Zellen sind die lebenden Wirkstofffabriken der Pharmaindustrie. Auf ihrer Basis werden Biopharmazeutika wie Antikörper zur Behandlung von Krebs oder Rheuma produziert. Ausgangspunkt für eine solche Produktion ist die Entwicklung einer zuverlässigen und stabilen Produktionszelllinie. Zellen eines Produktionsorganismus werden dazu im Labor gentechnisch verändert und danach die Zellen mit den gewünschten Eigenschaften ausgewählt. Sie werden vereinzelt und dann vermehrt. Genau für diesen Schlüsselschritt hat die 2009 gegründete Xell AG aus Bielefeld eine Technologie entwickelt, die auf definierten chemischen Kulturmedien basiert.
Neue Generation von Zellkulturmedien
Bis heute werden verbreitet proteinreiche Kälberseren in der biopharmazeutischen Industrie und in der Zellforschung eingesetzt. Solche Seren bergen jedoch Risiken, denn sie können mit tierischen Viren oder potenziell gesundheitsschädigenden Prionen kontaminiert sein.
Zudem ist die Gewinnung von Kälberseren ethisch fragwürdig, kostenintensiv und die Chargen sind von schwankender Qualität. Proteinseren haben sich zwar in der Zellkultur bewährt, doch mit ihren komplexen Inhaltsstoffen erschweren sie den Biotechnologen die Arbeit, wenn die Zusammensetzung der Nährmedien genau für den Einsatzzweck angepasst werden soll.
Die Lösung der Xell AG: in dem Projekt „Culticlone“ hat das Team ein speziell auf den Einzelzell-Klonierungs-Schritt zugeschnittenes Medium entwickelt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt von 2012 bis 2015 im Rahmen der Förderinitiative „KMU-innovativ: Biotechnologie“ mit knapp 370.000 Euro unterstützt. Der entwickelte Prototyp stellt eine chemisch klar definierte Formulierung dar, die frei von tierischen Inhaltsstoffen ist. „Das Medium ist damit ideal geeignet für die ersten Schritte in der Zelllinienentwicklung für die spätere Wirkstoffproduktion“, sagt Sandra Klausing, die bei Xell für wissenschaftliche Innovationen zuständig ist.
Biotechnologisch erzeugte Proteine hinzugefügt
Dem entwickelten Medium wird ein Mix von biotechnologisch erzeugten Eiweißstoffen hinzugefügt. Andere Medien für diese spezielle Anwendung nutzen hingegen vielmals noch Hydrolysate oder Serum und stellen daher nicht den neusten Technologie-Standard dar. Aktuell arbeitet die Xell AG an der Finalisierung der Formulierung und hat bereits erste Schritte in Richtung einer Vermarktung der im Projekt entstandenen Produkte initiiert.
Auch ein weiteres KMU-innovativ-Vorhaben bei Xell zielt darauf ab, Zellkulturnährmedien für verschiedene Anwendungen weiter zu optimieren. Bisher nicht oder gering lösliche sowie schwer formulierbare Komponenten sollen durch die im Projekt „VECTURA“ entwickelte Technologie vereinfacht in die Nährlösung und letztendlich in die Zellen gebracht werden. In Zusammenarbeit mit der Universität Jena werden eben solche Inhaltsstoffe in Nanopartikel aus Polymeren verkapselt. Im Verlauf eines Bioprozesses werden sie dann von Zellen aufgenommen und die Fracht wird daraufhin in den lebenden Fabriken gezielt freigesetzt. Das BMBF steuert für das Projekt 263.000 Euro bei.
Autor: Philipp Graf