Grüne Woche weiter auf Nachhaltigkeitskurs
Nachhaltigkeit und Klimaschutz stehen auch im Fokus der diesjährigen Grünen Woche. Eine Bühne für innovative Bioökonomie-Produkte bietet wieder die Themenwelt „grünerleben“ in Halle 27.
Mit 1.500 Ausstellern aus fast 60 Ländern ist die Grüne Woche seit jeher die weltgrößte Ausstellung für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Alljährlich zieht es hunderttausende Gäste zu Beginn des Jahres nach Berlin in die Messehallen unter dem Funkturm, um sich über kulinarische Highlights, Innovationen und Trends aus Ernährungs- und Agrarwirtschaft zu informieren. Ausstellung und Veranstaltungen stehen auch in diesem Jahr ganz im Zeichen von Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dazu gehören längst auch biobasierte Produkte, die vor allem in der Themenwelt „grünerleben“ in Halle 27 eine Plattform haben.
Biobasierte Produkte aus Paludikultur im Fokus
So erhalten Besucherinnen und Besucher am Stand der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) einen Überblick, welches Potenzial etwa in Dämmstoffen aus Cellulose und Seegras sowie Niedermoorpflanzen wie Rohrkolben für den Bausektor steckt. An einer Wand wird demonstriert, wo Naturstoffe wie Holz, Stroh, Schafwolle oder Lehm im Bau zum Einsatz kommen können. Alltägliche Gegenstände wie Trinkhalme, Schalen, Papier oder Kartons aus Schilfrohr ergänzen die breite Palette biobasierter Produkte aus Paludikultur.
Darüber hinaus informiert die FNR, warum der Schutz des Moorbodens so wichtig ist und welche Rolle Torfmoose bei der Wiedervernässung der Moore und beim Klimaschutz spielen. Anhand eines Puzzles können Kinder und Jugendliche nachvollziehen, welche Prozesse im Moor ablaufen. Mit Messungen machen zudem Forschende vom Moorforschungszentrum Weihenstephan sichtbar, wie Torf Kohlenstoff bindet und so der Kohlenstoffgehalt in wiedervernässten Mooren im Vergleich zu trockenen Mooren steigt. „Ein trockenes Moor schrumpft schneller als es wächst. Fast 1.000 Jahre braucht es, damit ein Meter Torf entsteht“, erklärt Adrian Bornstein vom Moorforschungszentrum Weihenstephan.
Wie viel Treibhausgase bei der Bewirtschaftung von Niedermooren mit Rohrkolben entstehen, darüber berichten wiederum Forschende vom Verbundprojekt WetNetBB im Ausstellungstempel vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Halle 23 a. In dem über zehn Jahre laufenden Vorhaben wird auch erforscht, wie neue Wertschöpfungsketten für die sogenannte Moorbiomasse aufgebaut und damit für Landwirtinnen und Landwirte attraktiv werden können.
Nachhaltiges Leben gestalten
Auch in der „Klimawerkstatt“ in Halle 27 wird der Schutz der Moore thematisiert. In dem Pavillon stellt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) Lösungsansätze vor, wie sich Landwirtschaft, Städte und Natur an die Klimafolgen anpassen können. Neben der Wiedervernässung von Mooren wird auf das Potenzial von Agroforstsystemen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft verwiesen. Städte hingegen würden etwa durch grüne Fassaden, Waldgärten und Schwammstädte sowie innovative Urban-Farming-Projekte resilienter werden.
Wie Klimaanpassung in der Stadt möglich ist, zeigt das Projekt „ClimateHOOD“ der Stadtmanufaktur Berlin von der TU Berlin. „Wir wollen zeigen, wie natürliche Kreisläufe in der Stadt entstehen, etwa mit begrünten Fassaden, Zisternen für Regenwasser und Orten für lokale Lebensmittelproduktion“, sagt Grit Bürgow von der TU-Stadtmanufaktur. Mit dem Reallabor „Roof Water Farm“ hat das Team um Bürgow bereits demonstriert, wie Fischzucht und Pflanzenanbau (Aquaponik) mit Hydroponik in der Stadt kombiniert werden können und so nachhaltige Kreisläufe in Städten realisierbar sind.
Multitalent auf dem Acker
Traditionell gibt die BMEL-Halle 23 a Einblicke in innovative Agrartechnik. Mit dem Feldroboter „Tipard“ präsentieren beispielsweise die Hochschule Kempten und das Institut für angewandte KI und Robotik ein Multitalent, das autonom und elektrisch Arbeiten wie Aussaat, Unkraut jäten, Pflanzenpflege und Bodenbearbeitung übernehmen kann. Fraunhofer Forschende vom IFAM stellen hier auch das smarte Automatisierungssystem SAMSON vor. Das vor zwei Jahren gestartete Vorhaben will mithilfe digitaler Tools durch die saisonübergreifende Sammlung von Anbaudaten – wie Wachstum, Ernteergebnis und Wassereinsatz – nicht nur Ressourcen einsparen, sondern Obstbauern auch Empfehlungen für den nachhaltigen Anbau liefern.
Podium für Start-ups aus Agtech- und Foodbranche
Mit den Start-up-Days bietet die Grüne Woche nunmehr zum siebten Mal Jungunternehmen aus der Agtech- und Foodbranche eine Plattform. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr: Künstliche Intelligenz in Kombination mit Nachhaltigkeit. Zu den zehn Nominierten, die sich im Pitch präsentierten, zählen das Krefelder Start-up AI.Land mit seinem Gemüseroboter Davegi sowie Value Grain aus Hamburg. Das Start-up aus der Hansestadt hat eine Technologie entwickelt, die Biertreber zu flüssigem Mehl verarbeitet und so für die Lebensmittelindustrie nutzbar macht. „Die Anlage kann in Brauereien integriert werden“, berichtet Dennis Wellmann von Value Grain. „Je nachdem, für welche Lebensmittel der Treber genutzt werden soll, können Parameter wie Konsistenz, Partikelgröße oder Feuchtigkeit eingestellt werden.“ Mit dieser Idee überzeugte Value Grain auch die Jury und wurde Sieger der Start-up-Days.
Auch Liebhaber innovativer Lebensmittel kommen auf der Grünen Woche auf ihre Kosten. Grillencräcker, Algenchips, Trüffeleis mit Ameisen, Tofu aus Kichererbsen oder Mozzarella auf Cashewbasis sorgen für außergewöhnliche Geschmackserlebnisse.
Die Grüne Woche ist noch bis zum 26. Januar für Gäste geöffnet.
bb