Aktuelle Veranstaltungen

Daten sind die zentrale Ressource für Wissenschaft und Wirtschaft. Sie werden in enormen Mengen zum Beispiel von Satelliten, Sensoren und Hochdurchsatztechnologien in den Lebenswissenschaften produziert. Diese Daten auszuwerten, zu verwalten, zu sichern und verfügbar zu machen, stellt große Anforderungen an die IT-Infrastruktur. Bisher dominieren dezentrale Lösungen. Mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) sollen die Datenbestände von Wissenschaft und Forschung nun systematisch erschlossen, nachhaltig gesichert und der Forschungswelt zugänglich gemacht werden. Auch eine nationale und internationale Vernetzung wird anvisiert.

Wichtige Impulse für den wissenschaftlichen Fortschritt 

Die Weichen für den Aufbau dieses neuen Wissensspeichers haben Bund und Länder in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) nun mit der Förderzusage für neun Konsortien gestellt. Anja Karliczek, Bundesforschungsministerin und Vorsitzende der GWK, begrüßte diese Initiative: „Die Digitalisierung von Wissenschaft und Forschung in Deutschland ist ein wichtiger Schritt für die bessere Zusammenarbeit unter Disziplinen und zwischen Einrichtungen. Wir müssen die vielen Datenschätze in den unterschiedlichen Disziplinen heben – davon werden in allen Fächern wichtige Impulse für den wissenschaftlichen Fortschritt und neue Innovationen ausgehen. Bei der Digitalisierung von Wissenschaft und Forschung spielt die Etablierung und Fortentwicklung des Forschungsdatenmanagements eine zentrale Rolle. Es ist daher ein Signal zur richtigen Zeit, dass die ersten neun NFDI-Konsortien nun bald an den Start gehen können.“

Standards im Datenmanagement schaffen

Bis zu 90 Mio. Euro wollen Bund und Länder bis 2028 jährlich in Aufbau und Förderung der NFDI stecken, wobei die Bundesregierung mit 90% das Gros übernimmt. Nutzer von Forschungsdaten und von Infrastruktureinrichtungen werden in den kommenden Jahren den Wissensspeicher im Rahmen von NFDI-Konsortien  gestalten und bei der Entwicklung von Standards im Datenmanagement eng zusammenarbeiten. Ein Schwerpunkt: die Vernetzung alter und neuer Datenbestände, um diese besser nutzen zu können.

Drei NFDI-Konsortien mit Relevanz für die Bioökonomie

Den Grundstein für die NFDI legen die auf Empfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom GWK ausgewählten neun Konsortien, darunter auch drei Verbünde, die für die Bioökonomie relevant sind. Ein Überblick:

Im Konsortium DataPlant - Daten in Pflanzen-Grundlagenforschung wird ein Team unter Leitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg eine Service- und Dateninfrastruktur entwickeln, mit der die moderne Pflanzenforschung große Datenmengen erfassen und bereitstellen kann. Dabei handelt es sich um Daten, die zu einem besseren Verständnis der molekularen Prinzipien des pflanzlichen Lebens beitragen wie etwa Wachstum, Ernteertrag und Biomasseproduktion. Die Arbeit des Konsortiums wird in den kommenden fünf Jahren mit 11 Mio. Euro von der DFG unterstützt. Projektpartner sind die Universität Tübingen, das Forschungszentrum Jülich und die Technische Universität Kaiserslautern.

Im Konsortium NFDI4BioDiversität - Biodiversität, Ökologie und Umweltdaten wird ein interdisziplinäres Team um das Leibniz-Institut DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH mikrobielle Forschungsdaten einbringen, um eine Cloud-basierte Infrastruktur zu entwickeln. Einfließen wird auch die am DSMZ entwickelte weltweit größte Metadatenbank für Bakterien, BacDive. Durch die Bereitstellung standardisierter Daten soll die Nutzung der Datenbank vereinfacht und die Arbeit der Forscher künftig deutlich verbessert werden. Die DFG fördert den Verbund in den kommenden fünf Jahren mit bis zu 3 Mio. Euro. Daran beteiligt sind neben der DSMZ 15 Mitantragsteller und 37 universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen.

Datenwertschöpfungsketten über chemische Prozesse stehen im Fokus des NFDI-Konsortiums NFDI4Cat - NFDI für Wissenschaften mit Bezug zur Katalyse. Unter der Leitung der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (Dechema) werden 15 wissenschaftliche Partner mit Unternehmen wie Clariant, BASF und Covestro ihr Wissen zur Katalyseforschung, chemischen Verfahrenstechnik und Prozesstechnologie bündeln, um mithilfe einer entsprechenden Dateninfrastruktur einen grundlegenden Wandel zu bewirken. Dafür sollen verschiedene Disziplinen in der Katalyseforschung und -technologie mit der Unterstützung von Datenwissenschaftlern und Mathematikern zusammengebracht werden. Die Höhe der Fördersumme wird noch bekanntgegeben.

Breite Nutzung der Arbeitsergebnisse

 „Der Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur ist ein Meilenstein in der Wissenschaftspolitik“, so der stellvertretende GWK-Vorsitzende, Konrad Wolf und Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz. „Wir rechnen damit, dass die Arbeitsergebnisse der geförderten Konsortien – etwa die Entwicklung von disziplinübergreifenden Metadatenstandards oder die Etablierung von Prozessen zum standardisierten Umgang mit Forschungsdaten – auch Wissenschaftscommunities außerhalb der NFDI-Förderung zugute kommen werden und damit eine Breitenwirkung im gesamten Wissenschaftssystem entfalten werden.“

Der Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur erfolgt in insgesamt drei Stufen. Hierfür werden jeweils in einem wissenschaftsgeleiteten Verfahren neue Konsortien in die NFDI aufgenommen. Bis zu 30 Arbeitsgruppen wollen Bund und Länder bis 2028 fördern.

bb

Data is the central resource for science and business. They are produced in enormous quantities, for example by satellites, sensors and high-throughput technologies in the life sciences. Evaluating, managing, securing and making this data available requires a great effort from the IT infrastructure. Up to now, decentralized solutions have dominated. With the establishment of a National Research Data Infrastructure (NFDI), the data stocks of science and research are now to be systematically indexed, sustainably secured and made accessible to the research community. National and international networking is also envisaged.

