Rettungspaket für chinesische Wüsten-Oase geschnürt
Probleme mit der künstlichen Bewässerung gefährden im Nordwesten China die Landschaft rund um das Tarim-Becken. Ein internationales Forscherteam unter deutscher Federführung hat nun ein Rettungspaket geschnürt, um die einzigartige Wüstenoase zu erhalten.
Der Fluss Tarim im Nordwesten Chinas ist nicht nur die Lebensader für rund zehn Millionen Menschen, sondern auch für eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren, die sich entlang des Stromes angesiedelt haben - zum Beispiel die seltenen Euphrat-Pappeln. Doch die einzigartige Wüsten-Oase ist gefährdet. Der Grund: durch die künstliche Bewässerung der Baumwollfelder kann sich die natürliche Quelle des Tamir nicht mehr regenerieren und hinterlässt Bauern zunehmend versalzene Böden. Ein internationales Forscherteam unter Leitung Münchner Wissenschaftler hat seit 2011 die ökologischen Probleme im Tamir-Becken analysiert und nach Lösungen gesucht. Das Projekt "Sustainable Management of River Oases along the Tarim River" – kurz SuMaRiO- wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Nun hat das Team ihre Ergebnisse im Fachjournal Water (2015, Online-Veröffentlichung) veröffentlicht. Zugleich haben die Forscher ein Rettungspaket zur Erhaltung der Landschaft geschnürt, dass sie im September auf einer Konferenz in Xinjiang vorstellen wollen.
Das Tarim-Becken ist eine Oase in der Wüste. Umzäunt von Euphrat-Pappeln windet sich der Fluss mitten durch die angrenzende Taklamakanwüste und versorgt Mensch, Pflanzen und Tiere mit dem kostbaren Nass. Der Strom speist sich vor allem aus dem Tauwasser der höhergelegenen Gletscher. Das extrem trockene Klima bietet jedoch auch optimale Bedingungen für den Anbau von Baumwolle. 40 Prozent der gesamten Baumwoll-Produktion Chinas und 10 Prozent der Weltproduktion kommen daher aus diesem Gebiet.
Raubbau an Wasser und Boden
Diese intensive landwirtschaftliche Nutzung bedroht inzwischen jedoch den Erhalt der Wüsten-Oase im Nordwesten Chinas. "In den vergangenen 50 Jahren hat in dieser einzigartigen Landschaft ein Raubbau an den natürlichen Wasser- und Landressourcen stattgefunden, der eine schwere Schädigung der Böden sowie der Wasserqualität ausgelöst hat", sagt Markus Disse vom Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement der Technischen Universität München (TUM). Disse gehört einem internationalem Forscherteam an, das sich seit Jahren mit dem Gebiet und den Auswirkungen der Landwirtschaft beschäftigt hat.
Versalzene Böden durch Wasservergeudung
Das Problem: den größten Anteil des Wassers verbrauchen die Bauern zur Bewässerung der Baumwollfelder. Das Flusswasser kann sich nicht regenerieren. Die Böden versalzen, sodass die Baumwollerträge stagnieren. Auch Pflanzen wie die seltene Euphrat-Pappel bekommen dadurch zu wenig Wasser. Dies wiederum gefährdet nicht nur ihren Bestand. Denn die Wälder schützen das Tarim-Becken auch vor dem Sand der angrenzenden Wüste, wie die von Disse im Rahmen des vom BMBF gefördertne Projekts SuMaRIO analysiert hat, das die ökologischen Probleme der Region genau untersucht hat. Der Studie zufolge wird zudem nicht nur die natürliche Ressource Wasser vergeudet, sondern auch auch Raubbau an der ursprünglichen Landschaft betrieben. Denn um die Anbaufläche für Baumwolle zu erweitern, werden immer mehr Pappeln gefällt.
Unter der Leitung von Disse haben chinesische und deutsche Forscher seit 2011 nun nach Lösungen zur Erhaltung der bedrohten Wüsten-Oase gesucht. Im Ergebnis der Studie hat das Team Empfehlungen für ein besseres Wasser- und Landmanagement formuliert, die es im September auf der Konferenz im chinesischen Xinjiang präsentieren will. "Wir hoffen, dass durch diesen sogenannten Implementierungsworkshop eine neue Ära des nachhaltigen Land- und Wassermanagements in der Region eingeleitet wird", sagt Disse, denn "nur so kann langfristig die Stabilität in dieser Region gewährleistet werden".
Empfehlungen für den Kampf gegen die Verwüstung
Im Fokus des Rettungsplanes steht unter anderem eine nachhaltige Landwirtschaft, bei der die verschiedenen Bodentypen und deren Versalzungsgrad berücksichtigt werden. Als Alternative könnten die Bauern den Forschern zufolge auf den versalzenen Flächen, statt Baumwolle die auch als Heilmittel verwendete Pflanze Apocynum pictum – auch Hundsgift genannt – anbauen, um ihr Einkommen zu sichern. Entlang des Flusslaufes wird beidseitig zudem die Aufforstung und Renaturisierung einer jeweils mindestens 50 Metern breiten Fläche empfohlen. Darüber hinaus wurden im Projekt SuMaRIO Modellwerkzeuge als Entscheidungshilfe entwickelt, um den Einfluss von Landnutzungs- und Klimaszenarien abschätzen zu können. Mit Hilfe dieses Instruments könnten Politiker verschiedene Bewirtschaftungsalternativen durchspielen und daraufhin Entscheidungen treffen.