert Projektleiter Robert Arlinghaus vom IGB und der Humboldt-Universität zu Berlin.

Das Verbundprojekt Baggersee wird von 2016 bis 2022 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms Forschung für Nachhaltige Entwicklungen (FONA) sowie durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. An der ökologischen Umgestaltung der künstlichen Seen sind neben den Berliner Forschern etwa 160 ehrenamtliche Helfer von Anglervereinen beteiligt. Die Projektergebnisse sollen einen Beitrag zur Umsetzung der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung liefern.

Neue Forschungsagenda zum Schutz der Gewässerbiodiversität

Die Biodiversität  der Binnengewässer war auch ein Thema auf dem Nachhaltigkeits-Forum (FONA) Mitte Mai in Berlin. IGB-Forscher machten hier auf den stillen Artenverlust des Ökosystems aufmerksam und stellten die neue Forschungsagenda „Lebendiges Wasser“ vor. Darin wurden Schwerpunkte wie die Forschung und Entwicklung eines zentralen aquatischen Biodiversitätsmonitorings festgeschrieben, welche zum Erhalt sowie zur Verbesserung der Biodiversität des Gewässers beitragen und ihre nachhaltige Nutzung sicherstellen sollen.

 „Wir verfolgen mit unserer Agenda einen ganzheitlichen Ansatz, von der Quelle bis zur Mündung, der das gesamte Einzugsgebiet von Gewässern berücksichtigt“, erklärt Hauptautorin und IGB-Wissenschaftlerin Sonja Jähnig. Der Forscherin zufolge ist die Maßnahme nötig, um Ausmaß, Ursachen und Folgen des Verlustes der biologischen Vielfalt in und an diesen Gewässern zu erfassen, um Schutzmaßnahmen weiterzuentwickeln. An der Forschungsagende sind neben dem IGB weiter 19 Wissenschaftseinrichtungen beteiligt.

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Biobasierte Produkte in ihrer ganzen Vielseitigkeit standen im Fokus der Konferenz „Bio-based Materials“ in Köln vom 15. bis 16. Mai. Mehr als 200 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft tauschten sich über Produkte, Prozesse und Politik aus. Höhepunkt des ersten Tages war die Verleihung des Innovationspreises „Bio-based Material of the Year 2019“: Die indische Firma Aakar Innovations setzte sich dabei mit ihren vollständig kompostierbaren Damenbinden gegen fünf Mitnominierte durch. Auf Platz drei kam das in Nordrhein-Westfalen ansässige Unternehmen Golden Compound mit seinen Kaffeekapseln aus Pflanzenfasern.

Neue Produkteigenschaften

Von Fein- über Spezial- bis zu Plattformchemikalien reichte die Palette, für die Start-ups, Großkonzerne oder Forschungseinrichtungen biotechnologische Produktionswege aufzeigten. Während einige Prozesse gerade erst den Machbarkeitsnachweis erbracht haben, sind andere bereits in der Umsetzung im industriellen Maßstab. So stellte Covestro vor, wie biobasierte Rohstoffe nicht nur mehr Nachhaltigkeit, sondern ganz neue Produkteigenschaften ermöglichen. Daneben ging es immer auch um praktische und regulatorische Anforderungen, beispielsweise in einem Vortrag der Firma Henkel, der sich mit neuen Substanzen für die Kosmetikindustrie beschäftigte.

Gold aus Schlacke

Besondere Formen der Nachhaltigkeit standen am zweiten Tag im Fokus. So stellte die BRAIN AG vor, wie das Unternehmen aus mehr als 450 bakteriellen Isolaten Kandidaten für einen dreistufigen Prozess identifiziert hat, mit dem Gold aus Schlacke oder Asche gewonnen werden kann. Danach befinden sich unter den rund 5 Millionen Tonnen Deponieabfällen, die jährlich in Deutschland anfallen, auch ein bis drei Tonnen Gold. Für Anreicherung, Extraktion und Rückgewinnung kommen individuelle Organismen zum Einsatz. In der Machbarkeitsstudie lag die Effizienz der Rückgewinnung bei 90%, die CO2-Emissionen betrugen nur ein Drittel des konventionellen Goldabbaus.