Important impulses for scientific progress

In the Joint Science Conference (GWK), the Federal and State Governments have now set the course for the establishment of this new knowledge storage facility by approving funding for nine consortiums. Anja Karliczek, Federal Minister of Research and Chairwoman of the GWK, welcomed this initiative: "The digitalization of science and research in Germany is an important step towards better cooperation among scientific disciplines and between institutions. We must raise the many data treasures in the various disciplines - this will provide important impulses for scientific progress and new innovations in all subjects. The establishment and further development of research data management plays a central role in the digitalization of science and research. It is therefore a signal at the right time that the first nine NFDI consortia can now start soon".

Creating standards in data management

The federal and state governments intend to invest up to 90 million euros annually until 2028 in the development and promotion of the NFDI, with the federal government taking the majority (90%). In the coming years, users of research data and of infrastructure facilities will design the knowledge storage within the framework of NFDI consortia and will cooperate closely in the development of standards in data management. One focus: the networking of old and new data stocks in order to make better use of them.

Three NFDI consortia with relevance for the bioeconomy

The foundation for the NFDI is laid by the nine consortia selected by the GWK on the recommendation of the German Research Foundation, including three consortia that are relevant to the bioeconomy. An overview:

In the consortium DataPlant - Fundamental Plant Research, a team led by the Albert-Ludwigs-University of Freiburg will develop a service and data infrastructure that will enable modern plant research to collect and provide large amounts of data. These are data that contribute to a better understanding of the molecular principles of plant life such as growth, yield and biomass production. The work of the consortium will be funded by the DFG with 11 million euros over the next five years. Project partners are the University of Tübingen, Research Centre Jülich and the Technical University of Kaiserslautern.

In the consortium NFDI4BioDiversity - Biodiversity, Ecology and Environmental Data an interdisciplinary team around the Leibniz Institute DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH will contribute microbial research data to develop a cloud-based infrastructure. The world's largest meta database for bacteria, BacDive, developed at the DSMZ, will also be included. The provision of standardized data should simplify the use of the database and significantly improve the work of researchers in the future. The DFG will fund the network with up to 3 million euros over the next five years. In addition to the DSMZ, 15 co-applicants and 37 university and non-university institutions are involved in this funding.

Data value chains on chemical processes are the focus of the NFDI consortium NFDI4Cat - NFDI for Catalysis-Related Sciences. Under the direction of the Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (Dechema), 15 scientific partners with companies such as Clariant, BASF and Covestro will pool their knowledge of catalysis research, chemical engineering and process technology in order to bring about fundamental change with the help of an appropriate data infrastructure. For this purpose, different disciplines in catalysis research and technology will be brought together with the support of data scientists and mathematicians. The amount of funding will be announced in due course.

Wide use of the work results

"The establishment of a National Research Data Infrastructure is a milestone in science policy," said GWK Deputy Chairman, Konrad Wolf and Minister for Science, Further Education and Culture of Rhineland-Palatinate. "We expect that the work results of the funded consortia - such as the development of cross-disciplinary metadata standards or the establishment of processes for the standardized handling of research data - will also benefit scientific communities outside NFDI funding and thus develop a broad impact throughout the entire scientific system.

The development of the National Research Data Infrastructure is taking place in a total of three stages. For this purpose, new consortia are admitted to the NFDI in a scientifically guided procedure. The Federal Government and the Federal States intend to fund up to 30 working groups by 2028.

Welche Chancen bietet die Bioökonomie, unsere Zukunft nachhaltiger und unsere Wirtschaft widerstandsfähiger zu gestalten? Welchen Beitrag leisten Wissenschaft und Forschung und wie sieht die konkrete Umsetzung in der Praxis aus? Mit diesen Fragen befasst sich das Talk-Format „Karliczek. Impulse.“, das im Wissenschaftsjahr 2019 – Künstliche Intelligenz ein erfolgreiches Debüt hatte. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek diskutiert diesmal mit Gästen über Ziele, Maßnahmen, Potenziale und Herausforderungen der Bioökonomie vor dem Hintergrund voranschreitender Klima- und Umweltveränderungen.

Virtuelle Diskussionsrunde zur Bioökonomie

Die Diskussionsreihe wird bei jedem Talk ein spannendes Schwerpunktthema der aktuellen Bioökonomie-Forschung behandeln und die Gespräche werden durch Impulse aus der Praxis ergänzt. Die erste Ausgabe widmet sich dem Thema Kreislaufwirtschaft und trägt den Titel „Ist das Innovation – oder kann das weg? Warum Abfälle Einfälle brauchen“. Das Event findet am 20. Juli online statt. Durch eine begleitende Live-Abstimmung und per Chat bekommen die Teilnehmer Gelegenheit, sich mit Fragen und Impulsen in die digitale Debatte einzubringen und somit selbst Teil eines „Kreislaufs“ zu werden.

Pflanzenschädlinge sind für Landwirte von jeher eine Plage. Zu den gefährlichsten Parasiten gehören Brandpilze, die bevorzugt Nahrungspflanzen wie Getreide oder Mais befallen. Sie greifen das Innere der Pfanzenzellen an und blockieren die Abwehrkräfte. Bei der Wahl der Wirtspflanze sind diese Erreger jedoch sehr wählerisch und daher auch schwer zu bekämpfen. Der Jenaer Genetiker Jan Schirawski hat sich auf das Erbgut von Brandpilzen spezialisiert. Er und sein Team wollen herausfinden, warum die einzelnen, genetisch sehr ähnlichen Brandpilz-Stämme bei der Wahl ihrer Wirtspflanze so wählerisch sind. Von seiner Forschung könnte vor allem die Landwirtschaft profitieren.

Plant parasites have always been a plague for farmers. One of the most dangerous parasites are smuts, which preferentially infest food crops such as grain or corn. They attack the inside of plant cells and block the plant's defenses. However, they are very selective when it comes to choosing a host plant and are therefore difficult to control. Jan Schirawski, a geneticist from Jena, has specialized in the genome of smut. He and his team want to find out why the individual, genetically very similar strains of smuts are so choosy when it comes to choosing their host plant. Agriculture in particular could benefit from his research.

