Tortelloni mit Mikroalgen als Fisch-Ersatz
Forschende der Universität Hohenheim und des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik arbeiten an einer Fischalternative aus Mikroalgen und setzen bei deren Fermentation erstmals auf Pilze.
Vegane Lebensmittel liegen im Trend. Tierische Proteine aus Fleisch oder Fisch werden dabei durch pflanzliche Eiweiße beispielsweise aus Erbsen, Soja oder Weizen ersetzt. Im Vergleich zu Fleischersatzprodukten ist das Angebot zu pflanzlichen Fischalternativen eher gering. Auch mit Blick auf gesunde Inhaltsstoffe wie die so wichtigen Omega-3-Fettsäuren kann der Fischersatz mit dem tierischen Vorbild ohne Zusätze noch nicht mithalten. Forschende der Universität Hohenheim in Stuttgart und des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB wollen das ändern. Das Team arbeitet derzeit an einer Fischalternative aus Mikroalgen.
Mikroalge mit hohem Anteil an Omega-3-Fettsäuren
Dabei konzentriert sich die Forschungsgruppe auf den Einzeller Phaeodactylum tricornutum. „Die getrockneten Mikroalgen weisen neben einem Proteinanteil von fast 50 % in der Trockenmasse auch nennenswerte Mengen der langkettigen Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure, kurz EPA, auf. Zudem enthalten sie auch wasserlösliche Ballaststoffe, die wichtig für die Darmgesundheit sind, sowie Vitamin E und Carotinoide“, sagt Lena Kopp, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ernährungsmedizin der Universität Hohenheim.
Die Kultivierung der Mikroalge erfolgt in großen Photo-Bioreaktoren am Fraunhofer IGB. Hier können die Forschenden die Wachstumsbedingungen regulieren und damit die Produktion der Inhaltsstoffe entsprechend beeinflussen. „So produzieren die Mikroalgen viel EPA, wenn ihnen genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen. Müssen sie jedoch hungern, bilden sie mehr Ballaststoffe“, erklärt Kopp. Damit Mikroalgen als Lebensmittel wie Fischersatz zugelassen werden, müssen die Forschenden noch einige Hürden meistern. Ein Problem: Mikroalgen schmecken und riechen nach altem Fisch. Verantwortlich dafür sind verschiedene Inhaltsstoffe wie etwa Trimethylamin, das auch entsteht, wenn Fisch länger gelagert wird.
Fermentation der Mikroalgen mit Hilfe von Pilzen
Um den Geschmack der Mikroalgen zu verbessern, verfolgt die Forschungsgruppe daher einen neuen Ansatz: Sie setzt auf die Fermentation mit Hilfe von Pilzen, um Mikroalgen herzustellen. „Dies ist eine uralte Zubereitungsart für Lebensmittel, die in Asien weit verbreitet, aber in Europa nahezu unbekannt ist“, sagt Yanyan Zhang von Fachgebiet Aromachemie der Universität Hohenheim. „Zwar kennen die Menschen hierzulande die Fermentation von Lebensmitteln, wie beispielsweise bei Joghurt und Sauerkraut, aber dafür werden Bakterien genutzt, keine Pilze.“
Speisepilze bauen unerwünschte Substanzen ab
Den Forschenden zufolge kommen bei der Fermentation der Mikroalgen daher bestimmte Speisepilze zum Einsatz. Erste Versuche sind vielversprechend. „Nach ersten Ergebnissen bauen diese Pilze tatsächlich die unerwünschten Substanzen ab“, berichtet Marina Rigling. „Allerdings leider auch zu einem kleinen Teil die erwünschten Inhaltsstoffe.“ Hier gibt es Rigling zufolge noch erheblichen Forschungsbedarf.
Die Forschenden sind überzeugt, dass sich Mikroalgen als Fischalternative besonders eignen – nicht zuletzt wegen ihres von Natur aus fischigen Geschmacks. Tests mit Probanden haben bereits gezeigt, dass Mikroalgen den täglichen Bedarf an Omega-3-Fettsäuren decken können. Nach einem zweiwöchigen Versuch mit einem Algen-Smoothie fanden sich im Blut der Probanden ähnlich hohe Mengen an Omega-3-Fettsäuren wie nach der Einnahme von Fischölkapseln.
Interesse an Vermarkung der Mikroalgen-Produkte
Im Test mit verschiedenen Lebensmitteln auf Mikroalgenbasis darunter Flammkuchen und Algen im Blätterteig sowie Tortelloni mit verschiedenen Füllungen kam letztlich eine mit Bärlauch-Pesto gefüllte Teigtasche bei den Testpersonen am besten an. Bei der Produktentwicklung arbeiten die Forschenden mit einem Bio-Unternehmen aus Hayingen auf der Schwäbischen Alb zusammen, das auch an einer Vermarktung der Mikroalgen-Produkte interessiert ist.
bb