Von Algenzucht und smarten Traktoren

Von Algenzucht und smarten Traktoren

Ob Food-Trends, biobasierte Alltagsprodukte oder digitale Landwirtschaft: Auf der Internationalen Grünen Woche 2020 ist die Bioökonomie präsenter denn je.

Die Ausstellung vom Wissenschaftsjahr Bioökonomie zeigt eine breite Palette biobasierter Produkte.

Eine neue Halle mit viel Platz für die Lebenswelt Bioökonomie: Auf der Internationalen Grünen Woche ist die hub27 ein echter Publikumsmagnet geworden. Ein Highlight in diesem Jahr: Der Bioökonomie-Pavillon, den die Organisatoren des Wissenschaftsjahres 2020 zusammen mit der ehemaligen Geschäftsstelle des Bioökonomierates und dem Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau gestaltet haben.

Die große Ausstellung spiegelt mit rund 80 Exponaten – vom Prototyp bis hin zum marktfähigen Produkt – das Potenzial der biobasierten Wirtschaft wider. Die Bandbreite reicht vom biobasierten Nagellack, über Bier aus Brotresten bis hin zu biologisch abbaubarer Kleidung aus Eukalyptusfasern und Taschen aus Apfelleder. Am 22. Januar machte auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei ihrem Rundgang auf der Grünen Woche am Pavillon Station.

Am Stand zum Wissenschaftsjahr Bioökonomie demonstieren Martin Reich (rechts im Bild) und Johannes Kopton (links), wie man einen Algenreaktor selbst bauen kann.

Anleitung zur Algenzucht

Besonders beim jüngeren Publikum gefragt: die Algenworkshops. Schülern und ihren Lehrkräften vermittelten Johannes Kopton von der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg und Martin Reich von bioökonomie.de, was Algen zum Wachsen brauchen und wie man einen eigenen Algenreaktor baut. „Sie brauchen vor allem Nährstoffe, Wasser und Licht“, erklärt Reich. Am Ende des Workshops konnten die Teilnehmer ihre eigene Nährstofflösung mit nach Hause nehmen, um die proteinreiche Kost selbst zu züchten. „Nach etwa zwei Wochen kann man die ersten Algen ernten“, so Reich. Er empfiehlt, einen Teil der Ernte für die neue Zucht aufzubewahren.

Virtueller Supermarkt

Ob Obst, Gemüse oder Fleischwaren: Regionale und nachhaltige Waren liegen im Trend. Woher das Produkt tatsächlich stammt, wo es verarbeitet oder verpackt wurde, ist für den Verbraucher im Supermarkt bisher jedoch nur schwer erkennbar. Auch Biosiegel geben dazu nur begrenzt Auskunft. In der Zukunft könnte das anders sein, wie der virtuelle Supermarkt auf der Grünen Woche eindrucksvoll vermittelt. Beim Rundgang durch den virtuellen Markt liefert ein Regionalfenster dem Kunden beim Griff zum Produkt alle nötigen Angaben, darunter zur Herkunft und Verarbeitung, aber auch zum Umfang des regionalen Stoffanteils und zum Kontrollinstitut.

 

Auf der Grünen Woche können Besucher in der virtuellen Welt den Supermarkt der Zukunft erleben.

Virtueller Supermarkt auf der Grünen Woche

BMEL-Sonderschau stellt Verbraucher in den Fokus

Die Vision ist Teil der Sonderschau des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die dieses Jahr unter dem Motto „Du entscheidest“ steht. Der Blick in die Zukunft des Einkaufs ist aber nur eine Attraktion in Halle 23a, mit der das BMEL dem Verbraucher verdeutlicht, wie jeder Einzelne eine nachhaltige Zukunft mitgestalten kann. Neben Tipps für einen bienenfreundlichen Garten oder einen verpackungslosen Einkauf zeigt das Leibniz-Institut für Agrartechnik- und Bioökonomie wie aus Bioabfällen neue Kunststoffverpackungen entstehen und welche Rolle Verpackungen beim Lebensmitteleinkauf spielen.

Intelligenter Reifen schont Boden

Wie die kostbare Ressource Boden geschont werden kann, präsentieren Forscher vom Thünen-Institut mit einem intelligenten Reifen auf der Sonderschau. Bei dem fast zwei Meter großen Exemplar können wichtige Parameter wie Radlast, Reifeninnendruck und Überrollhäufigkeit je nach Bodenstruktur angepasst werden. Der Clou: Inspiriert von der Ultraschalltechnik der Fledermaus misst ein entsprechender Sensor in der Felge den Abstand zum Reifen und sorgt so für die optimale Reifeneinfederung, so dass der Boden nicht verdichtet wird.

Dieser Reifen passt seine Parameter der Bodenstruktur an und verhindert so die Verdichtung des Ackers.

Intelligenter Reifen

Backen ohne Ei und Butter

Dass man mit Algen auch backen kann, zeigt das Unternehmen Pure Raw in Halle 1 mit dem Backpulver BoBei. „Das Algenpulver ersetzt Butter und Ei, schmeckt aber genauso. Es ist salz- und kalorienreduziert“, erklärt Geschäftsführer Jörg Ullmann, der seit 17 Jahren die Algenfarm Klötze betreibt. Er gehört zu den Pionieren der Algenzucht und ist an der Entwicklung vieler neuer Produkte für Lebens- und Futtermittel, aber auch Kosmetik beteiligt. „Wir wollen das Thema Algen generell vorantreiben“, sagt Ullmann. „Noch ist die Algenproduktion aber ein sehr junger Zweig und daher sehr teuer.“ In diesem Jahr wird Ullmann eine zweite Algenfarm in Mecklenburg-Vorpommern eröffnen und damit der Algenproduktion weiter Aufwind verschaffen.

Agrarministerkonferenz: Regelbasierten Freihandel stärken

Die Bedeutung von Handel und einem integrierten Handelssystem für die weltweite Ernährungssicherung stand im Fokus des diesjährigen Agrarministertreffens, das traditionell am Rande der Grünen Woche im CityCube Berlin stattfand. Auf Einladung des BMEL diskutierten 71 Agrarminister aus aller Welt beim 12. Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) mit Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft über globale Zukunftsthemen. Im Ergebnis des dreitägigen Treffens wurde ein Abschlusskommuniqué verabschiedet, das den regelbasierten Freihandel stärken soll.

bb