 

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen kann sich CureVac über eine millionenschwere Finanzspritze der öffentlichen Hand freuen. Erst im Juni war die Bundesregierung mit 300 Mio. Euro bei dem Tübinger Biotechnologie-Unternehmen als Investor eingestiegen, um die Impfstoffentwicklung gegen den Covid-19-Erreger voranzutreiben. Ein Kredit über 75 Mio. Euro wird nun die InnovFin – Infektionskrankheiten (IDFF) der Europäischen Investitionsbank (EIB) für die Entwicklung und Ausweitung der Impfstoffproduktion zur Verfügung stellen. Die EIB-Finanzierung wird dabei in drei Tranchen von je 25 Mio. Euro ausgezahlt. Weitere Details der Vereinbarung wurden nicht genannt.

Impfstoffentwicklung mit EU-Hilfe

„Wir freuen uns sehr über die EIB-Finanzierung. Damit können wir weiterhin in unsere mRNA-Technologieplattform zur Bekämpfung lebensbedrohlicher Krankheiten investieren", so Pierre Kemula, Chief Financial Officer von CureVac. Er versichert: „Wir arbeiten intensiv an einem sicheren, wirksamen und niedrig dosierten mRNA-Impfstoff gegen SARS-CoV-2."  Im Juni startete CureVac eigenen Angaben zufolge die klinische Phase I-Prüfung des Wirkstoffkandidaten CVnCoV.

Die Tübinger sind auf die Entwicklung von Arzneimitteln und Impfstoffen auf Basis des Nukleinsäuremoleküls Messenger-RNA (mRNA) spezialisiert. Mit dem Geld der EU soll nicht nur die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes vorangebracht werden. Einen Teil des Kredits wird CureVac nutzen, um eine vierte, neue Produktionsstätte in Tübingen entsprechend der GMP-Praxis (Good Manufacturing Practice) fertigzustellen. Hier werden künftig Wirkstoffe für zulassungsrelevante klinische Studien und die frühzeitige Markteinführung hergestellt.

Gerüchte um US-Kaufangebot öffentlich dementiert

Auch wenn die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes weltweit auf Hochtouren läuft, rechnet die Europäische Zulassungsbehörde EMA frühestens im Herbst 2021 mit einem entsprechenden Vakzin. Gerüchte, wonach die US-Regierung CureVac ein Kaufangebot unterbreitet hat, wurden von Interims-CEO Franz-Werner Haas öffentlich dementiert. CureVac-Hauptaktionär und SAP-Gründer Dietmar Hopp hatte stets betont, Covid-19-Vakzine müssten zur Versorgung aller Menschen dienen.

bb

Omega-3-Fettsäuren sind für den Menschen essenziell. Sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden, da der Körper sie nicht in ausreichender Menge produziert. Mikroalgen enthalten wie Fisch große Mengen dieser ungesättigten Fette. In der Lebensmittelindustrie werden sie seit langem als Zusatzstoff eingesetzt. Ein Forscherteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) hat nun untersucht, inwiefern Mikroalgen eine gesunde, aber vor allem umweltfreundlichere Quelle für Omega-3-Fettsäuren sein könnten als Fisch.

Beliebte Fischarten wie Lachs und Forelle werden auch in Deutschland mittlerweile in Aquakulturanlagen gezüchtet, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Vor allem die Aufzucht unter Einsatz von Antibiotika, die damit verbundene Verschmutzung der Gewässer und die Zerstörung von Lebensräumen durch den Bau der Teichanlagen stehen in der Kritik. Mikroalgen hingegen benötigen für die Kultivierung zwar kaum Fläche, jedoch werden viele Algenarten vorwiegend in offenen Teichen in Asien produziert, wo Verunreinigungen ebenfalls ein Risiko darstellen. Aber es gibt auch Mikroalgen, die in geschlossenen Systemen wie in Photobioreaktoren aufgezogen werden können.

Umweltbelastung bei Mikroalgen- und Fischzucht

Doch welche Methode ist umweltfreundlicher? Im Rahmen des Verbundprojekts "Neue Algenarten als nachhaltige Quelle für bioaktive Nährstoffe in der Humanernährung" (NovAL) sind Forscher der MLU mit Partnern dieser Frage nachgegangen. Sie verglichen die Aufzucht von beliebten Speisefischen wie Lachs in Aquakulturanlagen mit der Kultivierung von Mikroalgen in Photobioreaktoren. In der Studie entwickelte das Team ein Modell, um die standortspezifischen Umweltauswirkungen zu bestimmen. "Wir haben so unter anderem die CO2-Bilanz von Nährstoffen aus Mikroalgen und Fisch verglichen. Außerdem haben wir analysiert, wie sehr beide Nahrungsmittelquellen die Versauerung oder zu hohe Nährstoffgehalte in Gewässern begünstigen", erklärt Toni Meier, Leiter des Innovationsbüros nutriCARD an der MLU.

Umwelteffekte bei Mikroalgen geringer

Wie das Team im Fachjournal  Journal of Applied Phycology berichtet, verursachen Mikroalgenzucht und Fischproduktion grundsätzlich vergleichbare Umweltkosten. „Bezieht man jedoch die Umwelteffekte auf die verfügbaren Mengen an Omega-3-Fettsäuren, so schneidet vor allem Fisch aus Aquakultur schlechter ab", so Susann Schade vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der MLU. Lachs und Pangasius, die hierzulande aus Aquakultur stammen, sind demnach mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Das gleiche gilt für den beliebten Alaska-Seelachs aus Wildfang. Auch er zeige für alle Umweltindikatoren schlechtere Werte als die Mikroalgen.

Das Fazit der Forscher: „Mikroalgen sollen und können Fisch als Nahrungsmittel nicht komplett ersetzen. Aber wenn Mikroalgen sich als Nahrungsmittel etablieren würden, hätten wir eine zusätzliche hervorragende umweltfreundliche Quelle für langkettige Omega-3-Fettsäuren", sagt Meier.

Das Vorhaben NovAL wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. An dem Projekt waren neben der MLU, die Hochschule Anhalt, die Universität Leipzig und die Friedrich-Schiller-Universität Jena beteiligt.