Spezialchemikalien aus Abfallströmen

Fuchs Schmierstoffe stellte vor, wie das Unternehmen aus gebrauchtem Speiseöl mithilfe von Mikroorganismen neue Zusatzstoffe für Schmiermittel gewinnt. Ein häufiges Problem bei Abfallströmen als Rohstoffquelle ist demnach deren undefinierte Zusammensetzung. Enzyme allerdings würden im Gegensatz zu chemischen Verfahren gezielt die Wertstoffe herausfischen, wodurch eine teure Vorfilterung entfallen könne.

Die Nachfrage nach Makroalgen wächst weltweit: Die Wasserpflanzen werden als Lebensmittel und Futtermittel gezüchtet, aber ebenso wegen ihrer bioaktiven Inhaltsstoffe für die Herstellung von Kosmetika, Nahrungsergänzungsmitteln oder als Zusatzstoffe im Tierfutter genutzt. Besonders verbreitet ist die Algenzucht in China, wo die Alge Laminaria einen Schwerpunkt bildet.

Problematischer Salzgehalt im Abwasser

Allerdings entstehen bei der industriellen Zucht Abwässer mit einem Salzgehalt von rund 20%. Für viele der herkömmlichen Mikroorganismen, die in der Abwasseraufbereitung genutzt werden, ist diese Konzentration lebensfeindlich. Eine Forschungsgruppe der Jabobs University Bremen möchte nun gemeinsam mit chinesischen Partnern spezielle Mikroalgen nutzen, um diese Abwässer zu reinigen.

Aufreinigung mit angepassten Organismen

„Aus dem extrem salzigen Prozesswasser bei der Verarbeitung der Algen an Land wollen wir dort lebende Mikroalgen isolieren und identifizieren, die in diesem hypersalinen Abwasser wachsen können“, erklärt Song Wang von der Jacobs University. Ziel sei es aber nicht nur, das Abwasser durch die Kultivierung von Mikroalgen zu reinigen, sondern gleichzeitig hochwertige Mikroalgenprodukte für die spätere Vermarktung herzustellen. Das wird möglich, weil die Mikroalgen die abgebauten organischen Rückstände als Rohstoffe für ihren Metabolismus nutzen und auf enzymatischem Weg wirtschaftlich interessante Moleküle herstellen.

Das im März gestartete Projekt läuft noch bis Februar 2020 und wird von der chinesischen Provinzregierung Shandong mit 260.000 Euro gefördert.

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The demand for macroalgae is growing worldwide: aquatic plants are cultivated as food and animal feed, but are also used for the production of cosmetics, dietary supplements or as additives in animal feed because of their bioactive ingredients. Algae breeding is particularly widespread in China, where the alga Laminaria is of particular importance.

Problematic salt content in waste water

However, industrial breeding produces waste water with a salt content of around 20%. For many of the conventional microorganisms used in wastewater treatment, this concentration is inhospitable. A research group at Jabobs University Bremen, together with Chinese partners, would now like to use special microalgae to purify this wastewater.

Purification with adapted organisms

"From the extremely salty process water at the facilities on land, we want to isolate and identify local microalgae that can grow in these hypersaline wastewater," explains Song Wang of Jacobs University. The aim is not only to purify the wastewater by cultivating microalgae, but also to produce high-quality microalgae products for subsequent commercialization. This is possible because the microalgae use the degraded organic residues as raw materials for their metabolism and use enzymes to produce economically interesting compounds.

The project, which started in March, will continue until February 2020 and is funded by the Chinese provincial government of Shandong with 260,000 euros.

