Photovoltaik auf dem Acker
Nahrungsmittel und Strom gleichzeitig erzeugen: Dieses Konzept wurde jetzt am Bodensee umgesetzt. Forscher testen, welche Kulturpflanzen zum Anbau unter Solarpaneelen geeignet sind.
Windkrafträder und Solaranlagen sind ein Treiber der Energiewende. Doch die Nutzung wertvoller Ackerflächen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien kollidiert oft mit den Interessen der Landwirtschaft, Nahrungsmittel anzubauen. Salat, Weizen oder Kartoffeln unter Solarmodulen zu plazieren, könnte da eine Lösung sein. Das Konzept der „Agrophotovoltaik“ wurde bereits in den 80er Jahren vom Gründer des Fraunhofer Institutes für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, Adolf Goetzberger, entworfen, um Land doppelt zu nutzen- und zwar sowohl für die Produktion von Energie als auch von Nahrung. 2011 wurde der Vorschlag von ISE-Forschern wieder aufgegriffen und im Rahmen des Projektes „Innovationsgruppe APV-RESOLA: Agrophotovoltaik“ erstmals umgesetzt.
Im September wurde nun in der Region Bodensee- Oberschwaben die erste APV-Pilotanlage eröffnet. Das bis 2019 dauernde Forschungsprojekt wird vom Fraunhofer ISE geleitet und vom Bundesforschungsministerium (BMBF) im Rahmen des Programms „FONA – Forschung für nachhaltige Entwicklung“ mit insgesamt 2,8 Mio. Euro gefördert. Projektpartner sind neben dem Fraunhofer ISE, die Universität Hohenheim, das Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie der Energieversorger EWS-Schönau, der Landwirtschaftsbetrieb BayWa sowie die Demeter Hofgemeinschaft Heggelbach.
Vier Pflanzenarten im Solarmodultest
Die Solardachkonstruktion überspannt dabei etwa ein Drittel des 2,5 Hektar großen Testgeländes auf dem Demeter Bauernhof. Der Rest dient als Referenzfläche, um die Erträge der Nutzpflanzen ohne Agrophotovoltaik-Technik zu vergleichen. Hier wollen Forscher in den kommenden Jahren testen, welche Kulturpflanzen sich für den Anbau unter Solarpanelen eignen. „In den nächsten zwei Jahren werden wir Kleegras, Winterweizen, Kartoffeln und Sellerie in einer Fruchtfolge testen, die an den Betrieb angepasst ist“, erklärt Petra Högy vom Fachgebiet Pflanzenökologie und Ökotoxikologie der Universität Hohenheim. Kriterien für die Bewertung sind etwa die Pflanzenhöhe, die Blattfläche, die Gesundheit der Pflanzen, die Erträge und die Ertragsqualität.
Geringerer Ernteertrag unter Solarpanelen erwartet
Die Biobauern in Heggelbach blicken voller Erwartung auf die erste Ernte im kommenden Jahr. „Wir sind gespannt auf den Praxistest der APV-Pilotanlage. Für uns ist entscheidend, dass die Anlage einfach zu handhaben ist und ein Ernteertrag von mindestens 80 Prozent im Vergleich zum Referenzfeld ohne PV-Module erzielt werden kann“, so die Erwartungen von Thomas Schmid von der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach.
Konzept einer Agrophotovoltaik-Anlage
Salat und Kartoffel bevorzugen weniger Sonne
Frühere Studien der ISE-Fraunhofer stimmen optimistisch, dass das Agrophotovoltaik-Konzept aufgeht. Bestimmte Nutzpflanzen wie Kartoffeln oder Salat wuchsen danach bei geringerer Sonneneinstrahlung, wie unter dem Dach der APV-Anlage sogar besser, als in praller Sonne. „Das dient nicht nur der Nachhaltigkeit, sondern schafft auch eine neue Einkommensmöglichkeit für die Landwirte. Denn in trockeneren und heißeren Regionen kann die teilweise Beschattung der Fläche durch die APV-Anlagen auch von Vorteil für die Pflanzenproduktion sein“, so Iris Lewandowski, Expertin für nachwachsende Rohstoffe an der Universität Hohenheim.
Sonnenenergie für Pflanzen und für 62 Haushalte
Die Hohenheimer-Experten rechnen auf Grund der doppelten Flächennutzung zwar mit etwas geringeren Pflanzenerträgen, aber dafür „mit gleichzeitig erheblichen Mengen an regenerativer Energie“. Mit der hier installierten APV-Leistung von 194,4 kWp können pro Jahr 62 Haushalte in Heggelbach und Umgebung mit Sonnenenergie beliefert werden. „Gemeinsam mit den Kooperationspartnern, die technische Aspekte, die gesellschaftliche Akzeptanz oder die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen betrachten, wollen wir am Ende des Projektes in knapp drei Jahren konkrete Empfehlungen für die Praxis geben können“, erläutert Petra Högy das Ziel.
bb