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Diese Schritte zeigt das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung in einer neuen Studie. Afrika läuft in den allermeisten Entwicklungsindikatoren dem Rest der Welt hinterher. Der Kontinent braucht dringend eigene Ideen, eigene Forschung, eigene Unternehmen, um in möglichst raschen, großen Sprüngen gesellschaftlich und wirtschaftlich voranzukommen. Fortschritte sind insbesondere in drei zentralen Sektoren nötig, die überall auf der Welt die Grundlage für sozioökonomischen Aufstieg waren: Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft. Die Studie zeigt Beispiele dafür, dass Regierungen, Initiativen, Sozialunternehmen, kleine und größere Firmen in Afrika längst daran arbeiten, auf diese Weise Wege aus Armut, Perspektivlosigkeit und hohem Bevölkerungswachstum zu finden. „Leapfrogging“ heißt der Fachbegriff für solche Innovationen, die das Leben der Menschen verbessern und dabei ineffiziente, kostspielige und umweltschädliche Zwischenstufen der Entwicklung überspringen. Die Konzepte reichen von einfachen Gesundheitsstationen, die auch in entlegenen Gebieten eine medizinische Basisversorgung bieten, über Online-Lernprogramme für Schüler, die gerade in der Corona-Krise eine enorme Nachfrage erfahren, bis zu Mikroversicherungs-Systemen, die Kleinbauern für wenig Geld gegen wetterbedingte Ernteausfälle absichern.

   

Es ist ein Lichtschalter der besonderen Art, den Biologen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universität Freiburg gemeinsam mit britischen Partnern für die Pflanzenforschung entwickelt haben: Anders als im Haushalt wird nicht etwa Licht mittels eines Schalters aktiviert, sondern das Licht ist der Schalter, der in Pflanzenzellen bestimmte Gene aktiviert. PULSE heißt die Methode, die die beiden Teams nun im Fachjournal „Nature Methods“ vorgestellt haben.

Lichtbedarf erschwert Optogenetik bei Pflanzen

In der Optogenetik geht es darum, biologische Prozesse mittels Licht zu steuern. Dieses Vorgehen ist in der Forschung bislang vor allem bei Zellen von Säugetieren, Hefen und Bakterien etabliert. Bei Pflanzen ist die Methode bisher selten, weil geeignete optische Schalter fehlen. Der Grund dafür ist einfach: Pflanzen benötigen das Licht für ihr Wachstum, sodass ein lichtabhängiger Schalter permanent eingeschaltet wäre.

Monochromes Rotlicht als Anschalter

Mit den „Plant Usable Light-Switch Elements“ (PULSE) haben die Düsseldorfer und Freiburger Teams nun ein Werkzeug entwickelt, das sich parallel zum natürlichen Tag-Nacht-Zyklus von Pflanzen einsetzen lässt. Es beruht darauf, dass ein sehr schmaler Wellenlängenbereich des roten Lichts als Anschalter dient und das Tageslicht als Ausschalter. Bestrahlen die Forscher die Pflanzenzellen mit dem roten Licht, aktivieren sie ein bestimmtes Gen, das mit dem Schalter gekoppelt wurde. Der blaue Anteil des Tageslichts stoppt die Genaktivität. So lässt sich genau beobachten, wie sich das jeweilige Gen in der Zelle auswirkt.

Biologische Signalnetzwerke verstehen

„PULSE führt die überlegenen Vorteile der Optogenetik in Pflanzen ein“, verspricht Matias Zurbriggen von der Universität Düsseldorf. „Das System ist vollständig reversibel, es erreicht eine hohe Dynamik und zeitliche Auflösung.“ Die Steuerung zellulärer Prozesse mit hoher räumlich-zeitlicher Auflösung helfe, die Dynamik biologischer Signalnetzwerke quantitativ zu verstehen und biotechnologische Anwendungen zu entwickeln.

Stoffwechselprozesse gezielt beeinflussen

Neben Beobachtungen ermöglicht die Methode auch gezielte Eingriffe in den Stoffwechsel der Pflanzen. So ist es den Forschern gelungen, bei der Ackerschmalwand und bei Tabak die Immunantwort der Pflanzen zu verändern. „Das optogenetische Werkzeug erlaubt, die Ausprägung wünschenswerter Eigenschaften bei einer Pflanze quasi zu programmieren“, schildert Rüdiger Simon von der Universität Düsseldorf. Damit könne PULSE das optogenetische Instrumentarium für die Pflanzenforschung erheblich erweitern und es in Zukunft erleichtern, gezielt biologische Prozesse wie Differenzierungs- und Entwicklungsprozesse, Hormonsignalwege und Stressantworten zu untersuchen und zu manipulieren.

bl

Aufmerksamen Käufern von Pflanzen sind sie in den vergangenen Monaten vielleicht schon aufgefallen, die kleinen Etiketten, die es seit Dezember 2019 gibt: Als Pflanzengesundheitspass sollen sie innerhalb der Europäischen Union die Ausbreitung gefährlicher Schädlinge verhindern und die Rückverfolgbarkeit von Zimmer-, Garten- und Balkonpflanzen, Pflanzenteilen und Saatgut ermöglichen. Für bestimmte Arten ist dieser Pass verpflichtend.

Produzent und Herkunftsland

Sowohl Pflanzen, die den stationären Einzelhandel erreichen, als auch Pflanzen, die über den Versandhandel direkt an Verbraucher geliefert werden, tragen diesen Aufkleber. Zwar richten sich die Informationen darauf an Kontrolleure und Behörden, doch auch Verbraucher können daraus entnehmen, von welchem Produzenten in welchem Herkunftsland das Produkt stammt und wie der botanische Name der Pflanze lautet.

Frei von Schädlingen

Vergeben wird der Pflanzengesundheitspass nur, wenn die jeweilige Pflanze unter pflanzengesundheitlichen Aspekten untersucht und für schädlingsfrei befunden wurde. Insbesondere soll so verhindert werden, dass sich Schädlinge in der Europäischen Union ausbreiten, die hier nicht heimisch sind und entsprechend große Schäden anrichten können. Beispiele dafür sind der Asiatische Laubholzbockkäfer, der gesunde Laubbäume befällt, sowie das Feuerbakterium Xylella fastidiosa, das in Süditalien bereits schwere Schäden im Olivenanbau verursacht.