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Nebenprodukte aus Land- und Forstwirtschaft, Industrie- und Siedlungsabfälle oder Klärschlamm: Das Potenzial der Quellen für biogene Reststoffe ist immens. Da sie nicht in Konkurrenz zu Nahrungs- oder Futtermitteln stehen, kommt ihnen in der Bioökonomie eine herausragende Bedeutung zu. Doch welche dieser Quellen hat welches Nutzungspotenzial und für welchen Sektor? Eine jetzt veröffentlichte Datenbank des Deutschen Biomasseforschungszentrums will darauf schnelle Antworten geben. Noch ist die Ressourcendatenbak nicht vollständig. Am Beispiel von Biomethan als Treibstoff ist das enorme Potenzial aber schon erkennbar: Die Optionen von 77 verschiedenen biogenen Reststoffen werden in einer Übersicht kostenfrei angezeigt.

Schnittstelle für externe Anwendungen

Präsentiert werden die Daten tabellarisch und in Diagrammen, sowohl mit ihrem minimalen alsauch ihrem durchschnittlichen und maximalen Potenzial. So lag beispielsweise das technische Potenzial der Summe aller biogenen Reststoffe im Jahr 2015 für die Erzeugung von Biomethan für den Verkehrssektor bei 86 bis 140 Megatonnen Trockenmasse. Tatsächlich genutzt wurden jedoch zwischen 72 und 91 Megatonnen. Wer die Informationen der Datenbank weiterverwenden möchte, kann sie  herunterladen oder per Schnittstelle in andere Anwendungen einbinden.

Ausweitung der Daten geplant

Die Datenbank gehört zu einer neu entwickelten Verwertungsplattform, die – ebenso wie der Datenbestand der Datenbank – kontinuierlich ausgebaut wird. So soll künftig auch das Potenzial der biogenen Reststoffe für Wärme und Energie sowie deren stoffliche Verwertung im Bausektor und in der chemischen Industrie aufgeschlüsselt werden können. Der bereits implementierte Kraftstoffsektor wird zusätzlich zu Biomethan auch Biodiesel, Bioethanol, Flüssiggas und andere Alternativen enthalten.

Die Entwicklung der Datenbank, an der auch die Hochschule Bremen und das Witzenhausen-Institut beteiligt waren, wurde vom Bundeslandwirtsschaftministerium von 2016 bis 2019 mit rund 383.000 Euro gefördert.

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Pflanzen haben einst die Sauerstoffatmosphäre unseres Planeten erschaffen und erneuern sie auch heute noch durch die Photosynthese: Ein durchschnittlicher Baum reichert die Luft jährlich mit rund 120 Kilogramm Sauerstoff an. Allerdings müssen auch die pflanzlichen Zellen selbst mit Sauerstoff versorgt werden. Es gibt jedoch Bereiche, für die das Gegenteil gilt, wie ein internationales Team von Pflanzenforschern unter Beteiligung der RWTH Aachen und der Universität Heidelberg jetzt herausgefunden hat.

Sauerstoffmangel stabilisiert wichtiges Protein

Im Fachjournal „Nature“ berichten die Wissenschaftler, dass niedrige Sauerstoffkonzentrationen zu den Schlüsselbedingungen für die Regulation des Wachstums zählen. Die Forscher hatten das sogenannte Sprossapikalmeristem analysiert, ein Gewebe am obersten Ende der Sprossachse. Die dortigen Stammzellen, aus denen neue Blätter und Blüten entstehen, befinden sich in einem Bereich mit niedriger Sauerstoffkonzentration. Dieser Umstand stabilisiert das Protein ZPR2, das für das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung wichtig ist.

Parallele zu Menschen und Tieren

Von tierischen und menschlichen Stammzellarten war bereits bekannt, dass sie in einer sauerstoffarmen Umgebung existieren können. Das trifft nun auch auf Pflanzen zu, wie die Forscher mit Erstaunen notieren – denn evolutionär sind alle drei weit voneinander entfernt. Trotzdem hat sich diese Parallele entwickelt. Möglicherweise ist die geringe Sauerstoffkonzentration erforderlich für die erfolgreiche Teilung von Stammzellen.

