„Digitale Systeme werden die Agrarproduktion optimieren“

„Digitale Systeme werden die Agrarproduktion optimieren“

Hans W. Griepentrog

Beruf:
Ingenieur und promovierter Agrarwissenschaftler

Position:
Leiter des Fachgebiets für Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion der Universität Hohenheim

Agrarwissenschaftler Prof. Hans W. Griepentrog,
Vorname
Hans W.
Nachname
Griepentrog

Beruf:
Ingenieur und promovierter Agrarwissenschaftler

Position:
Leiter des Fachgebiets für Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion der Universität Hohenheim

Agrarwissenschaftler Prof. Hans W. Griepentrog,

Der Agrarwissenschaftler Hans W. Griepentrog will mithilfe modernster Technologie chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel auf dem Acker ersetzen.

KI-gestützte Feldroboter könnten der Landwirtschaft auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit einen deutlichen Schub geben. Davon ist Agrarwissenschaftler Hans G. Griepentrog überzeugt. Der Wissenschaftler der Universität Hohenheim hat in den vergangenen Jahren einen Feldroboter mit KI-gesteuerter Datenanalyse und intelligenter Sensorik entwickelt, der autonom auf Äckern die Runden dreht, Unkraut jätet und dem Landwirt Düngeempfehlungen gibt.

 

Frage

Mit Landwirtschaft 4.0 soll das Agrarsystem der Zukunft nachhaltiger werden. Was bedeutet Landwirtschaft 4.0 eigentlich konkret?

Antwort

Landwirtschaft 4.0 ist die Weiterentwicklung der in landwirtschaftlichen Betrieben aktuell eingesetzten Technologien mit dem Ziel einer umfassenden Digitalisierung, um Produktionsprozesse zu optimieren und dokumentieren. Dabei kommen verstärkt die automatische Maschinenkommunikation (Internet of Things), eine umfassende Datenspeicherung (Cloudcomputing), Methoden der Künstlichen Intelligenz (Big Data) und autonome Maschinen (Agrarroboter) zum Einsatz.

Frage

Welche Chancen bietet die Digitalisierung für die Pflanzenproduktion?

Antwort

Die Landwirtschaft steht heute vor der Herausforderung, eine hohe Produktivität bei gleichzeitig wachsenden Anforderungen an nachhaltigen Umweltschutz, Senkung der Kosten, Produktqualität, Berücksichtigung der Biodiversität und Klimaneutralität zu gewährleisten. Dies gelingt nur, wenn die komplexen Produktionsprozesse mit Sensorik und Software umfänglich erfasst und beschrieben werden. Mittels KI-basierter Datenanalysen können zu den jeweiligen Situationen während der Vegetation daraus optimierte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Die nötigen Maßnahmen werden danach präzise und ressourcenschonend mittels autonomer Agrarroboter ausgeführt. Verstärkt wird dies darüber hinaus durch die Vernetzung innerhalb der Wertschöpfungskette vom Landwirt bis zur Vermarktung. Damit kann der Einsatz digitaler Systeme die Produktion der einzelnen Betriebe unterstützen sowie diese optimal auf den Bedarf ausrichten.

Frage

Wie können modernste Technologien wie Feldroboter oder Drohnen die Lebensmittelproduktion verbessern und gleichzeitig zur Sicherung der Ernährung beitragen?

Antwort

Modernste digitale Technologien wie Drohnen und Feldroboter verbessern die Erfassung des aktuellen Bedarfs des Pflanzenbestandes beispielsweise an Nährstoffen und Pflanzenschutzmaßnahmen und tragen somit dazu bei, die Betriebsmittel wesentlich effizienter zu nutzen. Sie liefern Daten und Informationen, die in einem sogenannten Farm-Informationssystem (FMS) gespeichert und analysiert werden. Durch vernetzte FMS wird es möglich, über den Einzelbetrieb hinaus die Produktion in Fruchtart, Quantität und Qualität auf die Bedürfnisse des Marktes abzustimmen. Beim Digitalgipfel am 9. Dezember in Berlin hat der KI-gestützte Feldrobtoter seinen ersten Auftritt – und das im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Frage

Landwirtschaft 4.0 war auch das Thema des Verbundprojektes NOcsPS, das vom BMBF gefördert wurde. Welchen Ansatz verfolgte das Projekt und was wurde erreicht?

Antwort

Das Konsortium NOcsPS entwickelt ein neues Landbausystem, bei dem u. a. unter Einsatz der zuvor genannten Technologien auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird, bei gleichzeitig optimiertem Einsatz von Mineraldüngern. Damit soll die Versorgung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln in ausreichenden Mengen sichergestellt werden, bei gleichzeitig naturschonender Bewirtschaftung mit vergleichsweise hohen Ökosystemleistungen wie Biodiversität, Boden- und Wasserschutz. Dies wird auch erreicht durch die Nutzung vielfältiger Fruchtfolgen mit resilienten Sorten, unter Berücksichtigung der jeweiligen Standortgegebenheiten und angemessener Bodenbewirtschaftung für eine möglichst nachhaltige Nahrungsmittelproduktion.

Frage

Im Projekt wurden Anwendungen für einen Agrarroboter entwickelt, die nun erstmals auf dem Digital-Gipfel in Berlin in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgestellt werden.

Was ist das Besondere an dem Feldroboter und wo kann er eingesetzt werden?

Antwort

Der Feldroboter kann für unterschiedliche Aufgaben auf landwirtschaftlichen Feldern ausgerüstet werden. Das Exponat zeigt einen Aufbau, bei dem der Feldroboter mittels intelligenter Sensorik autonom auf Äckern unterwegs ist und Kulturpflanzen von Unkraut unterscheiden kann. Dazu erfasst er die Pflanzen mit Kamera- und Lasersensoren und wertet die Daten mit Methoden der Künstlichen Intelligenz in Echtzeit aus. Das Maschinensystem entfernt das Unkraut mit Hilfe der angebrachten Werkzeuge mechanisch und ohne Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Damit leistet der KI-gestützte Feldroboter einen Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Nützliche Begleitflora, die das Wachstum der Kulturpflanze fördert und Lebensraum für Insekten bietet, wird weitgehend geschont. Das elektrisch angetriebene Maschinensystem kann mit regenerativem Strom betrieben werden und stößt damit keine klimarelevanten Schadgase aus.

Frage

Inwiefern können Landwirte vom Einsatz des Roboters profitieren?

Antwort

Landwirte können ihre Betriebsmittel erheblich reduzieren bei gleichbleibendem Pflanzenertrag. Das reduziert Kosten. Gleichzeitig wird der Boden vor Verdichtungen geschützt, da das Maschinengewicht weit unter einer Tonne liegt und der Roboter mit einem bodenschonenden Bandlaufwerk ausgerüstet ist. Um den Roboter zu betreiben, kann er selbsterzeugte Elektrizität aus einer betriebseigenen Biogasanlage oder einer Photovoltaikanlage nutzen.

Frage

Wann wird der Agrarroboter in der landwirtschaftlichen Praxis einsetzbar sein?

Antwort

Als wissenschaftliche Institution haben wir das System entwickelt und nachgewiesen, dass viele positive Effekte zu erwarten sind. Die kommerzielle Anwendung und die Entwicklung zur Marktreife müssen Herstellerfirmen übernehmen. Diese und ähnliche Systeme sind bereits bei Herstellern in der Erprobung.

Interview: Beatrix Boldt