Schnelle Bekämpfung

Der Pflanzengesundheitspass soll zudem im Falle eine Befalls ermöglichen, weitere Befallsherde schnell zu identifizieren und dadurch frühzeitig zu bekämpfen. Damit ähnelt er dem Pflanzengesundheitszeugnis, das im internationalen Handel zum Einsatz kommt und für Einfuhren in die Europäische Union vorgeschrieben ist.

Schädlinge melden

Wer als Klein- oder Hobbygärtner einen eingeschleppten Schädling entdeckt, sollte dies dem zuständigen Pflanzenschutzdienst seines Bundeslandes melden. Informationen dazu gibt es beim Julius-Kühn-Institut, das außerdem darüber informiert, worauf beim Onlinekauf von Pflanzen zu achten ist. Denn gerade dort werden immer wieder Pflanzen rechtswidrig ohne Pflanzengesundheitszeugnis oder Pflanzengesundheitspass angeboten.

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Attentive buyers of plants may have noticed them in recent months, the small labels that have been available since December 2019: As a plant health passport they are intended to prevent the spread of dangerous pests within the European Union and enable the traceability of indoor, garden and balcony plants, plant parts and seeds. This passport is mandatory for certain species.

Producer and country of origin

Both plants which reach the stationary retail trade and plants which are delivered directly to consumers by mail order bear this sticker. Although the information on it is aimed at inspectors and authorities, consumers can also find out from it which producer in which country of origin the product comes from and what the botanical name of the plant is.

Pest free

The plant passport is only issued if the plant in question has been examined from a phytosanitary point of view and found to be pest free. In particular, the aim is to prevent pests that are not indigenous to the European Union from spreading in the EU and causing major damage. Examples of this are the Asian longhorn beetle, which infests healthy broadleaf trees, and the bacterium Xylella fastidiosa, which is already causing severe damage to olive cultivation in southern Italy.

Quick combat

The plant passport should also make it possible, in the event of an infestation, to identify further infestations quickly and thus to control them at an early stage. It is therefore similar to the phytosanitary certificate used in international trade and required for imports into the European Union.

Reporting pests

Anyone who discovers an introduced pest as a small or hobby gardener should report this to the responsible plant protection service of his or her federal state. Information on this can be obtained from the Julius Kühn-Institut, which also provides information on what to look out for when buying plants online. It is precisely there that plants are repeatedly offered illegally without a phytosanitary certificate or plant passport.

Pflanzen haben zwar keine Nervenzellen, doch sie sind in der Lage, auf unterschiedlichste Reize ihrer Umwelt zu reagieren, sei es auf Wasser- und Nährstoffmangel oder auf Krankheitserreger. Der Informationsaustausch von Zelle zu Zelle erfolgt über Signalwege, die beispielsweise durch Pflanzenhormone wie das Phytohormon Auxin aktiviert werden können und die Entwicklung der Pflanze auch in Stresssituationen wie Dürre steuern. Wie jedoch der Informationsaustausch zwischen diesen Signalwegen abläuft, war bisher unklar.

Mehr als 2.000 Interaktionen analysiert

Forscher des Instituts für Netzwerkbiologie am Helmholtz Zentrum München haben nun gemeinsam mit Biologen der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München diese Wissenslücke geschlossen: Sie kartierten das Proteinnetzwerk von Pflanzen. Die Basis bildeten mehr als 17 Millionen Proteinpaare, die das Team auf wechselseitige Interaktionen überprüfte. Mithilfe moderner robotergestützter Methoden in Verbindung mit Verfahren der Bioinformatik wurden mehr als 2.000 Interaktionen zwischen Proteinen analysiert, um Signalwege und deren potenzielle Informationsknotenpunkte aufzuspüren.

Proteine kommunizieren in mehreren Signalwegen

Wie das Team im Fachjournal Nature berichtet, konnten so Hunderte Informationsknotenpunkte in den Pflanzen identifiziert werden, die bisher unbekannt waren. Genetische Untersuchungen brachten Erstaunliches ans Tageslicht: Die in der Studie getesteten Interaktionen zwischen Proteinen erfolgen nicht nur innerhalb eines Signalwegs, sondern auch zwischen verschiedenen Signalwegen. „Die meisten Proteine fungieren in mehreren Signalwegen. Im Gegensatz zu Studien, die ein oder wenige Proteine untersuchen, zeigen unsere Ergebnisse, zu welch hohem Grad die verschiedenen Signalwege physisch und funktionell miteinander verflochten sind“, sagt Melina Altmann, Erstautorin der Studie. „Wir glauben, dass wir damit eine grundlegende Funktionsweise entdeckt haben, der wir unbedingt weitere Aufmerksamkeit schenken müssen.“

Pflanzeninformationen gezielt verändern

Die Studie ist das Ergebnis langjähriger Forschung zum molekularen Netzwerk bei Pflanzen und Menschen. Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Europäischen Forschungsrat über einen ERC Consolidator Grant an Pascal Falter-Braun von der LMU unterstützt. „Diese Erkenntnis könnte zu neuen Strategien für die biotechnologische Entwicklung oder Züchtung von Pflanzen führen, um den Herausforderungen des Klimawandels in der Landwirtschaft zu begegnen“, sagt Falter-Braun. „In Zukunft könnten wir beispielsweise versuchen, die Informationsverarbeitung von Nutzpflanzen gezielt so zu verändern, dass die Pflanzen weniger Dünger und Pestizide benötigen oder resistenter gegen Dürreperioden sind.“

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Bevölkerungswachstum und Klimawandel stellen die Landwirtschaft als Nahrungs- und Futtermittelproduzent vor große Hausforderungen. Neben der Ernährungssicherung steht die Landwirtschaft schon heute unter dem Druck, den gesellschaftlichen Ansprüchen nach mehr Tierwohl sowie Umwelt-, Natur- und Klimaschutz gerecht zu werden. Wie die Landwirtschaft zukunftsfähiger werden kann, soll nun eine unabhängige Expertengruppe herausfinden. Die vom Bundeskabinett Anfang Juli eingesetzte „Zukunftskommission Landwirtschaft“ steht vor der Aufgabe, Empfehlungen für eine nachhaltige, ökonomisch tragfähige sowie sozial verträgliche und gesellschaftlich akzeptierte Landwirtschaft in Deutschland zu erarbeiten. 