Vorteil für Pflanzenzüchter

Auf die Pflanzen bezogen eröffnet die Entdeckung neue Möglichkeiten für die Pflanzenzüchtung: Saatgutproduzenten können nun ihre Zielvorgaben bei der Selektion neuer Zuchtkulturen entsprechend optimieren, sodass diese besser an suboptimale Voraussetzungen wie extreme Hitze oder Überflutungsgefahr angepasst sind.

bl/pg

Plants once created the oxygen atmosphere of our planet and still do so today through photosynthesis: An average tree releases around 120 kilograms of oxygen into the air every year. However, the plant cells themselves must also be supplied with oxygen. However, there are areas where the opposite is true, as an international team of plant researchers has now discovered.

Oxygen deficiency stabilises important protein

In the scientific journal "Nature", the scientists from RWTH Aachen University and the University of Heidelberg, among others, report that low oxygen concentrations are among the key conditions for the regulation of growth. The researchers had analyzed the so-called sprout apical meristem, a tissue at the end of the sprout tips. The stem cells there, from which new leaves and flowers develop, are located in an area with a low oxygen concentration. This stabilises the protein ZPR2, which is important for cell growth and differentiation.

Parallels to humans and animals

It was already known that animal and human stem cell types can exist in an oxygen-poor environment. This is also true for plants, as the researchers note with surprise - evolutionarily, the three are worlds apart. Nevertheless, this parallel has developed. It is possible that the low oxygen concentration is necessary for the successful division of stem cells.

Advantage for plant breeders

With regard to plants, the discovery opens up new possibilities for plant breeding: seed producers can now optimize their targets for the selection of new breeding cultures so that they are better adapted to suboptimal conditions such as extreme heat or the risk of flooding.

bl/um

Pflanzen sind fest im Boden verankert und können sich verändernden Umweltbedingungen wie Trockenheit, wechselnder Lichtintensität oder extremen Temperaturen nicht entkommen. Sie besitzen daher eine ausgeklügelte Wahrnehmung, um frühzeitig auf solche Veränderungen mit Abwehr- oder Schutzmaßnahmen zu reagieren. Um die Maßnahmen in Gang zu bringen, setzt die Pflanzenzelle auf eine effektive Kommunikation zwischen den einzelnen Zellorganellen. Einen entscheidenden Schritt bei der Entschlüsselung der Kommunikation zwischen den Photosynthese betreibenden Plastiden und dem Zellkern ist Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm und der Humboldt-Universität Berlin gelungen. Ihre Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Nature Plants" veröffentlicht.

Plastiden senden Signale

Im Zellkern befindet sich ein Großteil der genetischen Informationen, die als Grundlage für die Synthese von Proteinen dienen, darunter auch die Baupläne für wichtige Proteine der Photosynthese. Wenn die Plastiden Proteine zum Aufbau des Photosynthese-Apparates benötigen, senden sie Signale an den Zellkern. Bisher war die Identität der Signalmoleküle weitestgehend unbekannt. Die Pflanzenmolekularbiologen konnten nun das GUN1-Protein als eine zentrale Komponente für die Kommunikation in der Zelle und für den optimalen Import von Proteinen in die Plastiden identifizieren. Das GUN1-Protein wird aktiv, wenn die Entwicklung der Pflanze durch Stress gestört wird. Um die Rolle von GUN1 zu untersuchen, erzeugten die Forscher Mutanten der Ackerschmalwand, denen das GUN1-Protein fehlt. Das Ergebnis: die Mutanten konnten nicht genügend Proteine in die Plastiden transportieren. Zusätzlich schalteten die Pflanzen Gene für Stressproteine an, um zu verhindern, dass die nicht importierten Proteine Schäden in der Zelle anrichten. Die Erkenntnisse eröffnen unter anderem neue Möglichkeiten, die Anpassung von Nutzpflanzen an ungünstige Umweltbedingungen zu verbessern.

