Copolymere machen Biokunststoff geschmeidiger

Copolymere machen Biokunststoff geschmeidiger

Die SoBiCo GmbH hat in Pferdsfeld die erste Produktionsanlage zur Herstellung einer neuartigen Biokunststoffklasse namens Plactid gestartet.

Dr. Gerald Hauf, Geschäftsführer der Polymer-Gruppe und Dr. Antje Lieske, Leiterin der Abteilung »Polymersynthese« am Fraunhofer IAP eröffnen mit innovativen PLA-Copolymeren neue Anwendungsfelder für Biokunststoffe.
Dr. Gerald Hauf, Geschäftsführer der Polymer-Gruppe, und Dr. Antje Lieske, Leiterin der Abteilung »Polymersynthese« am Fraunhofer IAP, eröffnen mit innovativen PLA-Copolymeren neue Anwendungsfelder für Biokunststoffe.

Produkte wie Joghurtbecher, Flaschen oder Kinderspielzeug bestehen heutzutage zunehmend aus biobasierten Kunststoffen. Marktführer unter den Biokunststoffen ist PLA (Polylactid), das aus Milchsäure hergestellt wird, die wiederum durch Fermentation aus einer Kohlenhydratquelle wie Maisstärke oder Zuckerrohr gewonnen wird. Vor allem in der Verpackungsindustrie haben sich Kunststoffe aus Polymilchsäure durchgesetzt. Doch PLA-Kunststoffe haben einen Nachteil: Sie sind oft steif und spröde und daher in der Anwendung begrenzt. Das könnte sich nun ändern.

Produktion flexibler PLA-Copolymere

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam hat die SoBiCo GmbH – eine Tochter der Polymer-Gruppe – eine neuartige Klasse von Biokunststoffen entwickelt. Dabei handelt es sich um flexible PLA-Copolymere, die nun unter dem Namen Plactid auf den Markt kommen. Anfang Juli ist im rheinland-pfälzischen Pferdsfeld die erste Produktionsanlage zur Herstellung des neuartigen Biokunststoffs feierlich eröffnet worden.

Breites Einsatzspektrum durch bessere Formbarkeit

„Unsere neu entwickelten PLA-Copolymere zeichnen sich dadurch aus, dass ihre mechanischen Eigenschaften in einem sehr weiten Bereich eingestellt werden können“, erklärt Gerald Hauf, Geschäftsführer der Polymer-Gruppe. „So können mit Plactid Reißdehnungen – ein Kennwert, der angibt, wie verformbar ein Werkstoff ist – von 3 bis 300 Prozent erreicht werden. Das macht diese Biokunststoffe für ein deutlich breiteres Spektrum an Anwendungen interessant, als es bei herkömmlichem PLA der Fall ist“, so Hauf.Das Einsatzspektrum des neuartigen Biokunststoffs reicht von Lebensmittelverpackungen über Spritzguss-Anwendungen bis hin zu Fasern und 3D-Druck-Filamenten.

Copolymere mit hohem biobasierten Anteil

Das Besondere an dem neuartige Produktionsverfahren: Zur PLA-Herstellung wird aus Lactid und einem weiteren Comonomer ein PLA-Copolymer synthetisiert. Die Verfahrensschritte der Polymerisation und der Compoundierung, die eigentlich getrennt ablaufen, wurden hier in einem Prozess vereint, so dass Zeit, Energie und Kosten eingespart werden. „Über den Anteil des biobasierten PLA am so hergestellten Kunststoff können wir sehr präzise steuern, wie flexibel das Material am Ende ist. Unsere PLA-Copolymere sind momentan zwischen 75 und 95 Prozent biobasiert“, erklärt Antje Lieske vom Fraunhofer IAP.
 
In der neu eröffneten Produktionsanlage in Pferdsfeld sollen jährlich 2.000 Tonnen des neuartigen Biokunststoffs produziert werden. In Idar-Oberstein ist bereits eine weitere Produktionsstätte mit einer Kapazität von 100.000 Tonnen geplant. Bis zu 50 Mio. Euro will die Polymer-Gruppe hier investieren und 300 neue Arbeitsplätze schaffen. „Unser Ziel ist es, bis 2030 den Anteil von Biokunststoffen und nachhaltigen Materialien an unserem Portfolio auf 30 % zu steigern. Die gemeinsame Entwicklung mit dem Fraunhofer IAP ist unsere wichtigste Initiative, um dieses Ziel zu erreichen“, so Hauf.
 
Die SoBiCo GmbH (Solutions in BioCompounds) wurde 2020 gegründet und ist auf die Produktion der neu entwickelten flexiblen PLA-Copolymere spezialisiert. An der Entwicklung des neuartigen PLA-Copolymers und des Herstellungsverfahrens waren Forschende vom Fraunhofer IAP beteiligt. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

bb