Designer-Petrischalen für die Zellkultur

Designer-Petrischalen für die Zellkultur

Martin Bastmeyer

Beruf:
Promovierter Biologe
 
Position:
Professor für Zell- und Neurobiologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Martin Bastmeyer
Vorname
Martin
Nachname
Bastmeyer

Beruf:
Promovierter Biologe
 
Position:
Professor für Zell- und Neurobiologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Martin Bastmeyer

Martin Bastmeyer ist Entwicklungsbiologe und Zellforscher. Mit der Entwicklung neuartiger 3D-Petrischalen will der Karlsruher Forscher die Zellkultur deutlich verbessern.

Als Trendsetter würde sich Martin Bastmeyer nicht bezeichnen. Und doch ist er einer der Ersten, der die Chancen des 3D-Druckes für die Zellbiologie erkannte, als die Technologie hierzulande noch in den Kinderschuhen steckte. Im September wurde der Karlsruher Forscher für die Entwicklung der ersten 3D-Designer-Petrischale mit dem Erwin-Schrödinger-Preis der Helmholtz-Gemeinschaft ausgezeichnet, gemeinsam mit dem Physiker Martin Wegener und dem Chemiker Christopher Barner-Kowollik.

In Trier aufgewachsen begeisterte sich Bastmeyer wie andere Kinder auch für die Natur und sammelte Käfer. „Anfangs interessierte mich eher die klassische Biologie. Erst im Hauptstudiengang habe ich gemerkt, dass mich die Zellbiologie doch wesentlich mehr interessiert als die Zoologie.“ Während seines Biologiestudiums und der anschließenden Promotion an der Universität Kaiserslautern rückte zunehmend die Entwicklungsneurobiologie in den Fokus des Biologen. „Diese Disziplin war damals in dem spannenden Stadium, in dem man sich von Beschreibenden weg hin zu den molekularen Mechanismen bewegte“, erinnert sich Bastmeyer.

Neue Technologien im Visier

Grundlegende Fragen, wie eine Zelle auf molekularer Ebene funktioniert oder wie Signale verarbeitet werden, treiben Bastmeyer bis heute an. Dabei bewegte er sich abseits bewährter Pfade und hielt stets Ausschau nach neuen Technologien, die seine Suche nach Antworten unterstützen können. So entdeckte er Mitte der 1980-iger Jahre die Videomikroskopie für seine Doktorarbeit, als die Elektronenmikroskopie noch das Standardwerkzeug im Labor war. „Ich habe früh angefangen, mir neue Techniken anzueignen, ehe es andere Leute gemacht haben“, sagt der Forscher.
 
Nach seiner Dissertation forschte Bastmeyer in Tübingen am Max-Planck-Institut für Biologie, am Lehrstuhl für Entwicklungsneurobiologie an der Universität Konstanz und am Salk Institute in San Diego. Nach weiteren Jahren in Konstanz und einer ersten Professur für Neurobiologie an der Universität Jena kam er 2004 an die Universität Karlsruhe, dem heutigen KIT, wo er seither lehrt und forscht.

Der Blick über den Tellerrand seines eigenen Fachbereiches ist für den Entwicklungsneurobiologen selbstverständlich. Bereits 1995 hatte eine damals eher zufällige Zusammenarbeit mit Physikern in Konstanz, dem Forscher ein neues Werkzeug zur Zellkultivierung in die Hand gegeben. „Dadurch habe ich wieder völlig neue Techniken kennengelernt und konnte anfangen, Zellen auf zweidimensionalen, mikrostrukturierten Substraten zu kultivieren“.

Umgebung der Zellen simulieren

Doch die seit über einem Jahrhundert bewährte Tradition, Zellen in der Kulturschale zu züchten und zu analysieren, stößt an Grenzen. Der Grund: In der Petrischale verhalten sich Zellen anders als im Körper. „In unserem Körper kommen Zellen in einer komplexen dreidimensionalen weichen Umgebung vor. Um Zellen adäquat zu erforschen, ist es daher wichtig, die Prozesse, die in der Umgebung ablaufen, möglichst real abzubilden“, erklärt Bastmeyer. Eine Zellkultur zu etablieren, deren Bedingungen so sind, wie sie im Körper herrschen, ist das Ziel des Forschers. Die damals aufkommende 3D-Technologie schien die Lösung zu sein.
 
Zellen in 3D zu kultivieren, ist ein großer Trend in der Biomedizin. Bastmeyer fehlt es aber an der Systematik, welche eine Quantifizierung der einzelnen Parameter ermöglicht. „Es gibt ganz viele verschiedene Faktoren, die auf die Zellen einwirken und die muss man einzeln kontrollieren können“.

Mikrogerüste in 3D bauen

2005 wurde der Biologe auf die Arbeit von Wegener am Nachbarinstitut für Angewandte Physik und Nanotechnologien in Karlsruhe aufmerksam. Der Physiker befasste sich damals mit laserbasierter Lithografie. Hier wurden Mikrogerüste mithilfe eines Lasers in einen speziellen Fotolack geschrieben, der einer 3D-Schicht gleicht. Konkret heißt das: Der Fotolack härtet nur an den Stellen aus, die der Laserstrahl belichtet. So entsteht ein Gerüst. Bastmeyers Vorschlag, auf diesem Mikrometer großen 3D-Gestell Zellen züchten zu wollen, stieß anfangs auf wenig Begeisterung bei seinem Kollegen: „Er war, glaube ich, etwas verwundert. Aber ein paar Monate später sagte er, wir können das mal ausprobieren“.

2008 bekam das Duo Unterstützung von dem Chemiker Christoph Barner-Kowollik vom Institut für technische Chemie und Polymerchemie. Er entwickelte schließlich Fotolacke, die eine gezielte Funktionalisierung ermöglichen. Somit konnten nun Biomarker punktgenau angebraucht werden, mit denen die Zellen wechselwirken können.

Zellreaktionen im Modell beobachten

Das Gebilde selbst gleicht einem Hocker, dessen Beine durch ein Gitter verbunden sind. Seit vier Jahren ist das 3D-Gestell einsatzbereit. Nicht nur die 3D-Architektur, sondern auch die Beschaffenheit des Gebildes können bestimmt werden. „Inzwischen können wir zwei bis drei Signalmoleküle gezielt in dem 3D-Gerüst unterbringen. Wir können entscheiden, welche Proteine wo angebracht werden und analysieren, wie die Zelle reagiert“, erklärt Bastmeyer nicht ohne Stolz.

Herzmuskel-, Bindegewebsbildungs- und auch Stammzellen konnte der Karlsruher Forscher auf dieses Weise bereits kultivieren und analysieren. Als nächstes will er Nervenzellen in dieser Umgebung untersuchen. Momentan sieht Martin Bastmeyer das preisgekrönte Werk noch als ein Werkzeug der Grundlagenforschung. „Wir denken aber natürlich darüber nach, die Prozesse schneller und großflächiger zu machen und irgendwann in eine Anwendung zu gehen“. Anhand des dreidimensionalen Mikrogerüsts könnten beispielsweise Gewebemodelle für die Pharmaforschung gedruckt werden und so eine Alternative zu den umstrittenen Tierversuchen sein.

Autorin: Beatrix Boldt