Grüne Gentechnik mit Plastiden

Die Erforschung der Funktionsweise der Plastiden ist für die Biotechnologie sehr relevant, denn die gentechnische Veränderung von Plastiden könnte die grüne Gentechnik ökologischer und sicherer machen. Neben dem Zellkern tragen auch Plastiden genetische Informationen. Die DNA der Plastiden zu verändern, hat einen entscheidenden Vorteil: die Auskreuzung von Transgenen ist eingeschränkt, denn Plastiden werden ausschließlich mütterlich vererbt und die meisten Pollen sind frei von den Zellorganellen.

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Petersilie ist eines der beliebtesten Küchenkräuter. Sie ist reich an ätherischen Ölen und Vitamin C und bestens zum Verfeinern von Salaten und herzhaften Speisen geeignet. Doch die krautige Pflanze bereitet Gärtnern derzeit Probleme: Sie will nicht wachsen. Pflanzenvirologen vom Leibniz-Institut DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig – haben nun die Ursache dafür gefunden. 

Neues Nanovirus stört Petersilienwachstum

Wie das Team um Björn Krenz und Stephan Winter im Fachjournal „Archives of Virology“ berichtet, ist für den sogenannten Zwergwuchs der Petersilie ein Virus verantwortlich, das in ähnlicher Art bisher eher Hülsenfrüchte wie Bohnen, Erbsen oder Linsen befallen hat. Bei dem neu entdeckten Virus handelt es sich um einen Erreger, den die Forscher mithilfe moderner Genom-Sequenzierungsmethoden als Nanovirus klassifizieren und der Familie der Nanoviridae zuordnen konnten. „Der Wirtskreis der Nanoviren hat sich also erweitert“, resümiert Pflanzenvirologe Björn Krenz.

Ernteverluste befürchtet

Das neue Virus trägt den Namen „parsley severe stunt-associated virus" (PSSaV). Die Forscher konnten es aus infizierten Pflanzen in einem Garten in Weddel, in der Nähe von Braunschweig, isolieren. Aber auch in anderen Teilen Deutschlands ist der Erreger mittlerweile zu finden. Die Forscher befürchten, dass eine weitere Ausbreitung zu Ernteverlusten und damit wirtschaftlichen Einbußen führen kann.

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Parsley is one of the most popular culinary herbs. It is rich in essential oils and vitamin C and is ideally suited for refining salads and savoury dishes. But the herbaceous plant is currently causing gardeners problems: it will not grow. Plant virologists from the Leibniz Institute DSMZ - German Collection of Microorganisms and Cell Cultures GmbH in Braunschweig - have now found the cause.

New nanovirus disrupts parsley growth

As the team around Björn Krenz and Stephan Winter reports in the specialist journal "Archives of Virology", a virus is responsible for the so-called dwarfism of parsley, which previously infested legumes such as beans, peas or lentils in a similar way. The newly discovered virus is a pathogen that the researchers were able to classify as nanovirus using modern genome sequencing methods and assign to the nanoviridae family. "The host range of nanoviruses has thus expande," sums up plant virologist Björn Krenz.

Harvest losses feared

The new virus is called "parsley severe stunt-associated virus" (PSSaV). The researchers were able to isolate it from infected plants in a garden in Weddel, near Braunschweig. However, the pathogen can now also be found in other parts of Germany. The researchers fear that a further spread could lead to crop losses and thus economic losses.

bb/um

Wer an Brennstoffzellen denkt, hat nicht unbedingt gleich Bakterien vor Augen. Doch auch die Mikroorganismen benötigen Energie für ihren Stoffwechsel und gewinnen diese durch elektrochemische Prozesse. Überschüssige Elektronen geben die Einzeller dabei an ihre Umwelt ab. Diesen Umstand wollen sich Biotechnologen zunutze machen und damit mikrobielle Brennstoffzellen antreiben. Das Projekt „Textile Kohlenstoffelektroden für mikrobielle Brennstoffzellen“ (TexKoMBZ) hat dazu eine spezielle Anode entwickelt, die eine künftige Anwendung im industriellen Maßstab realistisch erscheinen lässt.

