Mit Ameisen fing alles an: Niemand weiß besser als Jens Dauber, welche Arten dieser fleißigen Insekten in welcher Häufigkeit die Böden der Stadt Mainz besiedeln. Denn genau das zu kartieren, war Gegenstand der Diplomarbeit des heute 52-Jährigen. Seitdem zieht sich das Thema Artenvielfalt durch seine Forscherkarriere.
„Ich war als Jugendlicher schon von den Schriften von Konrad Lorenz fasziniert“, erinnert sich Dauber. Das Interesse an Tieren, an der Biologie, führte ihn häufig raus in die Natur. „Damals wollte ich noch in die Verhaltensforschung“, erzählt der Biologe. Doch das sei damals schwierig gewesen, nicht zuletzt wegen der schlechten Berufsaussichten. Außerdem war Dauber – damals wie heute – recht breit naturwissenschaftlich interessiert. Daher führte den gebürtigen Rüsselsheimer der Weg zunächst zum Biologiestudium nach Mainz, wo auch Mathe, Physik und Chemie zum Grundstudium gehörten.
Anfänge der Stadtökologie
Zu den Hauptfächern Zoologie und Botanik kamen dann noch Paläontologie und Bodenkunde. Letzteres war wohl der Grund, weshalb Dauber als studentische Hilfskraft an der Stadtbiotopkartierung von Mainz mitarbeitete. „Das war die Anfangszeit der Stadtökologie in Deutschland“, erinnert er sich. Sein Schwerpunkt wurden – wie eingangs erwähnt – die Ameisen. „Mainz hat fast schon ein mediterranes Klima, dadurch gibt es für Deutschland dort recht viele Ameisenarten“, berichtet der Biologe. Spannend seien damals vor allem die Gradienten gewesen: „Welche Arten gibt es nur im Außenbereich, welche schaffen es bis in die Stadtmitte?“ Schon damals standen hinter den Forschungsfragen praktische Anwendungen. „Wir wollten wissen: Wie lässt sich das Stadtgrün entwickeln? Können Korridore, Verbundsysteme geschaffen werden? Und wie wirkt sich die Hitze der Stadt aus?“ Die Stadt Mainz belohnte den jungen Forscher mit einem Stipendium. Hier war es Professor Gerhard Eisenbeis, der für Dauber zum Vorbild wurde. „Er ging mit einer eigenen Forschungsgruppe eigenen Forschungsfragen nach und machte eine spannende Lehre.“
Als es nach dem Projekt keine Anschlussfinanzierung gab, wechselte der Cobetreuer von Daubers Diplomarbeit, Volkmar Wolters, an die Universität Gießen. Für die Betreuung eines Forschungsprojekts suchte er einen Doktoranden und bot Dauber die Stelle an. Das so ausgesprochene Vertrauen ermutigte den jungen Wissenschaftler. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept für den späteren Sonderforschungsbereich „Landnutzungsoptionen für periphere Regionen“, wodurch sich der Fokus der Forschung des Biologen von der Stadt aufs Land verschob, genauer zur Landwirtschaft.
Andere Disziplinen mitdenken und verstehen
ie Arbeit im Sonderforschungsbereich sei „sehr spannend“ gewesen, man sei „nicht nur im eigenen Saft geschwommen“, sondern habe sehr interdisziplinär gearbeitet und gelernt, die Sprache der anderen Disziplinen zu verstehen und mitzudenken. Zudem war auch diese Forschung nicht für den Elfenbeinturm, sondern zielte darauf ab, die Ausgestaltung und Nutzung von Agrarlandschaften zu verbessern.
Schon damals begegnete Dauber als Arbeit suchender Forscher einem Problem, das ihn noch heute als Personalverantwortlicher begleitet: das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Es werde bundesweit unterschiedlich ausgelegt und erschwere so befristete Anstellungen. „Das ist das beste Mittel, um gute Wissenschaftler ins Ausland zu treiben“, kritisiert der Institutsdirektor. Dauber selbst folgte 2006 seiner Frau nach Leeds, die dort eine Postdoc-Stelle angeboten bekommen hatte.
Forschung zu Ökosystemleistungen
Von England aus schloss Dauber 2007 seine Habilitation ab. „Dank der Unterstützung von Kollegen konnte ich bald wieder in Projekten arbeiten“, erinnert sich der Biologe. Eines davon war das EU-Projekt ALARM, das sich mit dem Biodiversitätsverlust in Europa beschäftigte. Die hier geknüpften Kontakte verschafften Dauber schließlich eine Anstellung als Projektmanager in Dublin für ein Forschungsvorhaben zu Ökosystemleistungen. „Es ist sehr frustrierend, wie in Deutschland mit Wissenschaftlern bei Bewerbungen umgegangen wird – viele Verzögerungen, keine Rückmeldungen.“ In Irland sei das professioneller gewesen.
2008 traf jedoch die Wirtschaftskrise Irland. „Es gab keine Drittmittel mehr, keine Stellen, keine Projekte“, erinnert sich Dauber. Genau rechtzeitig entstand am Thünen-Institut in Braunschweig eine neue Stelle, auf die sich der Forscher erfolgreich bewarb. Daubers neue Themen waren teilweise auch seine alten: Biodiversität in Agrarlandschaften, Landschaftsökologie, Biodiversitätsmonitoring. 2017 wurde er zum Institutsleiter und Professor für Biodiversität von Agrarlandschaften am Thünen-Institut berufen.