Grüne Woche: Nachhaltiger Leben im Aufwind
Die Bioökonomie erobert zunehmend den Alltag. Dies hat sich auch auf der diesjährigen Grünen Woche in Berlin gezeigt. Das Interesse an biobasierten und nachhaltigen Produkten wächst.
Mit rund 400.000 Fach- und Privatbesuchern zählt die Internationale Grüne Woche europaweit zu den größten Verbrauchermessen. Das Event ist längst nicht nur ein Mekka für kulinarische Köstlichkeiten. Abseits der „größten Schlemmermeile der Welt“ hat auch die Bioökonomie ihren festen Platz und begeistert immer mehr Besucher. So auch bei der 81. Ausgabe, die vom 15. bis 24. Januar mit rund 1.200 Ausstellern in den Berliner Messehallen stattfand. Auf der „nature.tec“ in Halle 4.2. wurde deutlich, wie nachhaltige Produkte - vom biobasierten Touchscreen über kompostierbare Mülltüten bis hin zum energiesparenden Strohballenhaus - den Alltag erobern. Dies konnten die Besucher in der Ausstellung "Bioökonomie auf 36m2" des Bioökonomierats der Bundesregierung sowie im „Nachwachsenden Büro“ der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) selbst erleben.
3 Gramm Maisstärke, 20 Milliliter Wasser, 2 Milliliter Gyzerin - diese drei Zutaten reichen aus, um Bioplastik herzustellen. Davon konnten sich die Besucher der Grünen Woche in Halle 4.2 überzeugen. Die Technische Kinder- und Jugendakademie aus Berlin präsentierte, wie in Sekundenschnelle das Material für eine vollkompostierbare Mülltüte entsteht. In einer Mikrowelle wurde das Gemisch zu einer geligen Masse, die sich, aufgetragen auf Backpapier und Filtertüte und kurzem Trocken, in ein elastisch aber belastbares und wasserdichtes Material verwandelte. Diese Aktionen begeisterten nicht nur Schülergruppen.
Technik aus Bambus und Zucker
Bioökonomie zum Anfassen gab es vielerorts. Mehr als 40 Produkte aus dem Alltag wurden in einer der Ausstellung des Bioökonomierates gezeigt, die auf 36m2 einer kleinen Wohnung mit Küche, Bad und Wohnzimmer nachempfunden war. Neben dem Designerrad aus Edelholzrohren weckte vor allem das weltweit erste biobasierte Touchscreen eines Handys sowie das biobasierte Gehäuse eines Comuters das Interesse der Besucher. Zu sehen gab es hier aber auch biobasiertes Spielzeug sowie neuartige Textilien.
Gleich gegenüber präsentierte die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe FNR mit dem „Nachwachsenden Büro“ ein Potpourri biobasierter Produkte für den Arbeitsplatz. Sämtliche Ausstellungstücke vom Mobiliar über Wandverkleidung und Fußboden bis hin zu Telefon, Tastatur und Schreibtischlampe wurden aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz und Bioplastik hergestellt.
Stroh als natürlicher Dämmstoff
Auch beim Hausbau setzen sich zunehmend natürliche Materialien durch. So erlebt das Stroh als Dämmmaterial derzeit eine kleine Renaissance. Etwa 400 Strohballenhäusern gibt es bereits in Deutschland. „Es ist eine Marktlücke und das Interesse ist steigend“, berichtet Sissy Hein vom Fachverband Strohballenhaus Deutschland. Ein von der oberfränkischen Firma „Gräfix“ entwickelter ultraleichter und atmungsaktiver Wandputz für innen und außen soll dabei für eine hohe Energieeffizienz und ein gutes Klima nicht nur in den eigenen vier Wänden sorgen.
BMEL-Sonderschau zu Klimawandels und Ernährung
Dass die Folgen des Klimawandels auch in der Landwirtschaft allgegenwärtig sind - auch darüber wurde auf der Grünen Woche informiert. So macht den Landwirten vor allem extreme Trockenheit oder Nässe zu schaffen, das stresst die Pflanzen und sorgt für Ernteausfälle. Die Bundesregierung unterstützt daher seit Jahren die Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft.
Pflanzenzucht und –forschung spielen somit eine entscheidende Rolle. Das zeigte auch die Sonderschau des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Halle 23 zu den Themen Klimawandel und Ernährung. Forscher vom Thünen-Institut in Braunschweig berichteten hier vom Projekt FACE (Free Air Carbon Dioxide Enrichment), das den Einfluss von Klimaveränderungen auf das Wachstum von Kulturpflanzen erforscht. Dafür wurde ein Teil der Halle zum Versuchslabor umgebaut. Messebesucher konnten ein von Heizstrahlern eingerahmtes Weizenfeld sehen, ein Miniatur-Ausschnitt aus ihren realen Versuchen, bei denen Hitzestress für die Pflanzen simuliert wird. Einzelne Flächen wurden dafür auch über computergesteuerte Düsen mit Kohlendioxid begast. „Damit wird die CO2-Konzentration simuliert, die man für 2050 erwartet“, erklärt Martin Kraft. Das Ergebnis: Durch die Begasung steigen die Erträge von Zuckerrüben, Gerste und Weizen um bis zu 15 Prozent. Gleichzeitig nimmt in den Getreidekörnern der Eiweißgehalt ab, was wiederum für die Backqualität entscheidend ist.