Fortpflanzung im 3D-Zellmodell
Wann klappt die Fortpflanzung und wann nicht? Diese Frage ist für Tierzüchter entscheidend. Nun haben Leibniz-Forscher ein 3D-Zellmodell entwickelt, um den tierischen Eileiter ohne Tierversuche im Labor zu untersuchen.
Wichtige Prozesse der embryonalen Entwicklung spielen sich bei Mensch und Tier im Eileiter ab. Neben der frühen Embryonalentwicklung findet in diesem sensiblen Organ auch die Endausreifung und Selektion der Keimzellen sowie die Befruchtung statt. Gleichzeitig fungiert der Eileiter aber auch als „Pipeline“ für den Transport des Nachwuchses im Embryostadium in die Gebärmutter. Trotz seiner zentralen Rolle im Reproduktionsprozess sind die grundsätzlichen Mechanismen der Eileiterfunktion vielfach noch ungeklärt. Viele Fortpflanzungsprobleme, die bei der Züchtung von Nutztieren auftreten, können somit nicht behoben werden. Die Wissenschaftler in diesem Feld sind dabei oftmals auf Tierversuche angewiesen, um die biologischen Prozesse rund um das Fortpflanzungsgeschehen besser zu verstehen. Doch nun steht eine Alternative bereit.
Reproduktionszellbiologen am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) Dummerstorf ist es gelungen, ein 3D-Zellkulturmodell des tierischen Eileiters zu entwickeln. „Da es unter praktischen und ethischen Gesichtspunkten äußerst schwierig ist, die Interaktionen zwischen frühen Embryonen und dem weiblichen Reproduktionstrakt am Tier direkt zu untersuchen, werden dringend In-vitro-Modelle benötigt, die genau diese Kontaktzone möglichst real nachbilden“, erklärte Jennifer Schön, Leiterin der Abteilung Reproduktionszellbiologie am FBN-Institut für Fortpflanzungsbiologie.
Reproduktionsprozesse realistisch simmulieren
Mit dem neuartigen Zellkulturmodell kann das Team um Schön nun erstmals realitätsnah Reproduktionsprozesse In-vitro untersuchen. Wie das Team im Fachjournal „Nature“ berichet, erlaubt das Modell eine realistische Simulation der Vorgänge im tierischen Eileiter. „Das Modell kommt der Wirklichkeit so nahe, weil die über lange Zeit kultivierten Zellen eine Art Eileiterflüssigkeit bilden, in der sich Embryonen unabhängig von anderen Einflüssen wie beispielsweise künstlichen Zellkulturmedien entwickeln können“, erklärt die Forscherin.
"Im Vergleich zu klassischen Zellversuchen können damit auch Langzeitversuche durchgeführt und hormonelle Veränderungen während des weiblichen Zyklus fast wie in Wirklichkeit abgebildet werden", sagt Schön. Die Forscher erhoffen sich dadurch, die hochdynamischen und komplexen zellulären Abläufe im weiblichen Reproduktionstrakt, die für die Einleitung und den Erhalt der frühen Trächtigkeit essentiell sind, besser zu verstehen. Schön: "Und natürlich wollen wir Antworten auf die Frage finden, warum das neu entstehende Leben häufig schon so früh scheitert und wie wir dies verhindern können.“
Frühembryonale Verluste vermeiden
Das neuartige 3D-Zellmodell kann durch eine verbessere Beobachtung der biologischen Vorgänge also helfen, frühembryonale Verluste zu verhindern und Tierversuche zu vermeiden. Derzeit liegt der Fokus der Forscher noch auf der Untersuchung von Eileitern von Rindern und Schweinen, die im Rahmen der Lebensmittelproduktion im Schlachthof abfallen. „Unser Ziel ist es, das Zellkulturmodell so weiterzuentwickeln und zu optimieren, dass wir immer mehr Tierversuche ersetzen können. Zudem soll das Verfahren und die Methodik auf weitere Spezies ausgeweitet und somit auch für den Artenschutz genutzt werden“, erklärt Schön.
bb