Bakterien mögen Kohlenstoffelektroden

„Mikrobielle Brennstoffzellen nutzen Kohlenstoffelektroden. Das mögen Bakterien, denn diese sind sehr gut biokompatibel“, erläutert die Biotechnologin Miriam Rosenbaum, die das Projekt an der RWTH Aachen leitete. Die Herausforderung besteht darin, die Bioanode so zu konstruieren, dass die Bakterien eine möglichst große Oberfläche zur Interaktion vorfinden, und gleichzeitig eine hohe Packungsdichte zu erzielen. Bislang scheitern mikrobielle Brennstoffzellen daran, dass ihre Energiedichte nicht ausreicht, um im industriellen Maßstab wirtschaftliche Prozesse zu erlauben.

Das Projekt TexKoMBZ setzte deshalb auf carbonfaserbasierte textile Materialien, an denen die Bakterien wachsen sollen. Diese Textilstoffe haben eine hohe spezifische Oberfläche, eine gute elektrische Leitfähigkeit und weisen sowohl Stabilität als auch Flexibilität auf. Nicht zuletzt lässt sich ihre Porosität gut einstellen, schließlich muss das Abwasser noch zur Elektrode gelangen. Allerdings haben diese Materialien üblicherweise auch eine Plastikschutzschicht, was für die gewünschte Funktion ungeeignet wäre und daher Anpassungen erfordert. „Die spannende Frage war: Können wir damit Bioelektroden maßschneidern?“, schildert Rosenbaum die Herausforderung. Das sei vor allem wegen der Skalierung „sehr, sehr komplex“.

When you think of fuel cells, you don't necessarily picture bacteria. However, microorganisms also need energy for their metabolism and obtain it through electrochemical processes. Excess electrons are released into the environment by the unicellular organisms. Biotechnologists want to take advantage of this fact to drive microbial fuel cells. The project "Textile Carbon Electrodes for Microbial Fuel Cells" (TexKoMBZ) has developed a special anode that makes future industrial-scale applications seem realistic.

Bacteria like carbon electrodes

"Microbial fuel cells use carbon electrodes. Bacteria like that, because they are very biocompatible," explains biotechnologist Miriam Rosenbaum, who headed the project at RWTH Aachen. The challenge is to design the bioanode in such a way that the bacteria have as large a surface area as possible for interaction and at the same time achieve a high packing density. So far, microbial fuel cells have failed because their energy density is not sufficient to allow economic processes on an industrial scale.

The TexKoMBZ project therefore focused on carbon fibre-based textile materials on which the bacteria are to grow. These textile materials have a high specific surface area, good electrical conductivity and exhibit both stability and flexibility. Last but not least, their porosity can be easily adjusted, as the waste water has to reach the electrode. However, these materials usually also have a plastic protective layer, which would not be suitable for the desired function and therefore requires adjustments. "The exciting question was: Can we tailor bioelectrodes with it," says Rosenbaum, describing the challenge. This is "very, very complex" mainly due to the scaling.

