Im Fokus: Wasser als Ressource
Wie lassen sich Wasserversorgung und Landwirtschaft nachhaltig vereinen? Darüber wurde bei der Welternährungskonferenz GFFA in Berlin diskutiert.
Beim Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) kommen jedes Jahr Experten und Interessierte aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen, um über die globale Fragen der Welternährung zu diskutieren. Im Fokus der diesjährigen neunten Konferenz, die vom 19. bis 21. Februar im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in Berlin stattfand: die Herausforderungen der weltweiten nachhaltigen Versorgung mit Wasser und ihrer Berücksichtigung in der Landwirtschaft. Mit etwa 1.500 Teilnehmern aus über 80 Ländern und wichtigen Repräsentanten vieler hochrangiger Organisationen ist die GFFA ein wichtiges, internationales Forum für Ernährungssicherung und Landwirtschaft.
Weltweite Wasserknappheit verschärft sich
Obwohl etwa 70% der Erdoberfläche von Wasser bedeckt ist, stehen davon nur etwa 1% als Trinkwasser frei zur Verfügung. Der Wasserverbrauch durch den Menschen hat sich im Zuge der wachsenden Weltbevölkerung während der letzten 50 Jahre in etwa verdreifacht. Gleichzeitig werden die Grundwasservorräte zunehmend aufgebraucht und die bestehenden Wasserbestände immer mehr verschmutzt.
Dies führt in vielen Regionen der Welt bereits jetzt zu akuter Wasserknappheit, die sich in den nächsten Jahrzehnten ausweiten und verschlimmern wird, wie Experten bei der Konferenz betonten. Gleichzeitig hat die Landwirtschaft einen hohen Wasserbedarf. Wie sich hierbei dennoch Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft ableiten lassen, darüber wurde in zehn Fachpodien und zwei High Level Panels im Rahmen der Konferenz debattiert. Darüber hinaus stand das Thema auch auf der Agenda der im Anschluss tagenden neunten Agrarministerkonferenz sowie beim G20-Agrarministertreffen.
Höhere Wassereffizienz in der Landwirtschaft gefordert
Auf der GFFA-Konferenz wurde unter anderem negative Auswirkungen einer zu starken Bewässerung auf die Böden diskutiert. In vielen Gebieten der Erde komme es heute bereits zu einer fortschreitenden Erosion des Bodens, sodass dieser für die Landwirtschaft unbrauchbar werde, hieß von Seiten der Experten. Doch in 70 Ländern der Welt gibt es kein öffentliches System der Wettervorhersage. „Dies erschwert eine effiziente Wassernutzung“, berichtete Johannes Cullman, Direktor der Climate and Water Department of the World Meteorological Organisation (WMO). Beim igh Level Panel der FAO rief er dazu auf, gesammelte Daten global verfügbar zu machen und zu analysieren. Nur so könnten Kleinbauern Wasser effizienter einsetzen und ihre Böden nachhaltiger nutzen.
Im Rahmen der Welternährungskonferenz GFFA diskutierten die Agraminister in Berlin über die bessere Nutzung der kostbaren Ressource Wasser in der Landwirtschaft.
(links: Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt)
Weiterhin wurde gefordert, dass man zwar Produktivitätssteigerungen brauche, die aber mit weniger Bewässerung auskommen müsste. Eine solche höhere Wassereffizienz könnte beispielsweise durch höhere Dämme, wassereffizientere Pflanzen, neue Bewässerungstechnologien und der Aufbereitung von verschmutztem Wasser erreicht werden. Laut Jeremy Bird vom International Water Management Institute habe vor allem eine geschickte Kombination von Bewässerung und der Nutzung von Regenwasser ein großes Potential, die Ernten in trockenen Regionen zu erhöhen.
