Pilz-Pipelines versorgen Bodenbakterien

Pilz-Pipelines versorgen Bodenbakterien

Leipziger Umweltforscher haben aufgedeckt, wie Pilzgeflechte die Bodenfeuchte regulieren. In trockenen Zeiten werden Bakterien durch die Pilze mit Wasser und Nährstoffen versorgt.

Die bunte Färbung zeigt, dass die Pilzhyphen und daran entlang liegenden Bakterienzellen markierte Nährstoffe enthalten.
Die bunte Färbung zeigt, dass die Pilzhyphen und daran entlang liegenden Bakterienzellen markierte Nährstoffe enthalten.

Böden sind durchzogen von einem feinen Geflecht dünner Pilzfäden, den sogenannten Hyphen. Die oberirdisch sichtbaren Fruchtkörper machen nur einen geringen Teil des eigentlichen Pilzes aus. Bis zu mehreren Quadratmetern, teilweise sogar bis zu mehreren Hektar dehnt sich das unterirdische Geflecht eines einzigen Pilzes aus. Die Hyphen funktionieren dabei wie mikroskopische Pipelines, die den gesamten Organismus mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Lange schon wird vermutet, dass Pilze eine wichtige Rolle im Feuchtigkeitshaushalt der Böden spielen. „Nun konnten wir endlich den experimentellen Beweis erbringen“, sagt Matthias Kästner, Umweltbiotechnologe am Helmholz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Über ihren Fund berichten sie im Fachjournal in "Nature Communications".

Pilze erwecken Bakterien zu neuem Leben

Den Beweis erbrachten die Forscher, indem sie Pilze auf künstlichem Nährboden statt in der Natur wachsen ließen. Der künstliche Nährboden bestand aus einem Substrat mit Wasser, Traubenzucker und stickstoffhaltigen Nährstoffen. Allerdings gab es auch trockene, nährstofflose Substrat-Zonen. Die Hyphen mussten auch durch diese Bereiche wachsen, damit der Pilz ein neues, nährstoffreiches Areal erschließen konnte. In den trockenen Arealen befanden sich Überdauerungsstadien von Bodenbakterien, sogenannte Sporen. Diese werden bei Wasser- und Nährstoffmangel von manchen Bakterienarten gebildet. Sie eine Art „Tiefschlaf-Stadium“, bei dem ihr Stoffwechsel zum Erliegen kommt. Während dieser Phase können sich sich auch nicht vermehren. Sobald die Umgebung ausreichend feucht ist, entstehen aus den Sporen wieder frische Bakterienzellen, die Nährstoffe benötigen und sich durch Zellteilung reproduzieren. „Als die Pilzhyphen durch die trockene Zone hindurch wuchsen, keimten die Sporen der Bakterien aus“, beobachtete UFZ-Umweltmikrobiologie Lukas Wick. Damit setzte auch die mikrobielle Aktivität ein. Offenbar hatten die Pilze die Umweltbedingungen so verbessert, dass die Bakteriensporen zu neuem Leben erwachten. Dieser Beobachtung ist das Forscher-Team nachgegangen.

Pilzhyphen sind Miko-Pipelines für Wasser, Zucker und Nährstoffe

Um herauszufinden, was in wenigen Mikrometern um die Hyphen und Bakteriensporen abläuft, markierten die Forscher Wasser, Zucker und Nährstoffe im Substrat mit sogenannten „schweren Isotopen“. Mit einem speziellen physikalischen Messverfahren, der Massenspektrometrie, konnten später die schweren Isotope sichtbar gemacht werden. „Und tatsächlich konnten wir in den Bakterien die stabilen Isotope des markierten Wassers, der Glucose und den stickstoffhaltigen Nährstoffen nachweisen, die nur die Pilze liefern konnten“, erklärt der UFZ-Umweltbiotechnologe Matthias Kästner.

Relevanz für das Ökosystem Boden

Das Experiment liefert zwei Informationen: Zum einen wirken Pilzhyphen wie kleine Pumpstationen und Pipelines für Wasser, Substrate und Nährstoffe. Zum anderen sorgen sie dafür, dass die bakterielle Aktivität angekurbelt wird. „Die Ergebnisse zeigen, dass Pilze durch ihre Interaktion mit Bakterien eine bedeutende und bislang unterschätzte Rolle im Ökosystem Boden spielen“, so Wick. In Böden enthaltene Schadstoffe können teilweise durch Bakterien abgebaut werden. Ist der Boden zur trocken, kommen die bakteriellen Abbauprozesse zum Erliegen. Kästner: „Ist die Trockenperiode zeitlich begrenzt, wirken Pilze stabilisierend und können die Bodenprozesse am Laufen halten.“ Dies könne insbesondere im Hinblick auf die Veränderungen durch den Klimawandel von Bedeutung sein. Es sei zu erwarten, dass das Verhältnis von trockenen zu feuchten Bodenbereichen zunehmen wird. Zukünftige Experimente unter verschiedenen Umweltbedingungen sollen Erkenntnisse liefern, welchen Einfluss das Pilzwachstum tatsächlich auf den Schadstoffabbau hat.

bp