Chemische Unkrautvernichtungsmittel waren lange das Allheilmittel gegen ungeliebte Pflanzen auf dem Acker. Doch der Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat ist seit langem umstritten und die Folgen für die Umwelt – insbesondere die Artenvielfalt – sind alarmierend. Neben neuen resistenten Pflanzensorten arbeiten Forscher daher an neuen Technologien, um dem Trend mit umweltfreundlichen Methoden entgegenzuwirken. Ein Beispiel dafür ist der Feldroboter „ETAROB“, der vom Institut MASKOR (Mobile autonome Systeme und kognitive Robotik) der Fachhochschule Aachen gemeinsam mit Industriepartnern entwickelt wurde. „Mit dem Feldroboter leisten wir einen Beitrag für eine zukünftige umweltfreundlichere Landwirtschaft und liefern ein eindrucksvolles Beispiel für die Innovationskraft an Hochschulen für angewandte Wissenschaften“, erklärt der Rektor der Aachener Fachhochschule, Marcus Baumann.

Mit Elektroschocks Unkräuter beseitigen

ETAROB kommt ganz ohne Fahrer aus. Er fährt elektrisch und vollautonom über das Feld, lockert den Boden auf und beseitigt gleichzeitig das Unkraut. Statt mit Chemikalien rückt ETAROB den ungeliebten Gewächsen mit Elektroschocks zu Leibe. Dafür sammelt er während der Fahrt Daten: Er erfasst Struktur, Farbe und Schatten der Blätter und gleicht die Befunde mit den intern abgespeicherten Informationen ab. So kann der Roboter zwischen Nutzpflanze und Unkraut unterscheiden und den Störenfrieden eigenmächtig den Garaus machen. Die Methode der Unkrautbeseitigung wurde vom Kooperationspartner Zasso GmbH entwickelt.

System optimiert sich selbst

Das System erkennt aber nicht nur Pflanzen. Den Forschern zufolge kann es sich auch selbst optimieren, da Veränderungen der Pflanze mit Hilfe von Fotos digital erfasst und im System hinterlegt werden. „Der Roboter ist so wie ein Mensch in der Lage, Pflanzen zu erkennen und aus gesammelter Erfahrung zu lernen“, erklärt Josef Franko, Mitbegründer des Projekts und wissenschaftlicher Mitarbeiter am MASKOR-Institut. Künftig soll ETAROB in kleinerer Form auch beim Unkraut jäten im Weinbau oder andernorts bei der Ernte helfen.

Robotics Award für Feldroboter

Auf der diesjährigen Hannover Messe wurde das MASKOR-Team für die Entwicklung des Feldroboters mit dem  Robotics Award ausgezeichnet. Nun soll die Innovation in eine Unternehmensgründung münden. Finanziell wird das Team dabei vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – einem Förderprogramm der EU – unterstützt.  

bb

Chemical herbicides have long been the panacea against unloved plants in the field. However, the use of pesticides such as glyphosate has long been controversial and the consequences for the environment - especially biodiversity - are alarming. In addition to new resistant plant varieties, researchers are therefore working on new technologies to counteract the trend with environmentally friendly methods. One such example is the field robot "ETAROB", which was developed by the Institute MASKOR (Mobile Autonomous Systems and Cognitive Robotics) of the Aachen University of Applied Sciences together with industrial partners. "With the field robot, we are making a contribution to a more environmentally friendly agriculture of the future and providing an impressive example of the innovative power at universities of applied sciences," explains Marcus Baumann, Rector of Aachen University of Applied Sciences.

Eliminating weeds with electric shocks

ETAROB does not need a driver. It drives across fields fully autonomously, loosening the soil and removing weeds at the same time. Instead of using chemicals, ETAROB uses electric shocks to zap the unpopular plants. To do this, it collects data while driving: It records the structure, colour and shade of the leaves and compares the findings with the information stored internally. This way, the robot can distinguish between useful plants and weeds and kill off the troublemakers. The weed removal method was developed by the cooperation partner Zasso GmbH.
 

System opimizes itself

However, the system does not only recognize plants. According to the researchers, it can also optimise itself, since changes in the plant are digitally recorded with the aid of photos and stored in the system. "Like humans, the robot is able to recognise plants and learn from experience," explains Josef Franko, co-founder of the project and scientific assistant at the MASKOR Institute. In the future, ETAROB will also be used in a smaller form to help weed in winegrowing or elsewhere during harvesting.

