Namibia

Namibia

Namibia will seine biologische Vielfalt nachhaltig nutzen, um durch Innovationen wirtschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Eine nationale Bioökonomiestrategie soll dabei Beschäftigung fördern und zur Armutsbekämpfung beitragen.

Politik und Förderung

Namibia verfolgt seit mehreren Jahren eine strukturierte Bioökonomiepolitik, die für die Region als fortschrittlich gilt. Zentrale politische Akteure sind die National Commission on Research, Science and Technology (NCRST) und das Ministry of Higher Education, Technology and Innovation (MHETI). In Kooperation mit der FAO entwickelten die beiden Institutionen die Namibia Sustainable Bioeconomy Strategy 2024–2029. Übergeordnetes Ziel ist, biologische Ressourcen, vor allem Biomasse, wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig zu nutzen. Dabei setzt man Schwerpunkte in den Bereichen Energie, Ernährung, Gesundheit, industrielle Bioprodukte, Forschung und Innovation. Besonderes Augenmerk liegt auf der wirtschaftlichen Nutzung von invasivem Buschholz. Rund 45 Millionen Hektar des Landes sind von Verbuschung betroffen – somit wird die ökologische Herausforderung gezielt zu einer wertschöpfenden Ressource genutzt. Zu den bedeutendsten staatlichen Förderprojekten in diesem Bereich zählt der Bau eines 40-Megawatt-Biomassekraftwerks bei Tsumeb, das ab 2027 Strom liefern soll. Außerdem im Fokus ist der Aufbau lokaler Wirtschaftsräume und biobasierter Industriezweige allgemein, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. In diesem Sinne unterstützt die Regierung neben Buschholzprojekten vor allem solche, die sich auf die Entwicklung von Pflanzenkohle, Algenkulturen und pflanzenbasierten Materialien für Landwirtschaft, Ernährung und Kosmetik konzentrieren. 

Die Bioökonomiestrategie ist eng mit anderen nationalen Programmen wie dem 5. Entwicklungsplan (NDP5) aus dem Jahr 2017, der Biodiversitätsstrategie (2013) und der staatlichen Initiative für Kleinbauern The Green Scheme verknüpft. Verbindende Schwerpunktthemen sind nachhaltige Ressourcennutzung, Ernährungssicherheit, ländliche Entwicklung und Klimaschutz.

Weitere wichtige politische Akteure sind das Ministry of Environment, Forestry and Tourism (MEFT) sowie das Ministry of Agriculture, Water and Land Reform (MAWLR). Das MEFT verantwortet den Schutz und die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen und ist wesentlich an der ökologischen Bewertung und Regulierung bioökonomischer Aktivitäten beteiligt. Das Landwirtschaftsministerium wiederum spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Buschkontrolle, zur Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und zur Entwicklung agrarischer Wertschöpfung.

Wissenschaft

Namibias Wissenschaftslandschaft im Bioökonomiebereich ist stark anwendungsorientiert und eng mit den verschiedenen nationalen Entwicklungsstrategien verzahnt (beispielsweise auch Namibia Vision 2030). Zentrale akademische Institutionen sind die Namibia University of Science and Technology (NUST) und die University of Namibia (UNAM). Die NUST hat sich in den letzten Jahren als führendes Zentrum für Biomasseforschung etabliert. Sie betreibt Labor- und Technologieeinrichtungen zur Verwertung des invasiven Buschholzes, unter anderem zu Pflanzenkohle und biobasierte Materialien. Studiengänge wie Agribusiness Management und nachhaltige Landwirtschaft (bis zur Promotion) bilden gezielt Nachwuchs für den Bioökonomiesektor aus.

Die UNAM trägt mit verschiedenen Fakultäten und Forschungszentren zur Bioökonomieforschung bei, insbesondere durch das Sam Nujoma Marine and Coastal Resources Research Centre (SANUMARC), das marine Bioressourcen, Algenbiotechnologie und nachhaltige Nutzung von Küstenökosystemen fokussiert. Daneben sind spezialisierte Forschungseinrichtungen wie die Desert Research Foundation of Namibia (DRFN) mit dem Gobabeb Research Institute sowie das Etosha Ecological Institute bedeutend. Sie befassen sich mit Ökosystemforschung in Trockenzonen, Biodiversitätsmonitoring, Anpassung an den Klimawandel und nachhaltiger Ressourcennutzung.  

Viele Projekte erfolgen in enger Zusammenarbeit mit Regierungsstellen und internationalen Partnern, insbesondere im Kontext der Bioökonomiestrategie. Deutschland ist dabei ein wichtiger Kooperationspartner: Mit ButoVal unterstützt das BMFTR etwa die Nutzung invasiven Buschholzes. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammenarbeit zwischen der University of Namibia und dem Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) im Rahmen von NaMiComp zur Entwicklung nachhaltiger Biowerkstoffe.  

Wirtschaft

Die Bioökonomie gewinnt in Namibia zunehmend wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere in den Sektoren Biomasse, Landwirtschaft, Energie, Umwelttechnologie und biobasierte Materialien. Ein zentrales ökonomisches Potenzial liegt – wie oben aufgeführt – in der Nutzung invasiven Buschholzes. Durch klassische und neuartige Verfahren können Produkte wie Holz- und Pflanzenkohle, Pellets, Briketts, sowie Ausgangsstoffe für Biogas und biobasierte Werkstoffe entstehen. Die Holzkohleindustrie ist einer der größten informellen Arbeitgeber Namibias und generiert signifikante Exporterlöse. Ergänzend entwickelt sich die Algenbiotechnologie als innovativer Zweig, beispielsweise zur Herstellung von Düngemitteln, Tierfutter oder Kosmetikrohstoffen.

Unternehmen wie Cheetah Conservation Fund, African Biomass Company, Charcoal Namibia oder Namib Bio Char sind führend in der Verarbeitung, Veredelung und Vermarktung biogener Rohstoffe. Die Namibia Biomass Industry Group (N-BiG) fungiert als Schlüsselakteur für Sektorentwicklung, Technologietransfer, Forschungsaustausch und Marktkoordination. In Zusammenarbeit mit der Regierung, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und internationalen Partnern wie dem deutschen Bundesverband Bioenergie (BBE) unterstützt N-BiG auch Infrastrukturprojekte wie den geplanten Biomass Industrial Park in Otjozondjupa, der als Modellregion für industrielle Biomasseverwertung dienen soll.  

Autorin: Kristin Kambach