Bestäuber leiden unter Plastikverschmutzung
Ablagerungen von Plastikpartikeln im Boden können das Verhalten von Bienen und damit die Funktion von Agrarlandschaften sowie die globale Ernährungssicherheit gefährden. Das zeigt eine internationale Studie unter Beteiligung deutscher Forschender.
Kunststoffe verschmutzen nicht nur die Gewässer und das Land. Die winzigen Nano- und Mikroplastikpartikel (NMP) werden auch zunehmend für die Ökosysteme zu einer Gefahr. Welche negativen Folgen Mikroplastik für die marinen Ökosysteme und einzelne Meeresbewohner hat, ist bereits durch zahlreiche Studien belegt. Welche Folgen die Verschmutzung auf Agrarökosysteme hat, ist hingegen wenig untersucht. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Universität Tübingen sowie chinesischer Forschender liefert dazu nun erstmals Daten.
Folgen der Plastikverschmutzung für Insekten und Landwirtschaft
Im Rahmen einer sogenannten Übersichtsstudie hat das Forschungsteam insgesamt 21 bereits veröffentlichte Einzeluntersuchungen zusammengefasst. Dabei konzentrierten sich die Forschenden darauf, wie Bestäuberinsekten und andere Nützlinge mit den Nano- und Mikroplastikpartikeln in Kontakt kommen und welche Folgen die Plastikaufnahme für Insekten sowie für die von ihnen abhängigen Ökosysteme und die landwirtschaftliche Produktion hat.
Wie das Team in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichtet, konnten verschiedene Quellen identifiziert werden, die zur Plastikverschmutzung beitragen. Dazu zählen unter anderem Plastikfolien, Düngemittel, verschmutztes Wasser, aber auch atmosphärische Ablagerungen – also Partikel, die über die Luft verbreitet werden.
Bestäuberleistung der Bienen und Ertrag gefährdet
Das Problem: Die Plastikpartikel reichern sich in den Böden an und werden dann von Bestäubern und Nutzinsekten, die wichtige Gehilfen bei der Schädlingsbekämpfung sind, über die Luft und die Nahrung aufgenommen oder sogar im Nestbau verwendet. Den Forschenden zufolge kann die Aufnahme der NMP bei Bienen beispielsweise zu Verdauungsproblemen und Verhaltensänderungen führen und das Immunsystem schwächen. Dadurch würden die Bienen beispielsweise anfälliger für Krankheiten und könnten Pflanzen möglicherweise weniger effektiv bestäuben, schreiben die Forschenden.
„Wir finden Mikroplastik im Darm von Bienen und sehen, wie Wildbienen Plastik zum Nestbau nutzen. Wir müssen daher dringend erforschen, welche Wechselwirkung dies mit anderen Stressoren, wie dem Klimawandel, für die Bienen und ihre Bestäubungsleistungen hat“, sagt Alexandra-Maria Klein, Ko-Autorin der Studie und Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg.
Wenn die natürlichen Bestäuber kränkeln oder gar ganz ausfallen, hätte das fatale Folgen für die landwirtschaftliche Produktion. „Eine sinkende Bestäubungsleistung wirkt sich nachteilig auf den Ertrag von Nutzpflanzen aus. Die Plastikverschmutzung könne so bestehende Unsicherheiten bei der globalen Nahrungsmittelversorgung weiter verschärfen“, warnen die Forschenden.
Hotspots für Wechselwirkung von Plastikpartikeln und Viren identifiziert
Aber nicht nur das: Die Verschmutzung durch Nano- und Mikroplastikpartikel kann der Studie zufolge die negativen Effekte von anderen Umweltstressoren wie Pestiziden, chemische Verschmutzung, Pilzen und Krankheitserregern noch verstärken. So konnten die Forschenden „Hotspots“ identifizieren, an denen es eine Wechselwirkung zwischen Plastikpartikeln und schädlichen Viren gab. Solche Interaktionen könnten „zu besonders gravierenderen Effekten von NMP auf Bestäuber und damit auf die Stabilität des Nahrungsmittelsystems führen“, schreiben die Forschenden.
In der Studie wird erstmals systematisch aufgezeigt, wie sich die Plastikverschmutzung auf Bienen auswirkt und welche Folgen das für die Landwirtschaft hat. Weitere Forschungen seien jedoch dringend nötig, da die Datenlage zu einigen Bestäubern und Nützlingen wie Hummeln und Marienkäfern mitunter unzureichend war und sich daher die Wirkung verschiedener NMP-Größen und -Mengen nicht differenziert beschreiben ließen. Für die Freiburger Forscherin Alexandra-Maria Klein steht jedoch fest: „Die Plastikverschmutzung muss dringend politisch gesteuert werden.“
bb