 

Robotics award for field robot

The MASKOR team received the Robotics Award for the development of the field robot at this year's Hanover Fair and innovation may pave the way to the founding of a company. The team is financially supported by the European Regional Development Fund (ERDF), an EU funding programme.

bb/siw

Die Entdeckung der Genschere CRISPR-Cas im Jahr 2012 war ein Paukenschlag. Im Nu eroberte die Technologie die Labore der Welt. Denn schnell war klar, welches Potenzial in dem neuen molekularbiologischen Werkzeug steckt. Die CRISPR-Sequenzen und das Enzym Cas9, das Forscher als eine Art Immunsystem bei Mikroben fanden, ermöglichen präzise Erbgutveränderungen. Damit sind unzählige Anwendungsmöglichkeiten denkbar wie die Züchtung neuer Pflanzensorten. Doch Skepsis und Kritik prägen die Debatte um die neue Genome-Editing-Methode bis heute – auch in der Öffentlichkeit. Der Wissenschaftsblog CRISPR-Whisper will aufklären. Mit Comics und zahlreichen Veranstaltungen wie einer Roadtour möchte das Kasseler Team um Susanne Günther die CRISPR-Forschung erlebbar und begreifbar machen. Aber auch die Wissenschaft soll davon profitieren.

Die Varroamilbe ist die größte Bedrohung für die westliche Honigbiene. Der winzige Parasit Varroa destructor ernährt sich von ihrer Körperflüssigkeit und befällt Larven im Bienenstock, so dass der Nachwuchs geschädigt wird und in Folge ganze Bienenstöcke verenden. „Etwa 18 Monaten nach dem ersten Befall ist ein Bienenstock tot, wenn nichts dagegen unternommen wird“, sagt Stanislav Balouchev vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung. Gemeinsam mit Katharina Landfester will der Forscher mit smarter Technologie die Bienen vor dem gefährlichen Krankheitserreger schützen.

Bienenparasiten mit Wärme bekämpfen

Im Laufe der Zeit haben die Bienen gelernt, sich gegen den Parasiten zur Wehr zu setzen. Eine Methode sind erhöhte Temperaturen im Bienenstock. Das gelingt Bienen, in dem sie ihre Brust auf eine Wabe pressen und durch Bewegung der Brustmuskeln die Temperatur innerhalb der Wabe soweit erhöhen, dass die Milbe sich deutlich weniger vermehrt und der Bestand in kurzer Zeit abstirbt. Vom Erreger befallene Insekten senden zudem chemische Warnsignale aus, so dass andere gesunde Bienen zur Hilfe eilen und durch Kratzen dafür sorgen, dass die Milbe abfällt. Doch bei Kälte fehlt den Insekten die Energrie dafür.

In einem von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekt wollen die beiden Forscher daher Minitemperatursensoren entwickeln, die die inneren Temperaturen des Bienenstocks räumlich vermessen. „Wir wollen anhand der dreidimensionalen Temperaturverteilung erkennen, ob ein Bienenstock noch gesund ist oder in einzelnen Waben bereits befallen ist“, erklärt Katharina Landfester. Damit das Experiment gelingt, müssen die Sensoren die Temperaturen nicht nur äußerst genau erfassen. Die Bienen müssen die neuen „Insassen" auch akzeptieren. 

Minitemperatursensoren im 3D-Drucker erstellen

Die Forscher wollen die Sensoren daher so gestalten, dass sie je nach Bedarf mit einem 3D-Drucker hergestellt werden können. Denn Ziel ist es, die Temperatur jeder einzelnen Bienenwabe zu erfassen. „Sollten wir Abweichungen von der optimalen Temperaturverteilung feststellen, wird ein nächster Schritt sein, eine aktive Temperaturregulierung zu entwickeln, die es erlaubt, punktuell im Bienenstock die Temperatur anzuheben“, erklärt Landfester. 

bb