Zielkonflikte lösen

31 Vertreter aus Landwirtschaft und Handel, Wissenschaft, Verbraucherschutz sowie von Tier- und Umweltschutzverbänden werden in den kommenden Monaten wichtige Zukunftsfragen im Agrarsektor erörtern. Ihre Ergebnisse sollen der Bundesregierung zufolge helfen, „bestehende Zielkonflikte aufzulösen - etwa zwischen dem Preisbewusstsein einerseits und steigenden Verbrauchererwartungen andererseits“. Vorsitzender der Zukunftskommission ist Peter Strohschneider, ehemaliger Vorsitzender des Wissenschaftsrates und früherer Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Lösungen für Tierwohl, Agrarpolitik und Umweltthemen

Ein Schwerpunktthema, mit dem sich die Expertengruppe befassen wird, ist die Zukunft der Tierhaltung. Dabei werden auch Fragen zum Tierwohl und zur Tiergesundheit erörtert. Ebenfalls auf der Agenda der Zukunftskommission: die Ausgestaltung der künftigen Agrarpolitik, die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Landwirtschaft sowie Umweltthemen wie Düngung, Gewässer- und Pflanzenschutz. Daneben sollen Strategien zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie der Beitrag der Landwirtschaft für die erneuerbaren Energien erörtert werden.

Ein erster Zwischenbericht der Zukunftskommission soll bereits im Herbst vorliegen. Im Sommer kommenden Jahres folgt der Abschlussbericht. 

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Population growth and climate change pose major challenges for agriculture as a food and feed producer. In addition to food security, agriculture is already under pressure today to meet society's demands for greater animal welfare as well as environmental, nature and climate protection. An independent group of experts is now to find out how agriculture can become more sustainable. The "Zukunftskommision Landwirtschaft" set up by the Federal Cabinet at the beginning of July is faced with the task of drawing up recommendations for sustainable, economically viable, socially responsible and publicly accepted agriculture in Germany. 

Resolve conflicting goals

31 representatives from agriculture and trade, science, consumer protection as well as animal and environmental protection associations will discuss important future issues in the agricultural sector over the coming months. According to the Federal Government, their results should help to "resolve existing conflicting goals - for example between price awareness on the one hand and rising consumer expectations on the other". Chairman of the Zukunftskommision is Peter Strohschneider, former Chairman of the German Science Council and former President of the German Research Foundation.

Solutions for animal welfare, agricultural policy and environmental issues

The future of animal farming will be a key topic that the expert group will deal with. Animal welfare and animal health issues will also be discussed. Also on the agenda of the Future Commission: the shape of future agricultural policy, the economic viability of agriculture and environmental issues such as fertilisation, water and plant protection. In addition, strategies for adapting to the consequences of climate change and the contribution of agriculture to renewable energies will be discussed.

A first interim report of the Zukunftskommision is to be available as early as autumn. The final report will follow in the summer of next year. 

Die Natur kennt keine Abfälle. Alle organischen Stoffe münden in Kreisläufe. Nach diesem Vorbild will die Bioökonomie organische Stoffströme für neue Verfahren und Produkte erschließen. Insbesondere die vermeintlichen Abfälle einer Metropolregion sind im Visier eines unkonventionellen Freiraumes, dem "Innovationsraum Bioökonomie im Ballungsraum - BioBall". Die vom Bundesforschungsministerium geförderte Maßnahme will aus dem Rhein-Main-Gebiet bis 2040 ein vorbildliches Modell für nachhaltige bioökonomische Wertschöpfung machen. „Wir bringen Menschen zusammen“, erklärt der Projektkoordinator Professor Thomas Bayer die Idee der Innovationsräume, „wenn man ein gemeinsames Ziel hat, ist der Aufwand viel kleiner.“

Lösungen für eine hoch industrialisierte Region

Das Ziel ist es, speziell angepasste Lösungen für einen hoch industrialisierten Ballungsraum zu finden. Eine Besonderheit ist der hohe Anteil des produzierenden Gewerbes. Daher habe BioBall nicht die Rohstoffe vom Feld im Visier. „Im Fokus sind Abfälle“, sagt Bayer, Vizepräsident Forschung der Provadis Hochschule. „Derzeit ist das Einsammeln vielfach noch zu teuer, um die Abfälle zu verwerten.“ Doch man wolle die Abfälle nicht wie vielfach üblich als Kompost nutzen oder Energie durch Verbrennen gewinnen. „Unser Ziel ist die stoffliche Verwertung. Wir schließen Kreisläufe und sparen CO2 ein.“ Indem man zum Beispiel das massenhaft in der Industrie entstehende CO2 direkt verwendet, entweicht es nicht mehr als Treibhausgas in die Atmosphäre. Gleichzeitig stehen nach der Verwertung in Bioraffinerien oder durch mikrobielle Elektrosynthese der Industrie wertvolle Basischemikalien zur Verfügung.

Das zeigt beispielhaft das im Februar gestartete Projekt GreenToGreen, eines der vier bislang geplanten Leitprojekte von BioBall. Die Ressource ist hier kommunaler Grünschnitt, bestehend aus Gras und Sträuchern, der an Wegrändern, Sportflächen, aber auch Friedhöfen anfällt. Häufig bleibt er einfach liegen, denn die Entsorgung kostet Geld. Oder er wird lediglich energetisch genutzt, etwa als Biotreibstoff im Verkehr und zum Heizen. „Spannend ist schon die Frage, welche Logistik die Verwertung des Grünschnitts überhaupt bedeutet. Mit welchen Verunreinigungen müssen wir rechnen? Stören etwa miteingesammelte Grabschleifen“, erklärt der Projektleiter Professor Dirk Holtmann von der TH Mittelhessen. Dazu tausche er sich regelmäßig mit Praxispartnern wie mit den Frankfurter Entsorgungsbetrieben und dem Grünflächenamt aus.

