Laborfleisch trifft auf Akzeptanz

Laborfleisch trifft auf Akzeptanz

Hackfleisch aus der Petrischale wird durchaus als mögliche Alternative zu konventionellen Fleischprodukten akzeptiert, wie eine Innovationsanalyse Karlsruher Forscher zeigt.

Forscher haben untersucht, ob Laborfleisch in der Gesellschaft akzeptiert wird.
Forscher haben untersucht, ob Laborfleisch in der Gesellschaft akzeptiert wird.

Woher kommt das Fleisch auf dem Teller? Diese Frage stellen sich Verbraucher immer öfter. Aktuelle Umfragen zeigen: Aspekte wie Tierwohl und Umweltschutz spielen bei der Kaufentscheidung zunehmend eine Rolle. Zwar bekommen die Proteine von Steak und Schnitzel durch die pflanzlichen Pendants aus Hülsenfrüchten zunehmend Konkurrenz. Der pro Kopfverbrauch beim „menschlichen Konsum“ bei Fleisch ist in Deutschland jedoch seit Jahren mit etwa 60 Kilogramm fast unverändert. In Entwicklungs- und Schwellenländern wie Indien, wo vegetarische Kost eine lange Tradition hat, ist hingegen der Fleischbedarf gestiegen.

Um die wachsende Bevölkerung auch in 20 Jahren noch ernähren zu können, suchen Forscher seit Langem nach Alternativen. Eine vielversprechende Option könnte Laborfleisch sein. Dafür werden Muskelstammzellen von Huhn oder Rind in der Petrischale kultiviert. „In Zukunft könnte In-vitro-Fleisch vielleicht helfen, Probleme zu lösen, die unser Fleischkonsum im Hinblick auf eine wachsende Weltbevölkerung, den Klimawandel und Tierschutz verursachen", erklärt Inge Böhm vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Mit der Kultivierung von tierischen Muskelstammzellen in einer Zellkultur wäre es eventuell nicht länger nötig, unter enormem Ressourcenaufwand Tiere erst heranzuzüchten und dann zu töten.“

Chancen und Risiken von Laborfleisch

Im Rahmen einer vom Bundesforschungsministerium geförderten Innovations- und Technikanalyse (ITA) ist das Team um Böhm der Frage nachgegangen, ob die Gesellschaft In-vitro-Fleisch als Fleischersatz akzeptieren würde. Dafür wurden Experten aus Wissenschaft und Systemgastronomie, Vertreter von Umwelt- und Tierschutzorganisationen sowie ökologischen und konventionellen Anbauverbänden, aber auch Bürger befragt. Ziel war es, Chancen, Risiken und Herausforderungen der Innovation zu analysieren, um mögliche Impulse für eine künftige Forschungspolitik abzuleiten. Die Ergebnisse der zweijährigen Untersuchung wurden am 6. Oktober auf dem ITAForum in Berlin vorgestellt. Mehr gibt es auch auf der Website www.invitrofleisch.info.

Akzeptanz durch Aufklärung 

Demnach akzeptiert die Mehrheit der Befragten In-vitro-Fleisch als eine mögliche Alternative zur konventionellen Fleischproduktion. „Anfangs waren die Teilnehmer noch skeptisch. Doch nach Konfrontation mit den Vorteilen für Umwelt und Tierwohl sahen viele die Innovation positiv", sagte Projektkoordinatorin Arianna Ferrari bei der Veranstaltung. Die Umfrage zeigte auch, wie groß der Wunsch der Teilnehmer nach Aufklärung hinsichtlich der damit verbundenen Probleme ist. Auch sollte nach Wunsch einiger Befragter ein Nährmedium für die Zellen entwickelt werden, das nicht aus Tieren gewonnen wird.

Politische Strategien gefordert

Während Vertreter der Industrie großes Interesse an der Entwicklung zeigten, stieß die kultivierte Kost bei jenen auf Widerstand, die eine generelle Reduzierung des Fleischkonsums und den Ökolandbau favorisieren. Argumente gegen das Fleisch aus dem Labor waren insbesondere die Befürchtung einer weiteren Entfremdung des Menschen vom Tier und die Gefahr einer Monopolisierung der In-vitro-Fleisch-Produktion. Einig waren sich die Befragten hingegen, dass der Fleischkonsum aus Gründen der Nachhaltigkeit reduziert werden muss. „Der überwiegende Teil der Gesellschaft wünscht sich, dass die Politik Strategien entwickelt, um den Fleischkonsum zu reduzieren, die nachhaltige Umgestaltung der Landwirtschaft voranzutreiben sowie Forschung und Entwicklung pflanzenbasierter Alternativen zu fördern“, so Ferrari.

Das Fazit der KIT-Analyse: Noch sind nicht alle Bedenken ausgeräumt, doch Fleisch aus der Petrischale wird als alternativer Fleischersatz durchaus akzeptiert. Der Weg in den Supermarkt ist aber noch weit. Denn die Herstellung von Laborfleisch ist noch sehr teuer und die Massenproduktion in der Zellkultur birgt noch viele Herausforderungen.

bb