Abwässer für die Hydroponik nutzen
Martina WinkerBeruf:
promovierte Agrarökologin
Position:
Leiterin des Forschungsschwerpunktes Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen am ISOE in Frankfurt/am Main
Beruf:
promovierte Agrarökologin
Position:
Leiterin des Forschungsschwerpunktes Wasserinfrastruktur und Risikoanalysen am ISOE in Frankfurt/am Main
Im Projekt "HypoWave" wollen Frankfurter Forscher um die Agrarökologin Martina Winker erstmals kommunale Abwässer für die hydroponische Pflanzenzucht so aufbereiten, dass Nähstoffe gewonnen und zugleich der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft reduziert wird.
Auf der Suche nach wassersparenden Konzepten für die Landwirtschaft geraten immer häufiger Kläranlagen ins Visier der Forscher. Im Verbundprojekt "HypoWave" wollen Wissenschaftler um die Frankfurter Agrarökologin Martina Winker erstmals eine Methode entwickeln, um regionale Abwässer effektiver für die Pflanzenzucht zu nutzen. Im Fokus steht dabei die Hydroponik. Hierbei werden Pflanzen statt mit Erde mit einer Nährlösung versorgt. Um zu untersuchen, ob und wie die hydroponische Pflanzenproduktion durch die Nutzung aufbereiteter Abwässer effektiviert werden kann, entsteht auf dem Gelände einer Kläranlage bei Wolfsburg derzeit eine Pilotanlage. Das Vorhaben wird vom Bundesforschungsministerium (BMBF) mit insgesamt 2,1 Mio. Euro gefördert.
Um den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft zu senken, setzt „HypoWave“ auf die Wiederverwertung von Abwässern. Was macht Schmutzwasser so nachhaltig?
Die Nachhaltigkeit des Ansatzes hydroponische Systeme beruht auf unterschiedlichen Aspekten: Zum einen wird deutlich weniger Wasser und Fläche benötigt als in einer herkömmlichen auf Bewässerung beruhenden Landwirtschaft. Zum anderen können die Nährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kalium und auch die Mikronährstoffe, die im Abwasser enthalten sind und die Pflanzen für ein gesundes Wachstum benötigen, so direkt wieder genutzt werden.
Welches Ziel verfolgt das Verbundprojekt?
Bisher gibt es keine etablierten Systeme, in denen hydroponische Systeme mit gezielt aufbereitetem Abwasser betrieben werden. Es handelt sich hierbei um eine Innovation. Das gemeinsame Ziel der zwölf Partner im Verbundprojekt "HypoWave" ist es, dieses innovative Konzept in einer Pilotierung zu erproben und dann mittels der Analyse des institutionellen Rahmens, durch Fallstudien in anderen Regionen sowie über eine Wirkungsanalyse das Marktpotenzial für die Innovation zu bestimmen.
Die Hydroponik ist eine bereits weitverbreitete Methode, um bei der Pflanzenproduktion Wasser zu sparen. Warum haben sie die Hydroponik als Versuchsfeld gewählt?
Richtig, die Pflanzenproduktion im hydroponischen System ist ein wachsender Markt, da hierbei ein höherer Ertrag bei geringeren Wasser- und Flächenbedarfen erzielt werden kann. Dies macht die Technik sehr attraktiv in Zeiten, in denen Klimawandel und steigende Wasserknappheit unsere Diskussionen bestimmen. 70% des Wasserbedarfs gehen in die Landwirtschaft. Wir möchten prüfen, ob wir durch den Verzicht auf Trinkwasser und die Nutzung der Nährstoffe aus Abwässern diese Art der Pflanzenproduktion noch effizienter und ressourcenschonender gestalten können. Wichtig ist hierbei auch, die Beziehungen zwischen Siedlungswasserwirtschaft und Landwirtschaft genauer zu untersuchen. Bisher bestehen hier nahezu keine Kontakte und Kooperationen. Das heißt, diese müssen erst entwickelt und etabliert werden, um die Realisierung solch eines Konzeptes dann auch tatsächlich möglich zu machen. Das ist ein wichtiges Element unserer Forschung.
Wie steht es um den Geschmack von Gurken oder Tomaten, die in gereinigtem Abwasser gezogen wurden? Ist das Aroma gefährdet?
Die Aromaqualität vorherzusagen, ist wohl bei jedem neuen, nicht erprobten Anbau schwierig und für uns zum jetzigen Zeitpunkt, wo wir uns noch im Aufbau der Pilotierung befinden, auch nicht möglich. Aber grundsätzlich ist es so, dass es darauf ankommt, optimale Wachstumsbedingungen und damit die nötigen Voraussetzungen für ein gutes Aroma zu schaffen und die Pflanzen mit den nötigen Mengen an Wasser, Nährstoffen, Licht etc. zu versorgen. Den Pflanzen ist es dabei egal, aus welcher Quelle dieselben stammen.
Was sind Ihre nächsten Aufgaben?
Wir befinden uns noch ganz am Anfang in der Erprobung unserer innovativen Idee. Aktuell sind die Projektpartner dabei, auf der Kläranlage Hattorf die Pilotierung aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Parallel dazu haben die Untersuchungen des institutionellen Rahmens begonnen. In dieser Vegetationsperiode stehen somit die Untersuchungen in der Pilotierung und die Gespräche mit den Akteuren aus Siedlungswasserwirtschaft, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie als auch den relevanten Behörden und Ämtern im Fokus.
Interview: Beatrix Boldt