Bioraffinerien und Kohle-Elektroden

GreenToGreen erforscht drei Möglichkeiten, wie sich Gras und Zweige nachhaltig und gewinnbringend verwerten lassen. In Bioraffinerien kann man Grünschnitt extrahieren und etwa Aminosäuren gewinnen, die wiederum als Viehfutter dienen. Als Futter für Mikroorganismen in biotechnischen Anlagen lassen sich zudem Zuckermoleküle aus diesen Bioraffinerien nutzen. Ziel ist es, neuartige Bioraffinerien mit nachwachsenden Rohstoffen zu versorgen, der für die Erzeugung von Chemikalien, Werkstoffen oder Bioenergie geeignet ist. Auf diesem Weg will man kommunale Stoffströme an die „grüne“ chemische Industrie anbinden.

Eine zweite Möglichkeit ist die sogenannte Karbonisierung des Grünschnittes, „ähnlich wie Köhler aus Holz Holzkohle herstellen“, sagt Holtmann. „Damit erhalten wir günstige Elektroden für die Elektrobiotechnologie – die heute meist verwendeten Platin-Elektroden sind viel zu teuer.“ Auf diesen Kohle-Elektroden lassen sich Mikroorganismen ansiedeln und Biobrennstoffzellen bestücken. Solche Biofilme sind in der Lage, in Kläranlagen Abwasser zu reinigen und gleichzeitig Strom zu erzeugen.

Elektroaktive Mikroorganismen für hochwertige Produkte

Eine dritte spannende Möglichkeit aus dem vermeintlichen Abfall Neues zu schaffen, ist die mikrobielle Elektrobiosynthese. Dabei wachsen elektroaktive Mikroorganismen auf den Elektroden. Mit Hilfe von geringen Mengen Strom – idealerweise aus regenerativen Quellen – wandeln sie das Abgas CO2 in hochwertige Produkte um. Solche Produkte könnte man gewinnbringender verkaufen als Strom, glauben die beteiligten Forscher. Wie diese Prozesse funktionieren und wie stabil sie sind, sind zentrale Fragen des GreenToGreen-Projektes.

Gerade in einen Industrieraum fallen große Mengen an CO2 an und die gewonnenen Stoffe finden in unmittelbarer Nähe Abnehmer. Holtmanns Team erzeugt in dem Forschungsprojekt insbesondere Terpene, die vielfältige Anwendung in der Industrie finden, etwa bei kosmetischen und pharmazeutischen Produkten. Für Holtmann ist es wichtig, dass drei Industriepartner das Projekt GreenToGreen begleiten: „Wir wollen an der Praxis dranbleiben“. Es genüge nicht, dass es im Labor traumhaft klappt.

„Im Ballungsraum rund um Frankfurt finden wir eine industrielle Komponente und eine Forschungskomponente“, beschreibt der Koordinator Bayer. Diese und weitere Akteure will der Innovationsraum zusammenbringen. „Mit im Boot sind auch gesellschaftspolitische Player wie die Stadt Frankfurt oder die Wirtschaftsförderung Frankfurt.“ Man wolle sich mit Politik und Multiplikatoren treffen. Ein bisschen ist es auch wie auf einem Basar: Mancher Teilnehmer sucht in dem Kreis einen Rohstoff oder einen Abnehmer.

Innovationsräume organisieren sich selbst

Das Bundesforschungsministerium stellt dem Innovationsraum BioBall innerhalb von fünf Jahren bis zu 20 Mio. Euro zur Verfügung. Voraussetzung dafür ist, dass das Konsortium private Mittel einwirbt, sodass ein Anreiz entsteht, auch Industrie und Unternehmen an Bord zu holen. So soll die Förderaktivität nicht nur Freiraum für kreative Forschung schaffen, sondern auch für daraus entstehende Innovationen. Die Förderinitiative ist im November 2019 gestartet und bezweckt, dass fortlaufend weitere Partner dazu stoßen. Die Innovationsräume sollen sich selbst organisieren und selbstlernende Systeme darstellen.

Aktuell nehmen rund 60 Teilnehmer in den Projekten unter dem Dach von BioBall teil. „Weitere Interessenten sind herzlich willkommen“, betont Bayer. Der Innovationsraum BioBall versteht sich als Treiber des Strukturwandels zu einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaft unter den spezifischen Bedingungen einer dicht besiedelten und industrialisierten Metropolregion mit rund fünf Millionen Menschen. Regional angepasste Lösungen sind ein wichtiges Ziel der neuen Bioökonomiestrategie der Bundesregierung. Ein wesentlicher Schlüssel für den Erfolg der Bioökonomie liegt in passgenauen Lösungen.

Autorin: Ulrike Roll

Der Kohleausstieg ist beschlossen. 2038 sollen Förderung und Nutzung des fossilen Rohstoffs bundesweit ein Ende haben. So hat es die Bundesregierung Anfang Juli im Kohleausstiegsgesetz festgeschrieben. Regionen wie Sachsen-Anhalt und Brandenburg stehen nun vor der Herausforderung, einen Strukturwandel hinzulegen. In Mitteldeutschland soll die Bioökonomie als vielversprechender Wirtschaftszweig den dringend notwendigen Innovationenschub garantieren. Aus diesem Grund wollen das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biologische Prozesse CBP in Leuna und der Cluster BioEconomy in Halle ein BioEconomy HUB errichten.

Bioökonomische Geschäftsideen vorantreiben

Das neue Technologie- und Dienstleistungszentrum soll vor allem junge Unternehmen im Bereich der Bioökonomie auf ihrem Weg von der Idee hin zum marktreifen Produkt unterstützen. „Junge Firmen finden darin nicht nur ein räumliches Zuhause in Form von Büro- und Laborräumen, sondern können auch auf bereits vorhandene Pilotanlagen und etablierte Infrastrukturen, Dienstleistungen und Netzwerke zurückgreifen, die ihnen das Überleben in einer schwierigen Phase ihrer Geschäftsentwicklung sichern können", erklärt der Leiter des CBP, Gerd Unkelbach. „Das CBP geht dabei als Dienstleister zur Hand, vor allem mit seiner langjährigen Expertise und seinen Kapazitäten im Bereich der Skalierung von Bioraffinerieverfahren oder Prozessen der industriellen Biotechnologie. So begleiten wir Bioökonomie-Unternehmen."

