Nachhaltige Torfproduktion im Schnellverfahren
Forschende des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) haben zwei Verfahren zur Herstellung von künstlichem Torf aus Biomasse entwickelt.
Torf ist ein wichtiger Bestandteil von Pflanzensubstraten und dient vor allem im Gartenbau der Bodenverbesserung. Doch mit seinem Abbau werden wertvolle Moorgebiete zerstört und damit der darin zum Teil über Jahrtausende gebundene Kohlenstoff freigesetzt. Forschende des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) haben nun eine umweltfreundliche Alternative entwickelt und gleich zwei innovative Verfahren zur Herstellung von künstlichem Torf zum Patent angemeldet.
Künstlicher Torf aus Biomasse
In der Natur entsteht Torf durch die Zersetzung von abgestorbenen Pflanzenresten in Mooren aufgrund von Sauerstoffmangel und Nässe. Wozu die Natur tausend Jahre braucht, gelang den ATB-Forschenden um Nader Marzban in nur 30 Minuten – und das, ohne Umwelt und Klima zu schaden. „Wir können künstlichen Torf aus fast jedem organischen Ausgangsmaterial herstellen, darunter Biomasse wie Holz, Gräser, Blätter und Paludikulturpflanzen“, erklärt der Erfinder des künstlichen Torfs, Nader Marzban. „Dieser Prozess erfordert Wasser, Druck und Temperaturen zwischen 70 und 120 °C sowie eine geeignete Rezeptur für eine erfolgreiche Produktion.“
Die Idee dazu kam Marzban nach einem Missgeschick beim Kochen, als im Schnellkochtopf Zutaten verbrannten und am Boden schwarzbraune Rückstände zurückließen. Für den Forscher war das Malheur der Anlass zur Frage, ob diese angebrannte Masse auch humusähnliche Eigenschaften besitzen könnte. Laboranalysen bestätigten seinen Verdacht. Weitere Versuche mit landwirtschaftlichen Reststoffen folgten und waren ebenso erfolgreich. Gemeinsam mit Thomas Hoffmann und Ralf Pecenka entwickelte Marzban den Ansatz weiter, bis zwei Verfahren zur Herstellung von künstlichem Torf entstanden.
Einfacher und skalierbarer Prozess
Beim ersten Verfahren entsteht in zwei Schritten künstlicher Torf mittels Alkali-unterstützter Doppelschneckenextrusion. Hier wird die Biomasse zunächst bei etwa 70 °C unter Druck gekocht. Danach werden die Fasern des Materials im Doppelschneckenextruder zerkleinert. Im Ergebnis entsteht „ein stabiles, humusreiches Material, dessen Eigenschaften so angepasst werden können, dass sie denen von Naturtorf entsprechen oder diese sogar übertreffen“, heißt es. Der so erzeugte Torfersatz ist vor allem für Anwendungen in der Landwirtschaft und im Gartenbau geeignet, wo faserige Materialien und Huminstoffe benötigt werden.
Die zweite Methode erzeugt aus Biomasse künstlichen Torf im sogenannten Batch-Verfahren in nur einem Schritt. Es ist besonders geeignet für weniger faserige Ausgangsstoffe, benötigt aber mit 120 °C eine etwas höhere Temperatur.
Klimapositiv und wiederverwendbar
Der künstliche Torf ist nicht nur frei von Krankheitserregern, sondern trägt auch zur Kohlenstoffbindung bei und ist damit klimapositiv. Nach dem Einsatz kann das Substrat recycelt und erneut aufbereitet werden. Das ATB-Team ist vom Potenzial der Herstellung von künstlichem Torf überzeugt: „Er bietet eine Möglichkeit, natürlichen Torf zu ersetzen, Emissionen zu reduzieren und Biomasse zu recyceln.“ Aufgrund der Skalierbarkeit und geringen Kosten sei auch die industrielle Produktion bald möglich. Darüber hinaus sei das Konzept ein „spannender Ausgangspunkt für kontinuierliche Weiterentwicklung, Anpassung und Innovation“, so Marzban.
bb