„Alternativen zur Bäckerhefe als Zellfabrik erschließen“
Lena HochreinBeruf:
promovierte Molekularbiologin
Position:
Leiterin der neuen BMBF-Nachwuchsgruppe „TAILOR – Maßgeschneiderte Wirtsorganismen für die Bioökonomie von morgen“
Beruf:
promovierte Molekularbiologin
Position:
Leiterin der neuen BMBF-Nachwuchsgruppe „TAILOR – Maßgeschneiderte Wirtsorganismen für die Bioökonomie von morgen“
Die Potsdamer Nachwuchsgruppe TAILOR unter Leitung von Lena Hochrein will die Bäckerhefe und andere Hefen so optimieren, dass sie als Zellfabrik für die Bioökonomie vielseitig einsetzbar sind.
Ohne Mikroorganismen gäbe es weder Brot, Käse noch Bier und Wein. Die Stoffwechselleistungen von Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen sind vor allem mit Blick auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise von besonderer Bedeutung. Mit ihrer Hilfe können nachwachsende Rohstoffe in neue Substanzen und maßgeschneiderte Produkte für die Bioökonomie verwandelt werden. Die Mikroorganismen sind daher wertvolle Produktionsfabriken, um Chemikalien, Medikamente, Impfstoffe oder Treibstoffe herzustellen. Diese Zellfabriken noch leistungsfähiger zu machen, ist das Ziel der Nachwuchsgruppe TAILOR von Lena Hochrein. Die Potsdamer Forschenden werden dafür die Bäckerhefe so optimieren, dass sie als Zellfabrik zuverlässig vielfältige Produkte für die Bioökonomie herstellen kann. Die Arbeit der Nachwuchsgruppe wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative „Kreativer Nachwuchs forscht für die Bioökonomie“ noch bis 2028 mit 2,45 Mio. Euro gefördert.
Welches Ziel verfolgt Ihr Projekt?
Das BMBF-geförderte Projekt „TAILOR“ zielt darauf ab, den Mikroorganismus Hefe so zu optimieren, dass er als „zellbasierte Fabrik“ effizienter arbeitet. Durch die Entwicklung neuer Promotoren zur Kontrolle der Genaktivität können wir Hefestämme schaffen, die vielseitig einsetzbar sind, zum Beispiel in der Herstellung von Biokraftstoffen und anderen biobasierten Produkten. Ein wichtiger Fokus liegt darauf, diese Methoden auch auf weniger bekannte Hefen anzuwenden, um deren Nutzung in der Bioökonomie zu erweitern und nachhaltige Produktionsprozesse zu fördern.
Wovon hängt die Wirtschaftlichkeit von Bioprozessen ab?
Die Wirtschaftlichkeit von Bioprozessen hängt von mehreren Faktoren ab, darunter die Effizienz und Produktivität der eingesetzten mikrobiellen Organismen, die Kosten für Rohstoffe und Energie, die Skalierbarkeit der Prozesse sowie die Marktnachfrage nach den produzierten Bioprodukten. Eine höhere Produktivität der Wirtsorganismen führt zu einer effizienteren Nutzung der Ressourcen und senkt die Produktionskosten. Je effizienter die Mikroorganismen sind und je weniger Ressourcen sie benötigen, desto wirtschaftlicher sind die Bioprozesse. Dies kann durch die Feinregulierung der Proteinlevel innerhalb der Organismen erreicht werden, wobei spezifische Kontrollelemente (sogenannte Promotoren) zum Einsatz kommen, die die mehrstufige Umsetzung der Substrate zu Endprodukten steuern.
Welchen Ansatz verfolgt die Nachwuchsgruppe, um die Effektivität von Bioprozessen zu steigern? Welche Anwendungen stehen dabei im Fokus?
Unsere Gruppe entwickelt stabile synthetische Promotoren, die Schwankungen in den Kultivierungsbedingungen tolerieren und dadurch sehr zuverlässig funktionieren. Wir nutzen die Bäckerhefe, um standardisierte Prozesse zu entwickeln, die leicht auf andere Hefen übertragen werden können. Ziel ist die Etablierung von Plattformstämmen, die eine schnelle und effiziente Optimierung des gewünschten Biosynthesewegs erlauben. In der Anwendung fokussieren wir uns derzeit auf die nachhaltige Produktion von Biokraftstoffen, Biochemikalien und Proteinen für die Lebensmittelindustrie.
Was ist das Innovative an Ihrer Methode und wie kann die Bioökonomie davon profitieren?
Unsere Methode ermöglicht es, eine große Vielfalt genetischer Steuerungssequenzen nahezu ohne zeit- und kostenaufwändige Klonierungen direkt mit Zielgenen zu koppeln. Zudem entwickeln wir lichtinduzierte Genschalter, die chemische Induktoren durch energieeffiziente LEDs ersetzen, was die Nachhaltigkeit verbessert. Die Bioökonomie profitiert durch effizientere, umweltfreundliche Produktionsprozesse und vielseitig einsetzbare Mikroorganismen, die kostengünstig eine breite Palette nachhaltiger Produkte herstellen können.
Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand und was steht als Nächstes an?
Derzeit entwickeln wir unsere Methoden zur Steuerung der Genaktivität in der Bäckerhefe und testen und evaluieren sie auch in alternativen Hefen wie Yarrowia lipolytica. Nächste Schritte umfassen die Anwendung dieser Techniken auf weniger bekannte Hefen sowie die Skalierung der Prozesse für industrielle Anwendungen. Hierzu arbeiten wir eng mit Industriepartnern zusammen, um sicherzustellen, dass unsere Entwicklungen in der Praxis wirtschaftlich und effizient sind.
Interview: Beatrix Boldt