Grüne Mode zieht viel Publikum an
Mehr als 200 Aussteller zeigten auf der internationalen Modemesse NEONYT auf dem Flughafen Tempelhof in Berlin, was nachhaltige Mode zu bieten hat.
Kleidung und Schuhe aus Pflanzenfasern oder Fischabfällen, Taschen aus recycelten Plastikflaschen – und das alles fair und nachhaltig produziert zum Schutz der Umwelt: Die Modewelt ist im Wandel. Davon zeugt die internationale Modemesse NEONYT, die im Rahmen der Fashion Week vom 14. bis 16. Januar in Berlin stattfand. Schauplatz für nachhaltige Mode war in diesem Jahr der ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof. In Hangar 4, wo einst Flugzeuge gewartet wurden, konnten Besucher in die Welt der nachhaltigen Mode abtauchen. Mit Halle X wurde auf dem angrenzenden Flugfeld sogar ein extra Pavillon errichtet, um die Vielzahl der Aussteller unterzubringen. Mit mehr als 200 Labels aus 22 Ländern hat die NEONYT 2020 einen neuen Rekord erreicht.
Start-ups dominieren grüne Mode
Die Messe macht eines deutlich: Nachhaltige Mode ist lässig, schick und modern und weit weg vom früheren Image der Ökomode. Auch wenn große Textilunternehmen in Richtung faire Textilien steuern, sind es doch vor allem Start-ups, die auf der NEONYT das Feld der grüne Mode dominieren. Allen Ausstellern gemein ist der Leitgedanke der Nachhaltigkeit, viele Labels sind zertifiziert, setzen auf natürliche Materialien, umweltschonende Verfahren mit einem geringen CO2-Abdruck. Biobasierte und nachhaltige Materialien aus Reststoffen und Pflanzenfasern sowie recycelten PET-Flaschen und Plastikmüll aus dem Meer prägten das Bild der diesjährigen NEONYT besonders.
T-Shirt von like a bird für Kaffeeliebhaber: Die Fasern bestehen aus Kaffeesatz.
T-Shirts aus Kaffeesatz und Sneakers aus Lachshaut
Dass Kaffeesatz nicht nur für die Biotonne gut ist, beweist das bei Bielefeld ansässige Label like a bird mit einem T-Shirt aus Kaffeefasern. „Diese Neonyt ist für uns Aussteller ein echter Erfolg, das Interesse an nachhaltiger Mode ist auch dank der direkt benachbarten Panorama Berlin riesig", sagt Tanja Kliewe-Meyer, die Geschäftsführerin von like a bird.
Wie farbintensiv rote Beete, Rosmarin und Mandelkerne sein können, zeigte die Modemarke ARMEDANGELS mit ihrer Kollektion. Die Kölner nutzen Pflanzen zum Färben von Textilien. Nuuwai aus Isernhagen bei Hannover setzt hingegen auf Apfelreste bei der Herstellung von veganen Ledertaschen, während Nae Vegan Shoe aus Portugal Boots und Sneakers aus Bananen- und Ananasfasern präsentiert. Das dänische Label WODEN überrascht mit Sneakers aus Fischleder. Das Start-up verarbeitet Fischhäute vom Lachs, die bei der Lebensmittelproduktion anfallen.
Boots aus Ananasleder von Nae Vegan Shoes (vorn im Bild)
Mode aus recyceltem Plastik
Gerade Hersteller von Schuhen und Rucksäcken setzen vermehrt auf den Einsatz recycelter Materialien aus Plastik oder Industriereststoffen. So nutzt Freibeutler aus Hamburg für seine veganen Rucksäcke Industrieabfälle. „Unsere Rucksäcke bestehen zu 100% aus recyceltem Nylon, das bei der Teppichherstellung abfällt“, erklärt der Mitgründer des Start-ups, Julian Köster. Handtaschen und Accessoires aus Kork mit Kunstfilz sind das Markenzeichen von UlSTO. Mit der Verarbeitung von Plastikflaschen zu Filz will das Dresdner Start-ups vor allem eins – Plastikmüll reduzieren. Auch bei den Details wurde auf Nachhaltigkeit geachtet, wie UlSTO- Gründerin Ulrike Stolze erklärt. „Auch unsere Gurtbänder bestehen aus recyceltem Meeresplastik und Industrieabfällen, dem regenerierten Nylon (Econyl).“ Die Schuhe von Lemon Jelly aus Portugal bestehen zu 100% aus recycelten Plastikmüll. Der Clou: „Die Kunden können ihre Schuhe bei uns zurückgeben. Sie werden dann recycelt und das Material zu neuen Schuhen verarbeitet“, so Catarina Vestia vom Start-up Lemon Jelly.
Zahlreiche Diskussionsrunden wie das Panel zum Thema "Influencer Marketing" fanden am Rande der NEONYT statt.
Nachhaltigkeit als Selbstverständnis
Das umfangreiche Messeprogramm der NEONYT wurde flankiert von zahlreichen Vorträgen und Diskussionsrunden, die sich mit der Zukunft der Modebranche beschäftigten. In einem Panel zum Thema Influencer-Marketing wurde deutlich: Nachhaltige Mode will mehr als nur schön sein. „Es geht um mehr als nur das Produkt. Man muss hinter die Kulissen schauen und Inhalte vermitteln“, betonte Journalistin Alexandra Zykunov vom Magazin brigitte be green. Einig waren sich die Experten, dass Begeisterung für nachhaltige Mode nicht mit erhobenem Zeigefinger erreicht werden kann. „Man muss den Menschen die Vorteile aufzeigen. Das Thema muss mit einem größeren Selbstverständnis nach außen getragen werden“, hieß es. So könnte grüne Mode nicht nur zum zeitweiligen Trend, sondern zum Innovationsgeist der gesamten Branche werden.
bb