„Klimawandel und Landnutzung hängen eng zusammen“
Almut ArnethBeruf:
Ökosystemforscherin, promovierte Umweltphysikerin
Position:
Professorin am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Leiterin der Arbeitsgruppe Modellierung Globaler Landökosysteme
Beruf:
Ökosystemforscherin, promovierte Umweltphysikerin
Position:
Professorin am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Leiterin der Arbeitsgruppe Modellierung Globaler Landökosysteme
Leibniz-Preisträgerin Almut Arneth erforscht die Wechselwirkungen und Rückkopplungen zwischen Landökosystemen und dem Klimawandel.
Berichte des Weltklimarates zeigen, wie stark Hitze- und Dürreperioden in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen haben. Die Folgen sind Ernteausfälle, Überschwemmungen und Waldbrände. Auch die Artenvielfalt ist bedroht und nimmt immer mehr ab – nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit, wie der Weltbiodiversitätsrat resümiert. Almut Arneth ist überzeugt: Klimawandel und Landnutzung hängen eng zusammen. Die Forscherin untersucht die Wechselwirkungen und Rückkopplungen zwischen Landökosystemen und Klimawandel. Mit ihrer Forschung will die promovierte Umweltphysikerin zu einem besseren Verständnis der Abhängigkeiten von Klimaveränderungen und Ökosystemen beitragen. Dafür wurde sie in diesem Jahr mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet.
Wie wirken die Klimaveränderungen auf unsere Ökosysteme an Land?
Unterschiedlich – je nachdem, in welcher Region man sich befindet. In vielen Gegenden, wo es bereits jetzt heiß und trocken ist, werden sich diese Trends beispielsweise verstärken. In heute eher kühlen Regionen führen wärmere Temperaturen zu einer Verschiebung der Wachstumszeiten. Der Weltklimarat hat im letzten Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe 1 auch ganz klar herausgearbeitet, dass sich die Wahrscheinlichkeit und Intensität extremer Wetterereignisse wie Dürre und Hitzewellen bereits heute gegenüber der vorindustriellen Zeit erhöht hat – mit Einflüssen wie Ernteausfällen, erhöhte Gefahr an Feuern, aber auch Überflutungen. In Folge eines wärmeren Klimas verschieben sich Vegetationsgrenzen zum Beispiel nach Norden. Generell erwarte man, dass wärmeangepasste Pflanzen und Tiere mit dem Klima mitwandern. Letzteres gelingt nicht immer, da Hindernisse wie Gebirge oder auch urbane Räume dem im Weg stehen, und dann ist ein neuer Lebensraum natürlich nicht nur durch die passende Temperatur definiert, hier müssen viele Faktoren zusammenspielen.
Und wie hat die Landnutzung das Klima beeinflusst?
Landnutzung ist eine massive Quelle von Treibhausgasemissionen. Durch CO2- Freisetzung, wenn etwa Wälder, Savannen oder Moore in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt werden, aber auch durch Methanfreisetzung aus Reisanbau und Viehzucht und durch Lachgasemissionen aus Düngemitteleinsatz. Gleichzeitig nehmen aber Wälder auch CO2 aus der Atmosphäre auf. Im letzten Bericht des Weltklimarats wird der AFOLU-Sektor (agriculture, forestry and other land use) mit 22 % der anthropogenen Treibhausgasemissionen beziffert.
Mit welchen Methoden konnten Sie die Wechselwirkung nachweisen?
Klimawandel und Landnutzungswandel hängen in der Tat eng zusammen und sind auch verflochten mit eigentlich allen Nachhaltigkeitszielen. Um die sehr komplexen Wechselwirkungen zu verstehen, benötigt es unterschiedlichste Methoden, unterschiedlichster wissenschaftlicher Communities. Direkte Messungen, um etwa Treibhausgasquellen oder -senken zu quantifizieren und zu erkennen, wie sich Klima und Landmanagement auswirken. Satellitenbasierte Beobachtungen werden auch immer wichtiger, sowohl was die Messung von Treibhausgaskonzentrationen anbelangt, aber auch um Landnutzungsänderungen besser zu quantifizieren. Und natürlich nutzen wir verschiedenste Modellrechnungen, die zum einen helfen, globale Abschätzungen zu erreichen, da Feldmessungen eben nicht auf der ganzen Welt durchgeführt werden können, mit denen man aber auch in die Zukunft projizieren kann. Und schließlich ist es auch nötig, Ergebnisse von naturwissenschaftlicher Methodik mit solchen aus den Sozialwissenschaften und der Ökonomie zu verknüpfen.
Welche Rolle spielen globale Kohlenstoffquellen beim Zusammenspiel von Ökosystem und Klima und wie werden diese durch die Landnutzung verändert?
Wie sich der Kohlenstoffzyklus in Landökosystemen verändern wird, ist eine ganz große Unsicherheit und schwierig vorherzusagen. Erwärmung oder Trockenheit führen häufig zu einer Abnahme der CO2-Bindung in Pflanzen und Erwärmung zu einer vermehrten Freisetzung aus Böden oder Mooren. Heutige CO2-Senken können durchaus zu CO2-Quellen werden. Der Anstieg an CO2 in der Atmosphäre führt aber auch zu einer Förderung der Photosynthese und zu verstärktem Wachstum. Ob das aber weiterhin der Fall ist, wissen wir schlicht noch nicht, weil hier auch andere Faktoren, wie der Nährstoffgehalt des Bodens eine Rolle spielen. Momentan ist es so, dass die weltweiten Landökosysteme jedes Jahr knapp 30 % der gesamten anthropogenen CO2-Emissionen der Atmosphäre wieder entziehen und so den Klimawandel substanziell abschwächen. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist daher, die bestehenden Senken weitestgehend zu erhalten – sprich die weitere Abholzung von Wäldern und die Zerstörung von Savannen und Feuchtgebieten so schnell als möglich zu stoppen. Auch müssen Wege gefunden werden, Ökosysteme zu renaturieren, ohnedass dies mit anderen Nachhaltigkeitszielen wie Nahrungsmittelproduktion in Konflikt gerät. Das hat dann einen großen Mehrwert für die Biodiversitätsziele und viele andere positive Nebenwirkungen für menschliche Gesellschaften.
Aber ganz wichtig ist, dass wir endlich ernsthaft anfangen, Emissionen zu reduzieren. Bäume pflanzen, ist zwar gut. Das Klima retten werden wir damit aber nicht.
Was sind die Stellschrauben, um Landökosysteme für Klimaveränderungen fit zu machen?
Da gibt es viele, diese müssen aber gut zusammenpassen. Hier ist vor allem die Politik gefragt. Subventionen sind heute in vielen Bereichen noch fehlgeleitet. Landwirtschaftspolitik, Klimapolitik, Umweltschutz finden sich oft in unterschiedlichen Ressorts. Für mich als Wählerin drängt sich doch immer wieder mal der Gedanke auf, dass diese sich vielleicht nicht immer optimal abstimmen. Wir sind auch einfach zu viele Menschen auf diesem Planeten und ein kleiner Teil davon hat einen viel zu hohen Pro-Kopf-Verbrauch. Einer allein kann die Probleme dieser Welt nicht lösen, hier braucht es wirklich die Politik.
Interview: Beatrix Boldt