Japan

Japan

Japan ist ein wichtiger Akteur in der internationalen Bioökonomiepolitik. Bedeutende (ökonomische) Erfolge verzeichnet das asiatische Land vor allem in der Biotechnologie sowie in anderen innovations- und technologiegetriebenen Bereichen. Diese Sektoren erfahren seit mehreren Jahrzehnten Unterstützung von Politik und Gesellschaft. 

Politik und Förderung

Strategien

Dieser Technologiefokus ist weiterhin präsent, hat sich in den vergangenen Jahren jedoch durch neue politische Leitlinien geweitet. Dazu zählen vor allem die Bioökonomiestrategie von 2019 und ihre Aktualisierung aus dem Jahr 2024, mit der man auf globale Herausforderungen wie den voranschreitenden Klimawandel und die Covid-19-Pandemie reagierte. Im Gegensatz zur ersten Version setzt die japanische Regierung in der editierten Fassung noch stärker auf die Kommerzialisierung biobasierter Innovationen und formuliert konkrete Marktziele – unter anderem soll bis 2030 ein Bioökonomiemarkt von 100 Billionen Yen (ca. 610 Mrd. Euro) aufgebaut werden. Im Mittelpunkt stehen fünf priorisierte Sektoren: Biomanufacturing, nachhaltige Primärproduktion, Holzbau und intelligente Forstwirtschaft, Biopharmazeutika sowie digitale Gesundheit. Hinzugekommen ist außerdem die Betonung einer Nutzung von CO2 als Rohstoff und die Einrichtung von sogenannten Biocommunities, die Akteure aus Forschung, Industrie und Verwaltung vernetzen, vor allem aus der Biotechnologiebranche. Mit diesem Maßnahmenpaket verfolgt Japan das Ziel, neben einer nationalen Stärkung seiner Bioökonomie die internationale Wettbewerbsfähigkeit auszubauen.  

Die Strategie zur Bioökonomie ist eigenständig, fungiert jedoch als Bestandteil der Integrated Innovation Strategy 2024. Diese gibt einen übergeordneten Rahmen für verschiedene Einzelpläne vor, soll Japan mit ihrer Ausrichtung als führende Wissenschafts- und Technologienation positionieren und gesellschaftlichen Herausforderungen wie Dekarbonisierung und demografischer Wandel mit Innovationen begegnen. Dafür setzt man auf eine enge Verknüpfung von Wissenschaft, Wirtschaft und Staat, mit Schwerpunkten in Bereichen wie Quanten- und KI-Technologien, digitale Gesundheit und Bioökonomie.  

Förderung und Institutionen

Die Koordination und Gestaltung der japanischen Bioökonomiepolitik wird insbesondere von vier Regierungsinstitutionen ausgeführt, die unterschiedliche, sich ergänzende Förderschwerpunkte aufweisen. 

Das Cabinet Office, welches direkt dem Premierminister unterstellt ist, setzt seinen Fokus unter anderem auf den Aufbau der regionalen Biocommunities und der Biofoundries. Bei letzteren handelt es sich um hochtechnisierte Plattformen zur automatisierten Entwicklung, Testung und Produktion biologischer Systeme. Ein Beispiel dafür ist das Engineering Biology Research Center (EGBRC) an der Universität Kobe, wo seit 2016 eine automatisierte Plattform entwickelt wird, die synthetische Biologie mit Robotik und KI kombiniert. 

Mittels Förderprogrammen, Wettbewerben und regulatorische Erleichterungen unterstützt das METI (Ministry of Economy, Trade and Industry) gezielt die Kommerzialisierung innovativer Verfahren, etwa im Bereich synthetischer Biologie, CO₂-Nutzung und biobasierter Werkstoffe. Daran beteiligt ist zudem die New Energy and Industrial Technology Development Organization (NEDO), eine Förderagentur des METI für angewandte Forschung und technologische Entwicklung. 

Die Förderung von Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei steht beim gleichnamigen Ministerium MAFF auf der Agenda. Konkrete Maßnahmen finden sich in der Strategy for Sustainable Food Systems (MeaDRI), die die Themen Forschung, Digitalisierung und Emissionsreduktion behandelt, und beispielweise Kooperationen zur Verwertung von Biomasse und landwirtschaftlichen Reststoffen unterstützt. 

Das MEXT (Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology) konzentriert sich auf die Grundlagenforschung zu Bioressourcen und fördert universitäre Innovationsnetzwerke.  

Wissenschaft

Japan verfügt über eine leistungsstarke und zu großen Teilen staatlich geförderte Wissenschaftslandschaft im Bioökonomiebereich. Führende Einrichtungen wie die Universitäten Tokio und Tohoku sind vor allem in den Feldern synthetische Biologie, Bioverfahrenstechnik und Agrarbiotechnologie aktiv. Nationale Forschungsorganisationen wie das RIKEN und das National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) koordinieren strategische Programme und betreiben eigene Biofoundries und Pilotanlagen. Gefördert wird die Forschung durch MEXT und NEDO sowie im Rahmen von Programmen wie Moonshot R&D. Besonderer Fokus liegt auf der Anwendung von KI und Automatisierung in biologischen Produktionssystemen, CO₂-Umwandlung und der Entwicklung biobasierter Materialien.  

Wer in Japan zu biobasiertem Wirtschaften studieren möchte, kann zwar nicht auf einen ausgewiesenen Bioökonomie-Studiengang zurückgreifen, das Themenfeld ist dennoch in zahlreichen akademischen Programmen verankert, etwa in Form von Biotechnologie, Agrarwissenschaften, Umwelttechnik und nachhaltige Ressourcennutzung. Wichtige akademische Zentren sind neben Tokio (in Bunkyo) und Tohoku die Universität Tsukuba mit Programmen in Agro-Biological Resource Sciences sowie die Tokyo University of Agriculture and Technology (in Fuchu) mit dem Department of Science of Biological Production. Die Kagawa University bietet zudem spezialisierte Studiengänge in Bioresource Production Science an und auch die Kyoto University of Advanced Science führt weitere bioökonomisch relevante Programme.

Wirtschaft

Die Bioökonomie gewinnt in Japan zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung. Nach Schätzungen der OECD könnte sie bis 2030 bis zu 2,7  % des japanischen BIP ausmachen (ca.150 Mrd. US-Dollar). Wie aus der aktualisierten Bioökonomiestrategie hervorgeht, setzt die japanische Regierung insbesondere auf die Entwicklung von biobasierten Produkten wie Biokunststoffen, -kraftstoffen und -chemikalien, wobei moderne Biotechnologie mit digitalen Technologien wie Künstlicher Intelligenz kombiniert wird. Auch die nachhaltige Transformation der Agrarwirtschaft durch Smart Farming, genom-editierte Nutzpflanzen und umweltfreundliche Düngemittel ist schon jetzt ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Im Forstsektor stehen Holz als nachhaltiger Baustoff und smarte Forstwirtschaftspraktiken im Mittelpunkt. Darüber hinaus spielen Biopharmazeutika und regenerative Medizin eine wichtige Rolle, insbesondere im Bereich der Zell- und Gentherapie, indem Japan regulatorisch günstige Rahmenbedingungen schafft.

Die japanische Regierung investiert erheblich in den F&E-Sektor von Unternehmen entweder direkt oder in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften, sowie in die Förderung von Start-ups, um ihre anvisierten Ziele zu erreichen.  

Autorin: Kristin Kambach