Biobasierte Produkte aus regionalen Holzabfällen

Biobasierte Produkte aus regionalen Holzabfällen

Im Projekt H2Wood – BlackForest haben Fraunhofer-Forschende mit Partnern Biowasserstoff mithilfe von Bakterien und Mikroalgen erzeugt sowie kohlenstoffbasierte Koppelprodukte wie Lignin und Stärke gewonnen.

Mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz muss derzeit in genehmigten Großkraftwerken verbrannt werden. In H2Wood entstehen daraus Wasserstoff, Carotinoide und Stärke.
Mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz muss derzeit in genehmigten Großkraftwerken verbrannt werden. In H2Wood entstehen daraus Wasserstoff, Carotinoide und Stärke.

In der holzverarbeitenden Industrie fallen große Mengen Holzabfälle an, die bisher entweder kostenintensiv entsorgt oder energetisch genutzt werden. So darf mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz derzeit nur in speziellen Großkraftwerken verbrannt werden, da die Abluft von den gesundheitsschädlichen Substanzen gereinigt werden muss. Im Projekt „H2Wood – BlackForest“ haben Fraunhofer-Forschende und ihre Partner für die stark von Holzverarbeitung geprägte Region Schwarzwald nun gezielt nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten für Holzabfälle gesucht. 

Biowasserstoffproduktion aus Holzabfällen

Im Fokus stand die Nutzung von regionalem Rest- und Altholz zur biotechnologischen Erzeugung von grünem Wasserstoff und anderen biobasierten Stoffen wie Lignin oder Carotinoide. Dafür wurden in dem seit 2021 laufenden Projekt eigens zwei miteinander verknüpfte Fermentationsverfahren mit wasserstoffproduzierenden Bakterien und Mikroalgen etabliert.

Lignin als Koppelprodukt gewonnen

Holzabfälle wie alte Paletten oder Gartenzäune wurden hierfür zunächst in einem Ethanol-Wasser-Gemisch unter hohem Druck in ihre Grundbestandteile wie Lignin, Cellulose und Hemicellulose zerlegt. Außerdem wurden Störstoffe aus Klebstoffen und Lacken von den Holzfasern getrennt. „Bei der Fraktionierung des Holzes werden die Holzfasern von Lignin befreit, das neben Cellulose und Hemicellulose 20 % bis 30 % der Holzzellwandsubstanz bildet. Dieses Lignin, als eines der Koppelprodukte, ist vielseitig einsetzbar – etwa in Verbundwerkstoffen. Ein Anwendungsbeispiel sind Verschalungen im Auto“, sagt Ursula Schließmann, Projektkoordinatorin und stellvertretende Institutsleiterin am Fraunhofer IGB in Stuttgart.

CO₂ als Nahrungsquelle für Bakterien und Mikroalgen

Die in der Holzfaserfraktion enthaltene Cellulose wurde den Forschenden zufolge dann in einzelne Zuckermoleküle wie Glucose gespalten. Mit der Glucose wurden dann Bakterien im Fermenter gefüttert, wo diese Wasserstoff und CO₂ produzierten. Das aus dem Gasgemisch abgetrennte Kohlendioxid wurde den Forschenden zufolge wiederum genutzt, um Mikroalgen im Photobioreaktor zu vermehren.

„Die Stoffwechselprodukte der Bakterien, also der vermeintliche Abfallstrom CO₂, stellt also die Nahrung für die Mikroalgen dar und geht nicht als schädliches Klimagas in die Abluft“, erklärt die Projektkoordinatorin. „Die Mikroalgen synthetisieren daraus unter Lichteinfluss Carotinoide beziehungsweise Pigmente als weitere, von unterschiedlichen Industriebranchen verwertbare Koppelprodukte“. In einem weiteren Schritt seien die Mikroalgen in einen speziell dafür entwickelten Reaktor überführt worden, in dem sie mittels direkter Photolyse Wasserstoff freisetzen, heißt es.

Von links: Unbehandeltes Altholz, Holz in der Aufschlusslösung, Cellulosefasern (nach Kochung und Waschgang), Zuckerlösung aus Cellulosefasern, anaerober Wasserstoffproduzent (Bakterien), Mikroalgen
Von links: Unbehandeltes Altholz, Holz in der Aufschlusslösung, Cellulosefasern (nach Kochung und Waschgang), Zuckerlösung aus Cellulosefasern, anaerober Wasserstoffproduzent (Bakterien), Mikroalgen

Hohe Ausbeuten erwartet

Grüner Wasserstoff (H2), der mittels Elektrolyse von Wasser mit erneuerbaren Energien hergestellt wird, gilt als Schlüsselelement der Energiewende. Mithilfe des neuen biotechnologischen Ansatzes ist es den Forschenden nicht nur gelungen, die energetische Verwertung regionaler Holzabfälle zu Wasserstoff mit einer stofflichen Nutzung zu verknüpfen. Sie rechnen ebenfalls mit hohen Ausbeuten. Wie das Team berichtet, wurden im Projekt aus einem Kilogramm Altholz etwa 0,2 Kilogramm Glucose gewonnen. Daraus könnten den Forschenden zufolge mithilfe anaeroben Mikroorganismen 50 Liter H2 hergestellt werden. Aus zwei Kilogramm CO₂, das aus dem Gasgemisch abgetrennt wurde, entstand im Photobioreaktor ein Kilogramm Mikroalgenbiomasse. Die Biomasse enthielt neben bis zu 50 % Stärke auch das Farbpigment Lutein, das als Lebensmittelfarbstoff zum Einsatz kommt.

Pilotanlage zur Biowasserstoffproduktion kommt 2025

Die neuen Fermentationsverfahren werden nun in eine modulare Pilotanlage zur Produktion von Biowasserstoff am Campus Schwarzwald in Freudenstadt integriert. Sie soll noch in diesem Jahr den Betrieb aufnehmen.  Darüber hinaus entstand für die Schwarzwaldregion eine Wasserstoff-Roadmap. Sie zeigt, wie der regional erzeugte Biowasserstoff durch lokale Betriebe und Energieversorger genutzt werden kann.

Das Verbundvorhaben H2Wood – BlackForest wird von 2021 bis 2025 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Wasserstoffrepublik Deutschland“ mit insgesamt knapp 11 Mio. Euro gefördert. Neben dem Fraunhofer IGB sind daran das Fraunhofer IPA, die Universität Stuttgart, das Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF und der Campus Schwarzwald beteiligt.

bb