Globale Initiativen an strukturelle Unterschiede anpassen
Doch in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern sind es vor allem auch strukturelle Probleme, die solchen Verbesserungen im Wege stehen. So besteht der landwirtschaftliche Sektor dort, im Gegensatz zu den industrialisierten Ländern, aus vielen Kleinbauern. Dies erschwert nur zu oft die Umsetzung nationaler Strategien zur Wassernutzung. Hilfreich wären nach Ansicht der Experten u.a. Institutionen, welche die Erteilung von Wassernutzungsrechten regeln. Wichtig sei es auch, in vielen Ländern effizientere Wertschöpfungsketten zu etablieren, die es Kleinbauern ermöglichten, ihre Produkte zu besseren Preisen zu verkaufen. Ein Fazit der Experten: Technische Fortschritte und neue Pflanzensorten nützen wenig, wenn die Kleinbauern sich diese nicht leisten können.
Wissenschaftler fordern mehr Investitionen in innovative Technologien
Die Bedeutung von neuen Technologien hob indes das T20 Netzwerk hervor. Hierin haben sich Wissenschaftler aus führenden Forschungseinrichtungen und Think Tanks in den G20 Ländern zusammengeschlossen, unter ihnen auch der Vorsitzende des Bioökonomierats und Direktor am Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn, Joachim von Braun. Die Wissenschaftler fordern mehr Investitionen in Innovationen in Wasser-, Agrar- und Lebensmittelsystemen und in deren gemeinsame Nutzung. Sie plädierten für die Einrichtung von Plattformen für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Diese sollten ihrer Auffassung nach im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften auf G20-Ebene mit Zugang auch für Nicht-G20-Länder aufgebaut werden. Auch für kleinere landwirtschaftliche Betriebe insbesondere in Afrika und Asien wird ein großes Potential für die Nutzung von IKT gesehen. Mit Hilfe digitaler Technologien könnten Bauern mit städtischen Märkten verbunden und die nachhaltige Nutzung von Land und Wasser sowie die Resilienz des globalen Nahrungsmittelsystems verbessert werden.
Abschlusskommuniqué mit vier zentralen Herausforderungen
In ihrem Abschlusskommuniqué bekräftigen die Landwirtschaftsminister bei ihrer Agrarministerkonferenz ihren Willen zum nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser. Gleichzeitig identifizieren sie vier zentrale Herausforderungen: Reduzierung von Wasserknappheitsrisiken, Reduzierung der Verunreinigung von Wasser, Management von Wasserüberschuss sowie Sicherstellung des ausreichenden Zugangs der Landwirtschaft zu Wasser. „Ohne Wasser kann es keine Ernährungssicherung geben. Die Landwirtschaft steht vor der Aufgabe, mehr Lebensmittel mit weniger Wasser zu produzieren“, betonte Bundesminister Christian Schmidt, als er das Abschlusskommuniqué dem Generaldirektor der Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO), José Graziano da Silva, übereichte.
Landwirtschaft als Teil der globalen Sicherheitspolitik
Die Weltgemeinschaft hat den nachhaltigen Umgang mit Wasser im Jahr 2015 prominent im Nachhaltigkeitsziel 6 der Agenda 2030 verankert. Mit dem Beschluss des GFFA-Abschlusskommuniqués verpflichten sich die Landwirtschaftsminister, die Umsetzung der Agenda 2030 damit aktiv zu unterstützen und fordern dazu auf, das GFFA als Beitrag der Landwirtschaft zur erfolgreichen Umsetzung der Agenda 2030 auf UN-Ebene zu kommunizieren. Das Kommuniqué diente auch als Grundlage für das G20-Agrarministertreffen. "Wir Agrarminister sind die ersten Minister, die sich im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft treffen und die internationale Konferenzreihe damit eröffnen“, so Schmidt. Er betonte weiter, dass sich ohne eine leistungsfähige, innovative, nachhaltige und regional verwurzelte Landwirtschaft die anstehenden Aufgaben nicht zu bewältigen seien. Schmidt: „Insbesondere die wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven, die die Landwirtschaft vor Ort bietet, sind Basis für Friedensarbeit und Stabilität. Die Landwirtschaft ist damit Teil der globalen Sicherheitspolitik.“
sw