Bioökonomie-Netzwerke verstehen

Bioökonomie-Netzwerke verstehen

Alex Giurca


Beruf:
Forstingenieur

Position:
Doktorand an der Professur für Forst- und Umweltpolitik, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Alex Giurca
Vorname
Alex
Nachname
Giurca


Beruf:
Forstingenieur

Position:
Doktorand an der Professur für Forst- und Umweltpolitik, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Alex Giurca

Mit einer Netzwerkanalyse ergründet das Team um Alex Giurca an der Universität Freiburg die Beziehungen zwischen Akteuren der holzbasierten Bioökonomie in Deutschland und vergleicht sie mit Finnland und Schweden.

Holz ist ein wichtiger Rohstoff für die biobasierte Wirtschaft. Ein wichtiger Holzbestandteil ist die Lignozellulose, die beispielsweise für Baustoffe und zur Papierherstellung genutzt wird und in Bioraffinerien in seine Unterbestandteile zerlegt wird. Forstingenieur Alex Giurca untersucht an der Universität Freiburg im Breisgau, wie wirtschaftliche Akteure in Sachen Lignozellulose miteinander vernetzt sind. Im Projekt „Lignozellulose basierte Bioökonomie: Akteure und Beziehungen“ hat er die Situation in Deutschland untersucht. Die Netzwerkanalyse soll nun auf skandinavische Länder ausgeweitet werden. Das Projekt gehört zum Forschungsverbund Lignozellulose der Bioökonomieforschung in Baden-Württemberg.

Frage

Worum geht es in Ihrem aktuellen Forschungsprojekt und was ist das Ziel?

Antwort

Ziel des Forschungsprojektes ist es, die Beziehungen zwischen den Akteuren der holzbasierten Bioökonomie aufzuzeigen. Wir führen eine Netzwerkanalyse durch und beleuchten dabei insbesondere die sozialen Aspekte. Hauptsächlich möchten wir verstehen, was der Wandel hin zu einer holzbasierten Bioökonomie eigentlich bedeutet. Was beinhaltet der Begriff und welche Akteure sind daran beteiligt? Letztendlich wollen wir die Frage klären: Ist ein solcher Wandel überhaupt möglich?

Frage

Wie gehen Sie für die Netzwerkanalyse methodisch vor?

Antwort

In zwei Schritten. Zunächst versuchen wir mithilfe einer Online-Umfrage eine Netzwerkkarte aufzubauen. Dadurch wird die Struktur des Netzwerks analysiert und zentrale Akteure identifiziert. In einem zweiten Schritt werden die in der Netzwerkanalyse als zentral identifizierten Akteure mit qualitativen, problemzentrierten Interviews befragt, um übereinstimmende und in Konflikt stehende Überzeugungen zu identifizieren. Wir führen dieselbe Analyse in drei Ländern durch: Deutschland, Finnland und Schweden.

Frage

Was haben Ihre bisherigen Analysen über das Netzwerk in Deutschland ergeben?

Antwort

Es existiert hierzulande ein ziemlich dicht verbundenes "strategisches" Bioökonomie-Netzwerk, in dem die Akteure vor allem Information und Wissen austauschen. Ein paar Organisationen sind zentral für das Netzwerk und fungieren als "Broker", die verschiedene Segmente des Netzwerks verbinden. Die meisten dieser zentralen Organisationen vertreten nationale Forschungsinstitute und etablierte Industrien, die von den Bundesministerien unterstützt werden. Viele dieser Organisationen kommen aus Branchen wie Ressourcenmanagement, Chemie und Technik. Überraschend dabei ist, dass nur wenige Vertreter der „klassischen“ Forst- und Holzindustrie dabei sind. Umweltverbände und Bürgergesellschaften sind auch unterrepräsentiert. Die teilnehmenden Organisationen sind nur wenige Male im Jahr miteinander im Kontakt. Trotz schwacher Verbindungen berichten Teilnehmer über ein hohes Maß an Vertrauen in Bezug auf ihre Zusammenarbeit. Die befragten Akteure sehen in der Bioökonomie viele Entwicklungschancen. Allerdings variieren die verschiedenen Bedeutungen und politischen Präferenzen, die mit diesen Überzeugungen verbunden sind. Angesichts dieser geringen Häufigkeit des Kontakts und der Abwesenheit einer gemeinsamen, politischen Vision ist es schwer für das Bioökonomie-Netzwerk, kollektive Maßnahmen zu initiieren.

Frage

Was sind die nächsten Schritte?

Antwort

Wir haben neulich die erste Netzwerkkarte für die holzbasierte Bioökonomie in Deutschland produziert. Diese wird in Kürze veröffentlicht. Danach hoffen wir, Feedback und Anmerkungen von unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu bekommen. Die Idee ist, diese Netzwerkkarte laufend zu verbessern. Ende dieses Jahres werden wir mit zentralen Akteuren mehr über Ihre Visionen und Erwartungen diskutieren. Dasselbe werden wir auch in Schweden und Finnland machen.

Frage

Wie könnten die Akteure später von dem Netzwerk und Ihrer Netzwerkanalyse profitieren?

Antwort

Unsere Ergebnisse könnten genutzt werden, um bestimmte Bereiche des Netzwerkes zu diversifizieren, zu erweitern und sogar zu stärken. Die etablierten Akteure des Netzwerks können abwägen, inwiefern eine Öffnung des Netzwerks für andere Akteure und Stakeholder-Gruppen dazu beitragen könnte, das Know-how des Netzwerks zu stärken und Innovationen zu fördern. Vorstellbar sind hier unter anderem Bürger, die Holz- und Forstwirtschaft und Verbände. Ein interessantes Spin-off dieses Projektes ist zudem die „Live-Bioökonomiekarte“, durch welche verschiedene Stakeholder das Netzwerk erkunden und in Echtzeit mitgestalten können.

Interview: Britta Pollmann