Polen

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Polens Bioökonomie basiert vor allem auf der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Lebensmittelproduktion, mit wachsendem Potenzial im Bereich nachwachsender Rohstoffe und Bioenergie. Der Fokus liegt zunehmend auf Innovationen zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur Förderung einer nachhaltigeren Wirtschaft.

Politik und Förderung

Polens Bioökonomiepolitik befindet sich im Aufbau und ist eng mit strategischen Zielen zur nachhaltigen Entwicklung, der Innovationsförderung sowie der Nutzung erneuerbarer Rohstoffe im Land verknüpft. Eine separate Bioökonomiestrategie existiert nicht, wichtige Elemente einer biobasierten Wirtschaftsweise sind jedoch vor allem in zwei übergeordneten Dokumenten verortet: Strategy for Responsible Development (2017, kurze Zusammenfassung in ENG) und Strategy for Sustainable Rural, Agricultural and Fisheries Development 2030 (Update 2023, kurze Zusammenfassung).  

In beiden Dokumenten werden insbesondere die Entwicklung regionaler Wertschöpfungsketten als Säule einer resilienten Bioökonomie, die Förderung der Kreislaufwirtschaft durch effizientere Nutzung von Neben- und Reststoffen sowie die verstärkte Nutzung heimischer biologischer Ressourcen betont. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bereiche Land- und Forstwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung sowie die stoffliche und energetische Biomassenutzung (z. B. Biogas, Biokraftstoffe). Mit beiden Strategien zielen die politisch Verantwortlichen auf eine nachhaltige ländliche Entwicklung, einen Technologietransfer in die Regionen und eine Stärkung der nationalen Wertschöpfung bei gleichzeitiger Reduktion ökologischer Belastungen ab. Die Koordination und die Ausgestaltung dieser Pläne liegen bei den Ministerien für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (MRiRW), Klima und Umwelt (MKiS) sowie Bildung und Wissenschaft (MEiN). Eine Schlüsselrolle übernimmt zudem das Nationale Zentrum für Forschung und Entwicklung (NCBR), das technologieorientierte Förderprogramme im Bereich Biotechnologie, biobasierte Materialien und Bioenergie umsetzt.

Der politische Schwerpunkt liegt insgesamt auf der Stärkung nationaler Innovationskapazitäten, der Entwicklung biobasierter Märkte und dem Ausbau der Bioökonomie als Beitrag zur wirtschaftlichen Diversifizierung. Vor dem Hintergrund, dass Polen nach wie vor stark von Kohle abhängig ist – aktuell stammt etwa die Hälfte des Stroms aus fossilen Quellen – wird die Bioökonomie zugleich als strategisches Instrument betrachtet, um mittelfristig den Kohleanteil im Energiemix zu senken. 

Wissenschaft

Polens Wissenschaftslandschaft zur Bioökonomie ist solide aufgestellt, bewegt sich im europäischen Mittelfeld und ist stark auf angewandte Forschung und sektorübergreifende Kooperationen ausgerichtet. Eine zentrale Rolle spielt der Polish National Hub im Rahmen der BIOEAST-Initiative, der als nationales Kompetenzzentrum für bioökonomische Strategien, Wissensvernetzung und EU-Anbindung dient.

Wichtige Forschungsakteure sind unter anderem die Institute für Biotechnologie und Antibiotika (IBA) in Warschau, Agrar- und Lebensmittelbiotechnologie (IBPRS), nachhaltige Technologien (ITeE-PIB) in Radom. Besonders aktiv ist auch die Polnische Akademie der Wissenschaften (PAN), die mehrere Institute mit Fokus auf Biomasse, Bioenergie, Agrarökologie und industrielle Biotechnologien betreibt. Zudem ist letztere maßgeblich an der überregionalen Wissenschaftskoordination beteiligt.

Im Hochschulbereich gilt die Universität für Naturwissenschaften in Posen (UPP) mit ihrem Bioeconomy Centre als akademisches Zentrum für interdisziplinäre Bioökonomieforschung und Lehre. Studiengänge zu Biotechnologie, Bioenergie und nachhaltiger Ressourcennutzung bestehen auch an anderen Universitäten, darunter Warschau und Lodz. Insgesamt festigt Polen seine Position in der europäischen Bioökonomieforschung zunehmend durch internationale Vernetzung und institutionellen Kapazitätsaufbau. 

Wirtschaft

Die Bioökonomie gewinnt in der polnischen Wirtschaft sukzessive an Bedeutung, ihr BIP-Anteil liegt bislang jedoch noch unter dem EU-Durchschnitt. Besonders stark sind die Land- und Forstwirtschaft, die Lebensmittelverarbeitung, die Holz- und Papierindustrie sowie die Nutzung biogener Reststoffe von biobasierten Verfahren und Produkten geprägt. Zu den wichtigsten Erzeugnissen zählen Biokraftstoffe, grüne Chemikalien, Holzwerkstoffe und pflanzenbasierte Lebensmittel. Großes Entwicklungs- und Innovationspotenzial wird insbesondere der industriellen Biotechnologie, der Entwicklung von Biopolymeren, biobasierten Verpackungsmaterialien sowie Biokraftstoffen bescheinigt.

Zu den zentralen Industrieakteuren gehören Grupa Azoty (Düngemittel und biobasierte Chemikalien), Synthos (Biopolymerentwicklung), Lotos Biopaliwa (Biokraftstoffe) und Bioton (Biopharmazeutika). Regionale Innovationsschwerpunkte befinden sich unter anderem in Großpolen (Wielkopolska) und Schlesien, wo wissenschaftliche Institute, Technologiezentren und Unternehmen im Bioökonomiebereich eng zusammenarbeiten. Neben dem Polish National Hub sind es Zentren wie das Klaster LifeScience Kraków, die disziplinübergreifend Akteure untereinander vernetzen.  

Autorin: Kristin Kambach