BioEconomy HUB am Industriestandort Leuna

Der Neubau soll in direkter Nachbarschaft zum CBP in Leuna gebaut werden. Der BioEconomy HUB soll die Bereitstellung und den projektbezogenen Betrieb von Anlagen zur chemischen und biotechnologischen Konversion von nachwachsenden Rohstoffen einschließlich Produktionspersonal an einem zentralen Industriestandort gewährleisten. „Unternehmer im Bereich der Bioökonomie sehen sich mit besonderen Herausforderungen konfrontiert, bei denen wir ihnen helfen können", so Unkelbach. Daher soll das geplante Zentrum nicht nur ein Anlaufpunkt für junge Firmen sein, um kostengünstig marktreife Produkte entwickeln zu können. Auch für kleine und mittelständische sowie Großunternehmen stehen die Tore zur Entwicklung und Erweiterung bioökonomischer Geschäftsmodelle offen.

Effekte für Wirtschaft in der Region erwartet

Von der Innovationskraft des BioEconomy HUB versprechen sich die Initiatoren langfristige Effekte für verschiedenste Wirtschaftszweige in Sachsen-Anhalt wie etwa für die Zucker-, Stärke-, Holzwerkstoff- oder Zellstoffindustrie, aber auch für den gesamten Standort Mitteldeutschland. Die universitäre Forschung soll von der Nähe des Technologiezentrums ebenfalls profitieren.

„Die Bioökonomie ist für Sachsen-Anhalt und den mitteldeutschen Raum eine hochpriorisierte Zukunftsbranche. Unser Ziel ist es, wirtschaftliche Wachstumskerne zu etablieren und neue biobasierte Wertschöpfungsketten – auf dem regional Vorhandenen aufsetzend – weiter auf- und auszubauen", erklärt der Geschäftsführer der BioEconomy Cluster Management GmbH, Matthias Zscheile.

Noch befindet sich der Bau des BioEconomy HUB in der Konzeptionsphase. Die Initiatoren hoffen, weitere Partner aus Forschung und Industrie ins Boot holen zu können. „Je breiter die Unterstützung ist, die wir erhalten, desto schneller und effizienter wird der Bioeconomy HUB seine Wirkung entfalten", sagt Zscheile.

Modellregion für nachhaltige Chemie

Die Großchemie ist seit Jahrhunderten in Leuna etabliert. Seit 2012 betreibt das Fraunhofer CBP dort ein Bioraffinerie-Forschungszentrum. 2022 soll hier die weltweit erste großindustrielle Bioraffinerie zur chemischen Verarbeitung von Buchenholz in Betrieb gehen. Die finnische UPM, einer der weltweit führenden Hersteller von Papier-, Zellstoff- und Holzprodukten, will dafür 550 Mio. Euro investieren. CBP-Chef Unkelbach ist überzeugt, dass der mit dem Kohleausstieg verbundene Strukturwandel für Sachsen-Anhalt die Chance ist, in Deutschland zur Modellregion für eine nachhaltige Chemie zu werden.

bb

The coal exit has been decided. In 2038, the extraction and use of the fossil raw material is to come to an end nationwide. This was laid down by the German government in the Coal Exit Act at the beginning of July. Regions like Saxony-Anhalt and Brandenburg are now facing the challenge of structural change. In Central Germany, the bioeconomy as a promising economic sector is expected to guarantee the urgently needed innovation push. For this reason, the Fraunhofer Center for Chemical-Biological Processes CBP in Leuna and the BioEconomy Cluster in Halle intend to establish a BioEconomy HUB.

Driving forward bioeconomic business ideas

The new technology and service centre is primarily intended to support young companies in the field of bioeconomy on their way from idea to marketable product. "Young companies not only find a physical home here in the form of office and laboratory space, but can also draw on existing pilot plants and established infrastructures, services and networks, which can help them to survive in a difficult phase of their business development," explains the head of CBP, Gerd Unkelbach. "CBP acts as a service provider, especially with its many years of expertise and its capacities in the field of scaling up biorefinery processes or industrial biotechnology processes. This is how we assist bioeconomy companies."

BioEconomy HUB at the industrial site of Leuna

The new building is to be constructed in the direct vicinity of Fraunhofer CBP in Leuna. The BioEconomy HUB is to ensure the provision and project-related operation of facilities for the chemical and biotechnological conversion of renewable resources including production personnel at a central industrial site. "Entrepreneurs in the bioeconomy are faced with special challenges that we can help them with," said Unkelbach. Therefore, the planned centre should not only be a contact point for young companies to develop marketable products at low cost. The gates for the development and expansion of bioeconomic business models are also open to small and medium-sized as well as large companies.

Effects expected for the region's economy

The initiators hope that the innovative power of the BioEconomy HUB will have long-term effects for various branches of industry in Saxony-Anhalt, such as the sugar, starch, wood-based panel or cellulose industry, but also for Central Germany as a whole. University research should also benefit from the proximity of the technology centre.

"The bioeconomy is a high priority future industry for Saxony-Anhalt and the Central German region. It is our goal to establish economic growth cores and to further establish and expand new biobased value creation chains - building on what already exists in the region," explains Matthias Zscheile, CEO of BioEconomy Cluster Management GmbH.

The construction of the BioEconomy HUB is still in the conception phase. The initiators hope to bring further partners from research and industry on board. "The wider the support we receive, the faster and more efficient the Bioeconomy HUB will be able to make its impact," says Zscheile.

Model region for sustainable chemistry

Industrial chemistry has been established in Leuna for centuries. The Fraunhofer CBP has been operating a biorefinery research center there since 2012. In 2022, the world's first industrial scale biorefinery for the chemical processing of beech wood is to go into operation here. Finnish UPM, one of the world's leading producers of paper, pulp and wood products, plans to invest EUR 550 million in this project. CBP boss Unkelbach is convinced that the structural change for Saxony-Anhalt associated with the coal phase exit is the chance for it to become a model region for sustainable chemistry in Germany.