Phagen als Bakterienkiller besser erforschen
Bakteriophagen sind eine interessante Alternative zu Antibiotika. Auf einem Symposium in Stuttgart wurde ein nationales Netzwerk gegründet, um die Viren genauer zu erforschen.
Gegen Antibiotika resistent gewordene Keime sind eines der gefährlichsten Probleme der Humanmedizin, aber auch im Tierstall. Eine Lösung könnten Bakteriophagen sein. Dabei handelt es sich um Viren, die Bakterien als Wirt befallen, sich in ihnen vermehren und sie dadurch töten. Der Vorteil: Für menschliche, tierische und pflanzliche Zellen sind die Phagen völlig harmlos.
Alternative zu Antibiotika
Das Potenzial der Bakterienkiller ist seit Langem bekannt. Während östliche Länder wie Russland oder Georgien Phagen zur Therapie weiterhin nutzen und ganze Forschungseinrichtungen sich damit beschäftigen, gerieten sie in Deutschland und Westeuropa mit der Einführung von Penicillin als Antibiotikum in Vergessenheit. Mit dem zunehmenden Versagen der Antibiotika rücken die natürlichen Bakterienkiller nun wieder in den Fokus von Forschung und Anwendung. „Für jedes krank machende Bakterium gibt es einen passenden Phagen, der es zerstört. Man muss nur den richtigen finden. Dann lassen sich viele Infektionen bekämpfen – ganz ohne oder auch in Kombination mit Antibiotika“, betont Wolfgang Beyer von der Universität Hohenheim.
Klare Regeln für Phagen-Einsatz gefordert
Auf dem ersten Deutschen Bakteriophagen-Symposium an der Universität Hohenheim standen die winzigen Hoffnungsträger nun wieder im Fokus. Das Treffen wurde vom Forschungszentrum für Gesundheitswissenschaften der Universität Hohenheim organisiert. Über 150 Teilnehmer aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik diskutierten darin Anfang Oktober in Stuttgart über das Potenzial der Bakterienkiller für Forschung und Anwendung. Beim Treffen forderten die Wissenschaftler vor allem klare Regeln für den Einsatz von Bakteriophagen, um die Forschung sowie die potenzielle Anwendung auf dem Gebiet zu beschleunigen.
Infektionen bei Mensch und Tier bekämpfen
Beyer zufolge würden sich schon heute mithilfe von Bakteriophagen bakterielle Infekte bei Mensch und Tier bekämpfen lassen. Das reicht vom Schnupfen über Durchfall bis hin zur Lungenentzündung. Meist könnte schon ein standardisierter Phagen-Mix helfen, wie er in östlichen Ländern erhältlich ist, argumentiert Beyer. „Es ist zwar nicht verboten, Phagen in Deutschland zu vertreiben. Um sie als zugelassenes Arzneimittel auf den Markt zu bringen, sind allerdings teure und langwierige Tests nötig“, erklärt der Hohenheimer Phagenexperte. Zudem erschweren fehlende Regularien die Phagen-Forschung.
Gleiches gilt auch für den Einsatz von Phagen in der Lebensmittelhygiene, um beispielsweise die Übertragung von Salmonellen durch Geflügelfleisch zu vermeiden. „Als Schutz gegen die Bakterien kann man Lebensmittel mit einer Phagenmischung besprühen oder auch die Hähnchen kurz vor der Schlachtung mit Phagen behandeln“, erklärt Beyer. Die Experten sind daher überzeugt, dass eine klare Regulierung den Einsatz der Bakterienkiller auf breiter Ebene beflügeln würde.
Erstes nationales Phagen-Forum gegründet
Mit der Gründung des „Nationalen Forums Phagen“ im Rahmen des Symposiums haben Vertreter von wissenschaftlichen Institutionen und Pharma-Unternehmen den Weg für die Stärkung der Phagenforschung hierzulande geebnet. Das Netzwerk will Akteure verschiedener Disziplinen wie etwa aus Medizin, Pharma, Landwirtschaft und Ernährung vernetzen und mit Zulassungbehörden kooperieren, um mithilfe von Bakteriophagen neue Lösungen für human- und veterinärmedizinische Therapien, Lebensmittelhygiene und Umweltsanierung zu entwickeln. Auch der Einsatz in Kosmetika ist vorgesehen. Darüber hinaus soll das neu gegründete Phagen-Forum Forschungsaktivitäten anschieben und eng mit bestehenden internationalen Netzwerken zusammenarbeiten.
bb