Ökolandbau sorgt für bunte Äcker

Ökolandbau sorgt für bunte Äcker

Die Vielfalt von Wildbienen- und Pflanzenarten ist auf ökologisch bewirtschafteten Äckern höher als auf konventionellen Flächen. Für den Erhalt der Artenvielfalt ist aber eine abwechslungsreiche Landschaft noch wichtiger, zeigt ein EU-Projekt mit deutscher Beteiligung.

Ökologisch bewirtschaftete Äcker bieten zahlreichen Wildbienen- und Pflanzenarten einen Lebensraum.
Ökologisch bewirtschaftete Äcker bieten zahlreichen Wildbienen- und Pflanzenarten einen Lebensraum.

Ökologisch bewirtschaftete Ackerflächen sind ein wichtiges Refugium für seltene Tier- und Pflanzenarten. Die Aussage ist ein gern genutztes Argument, um den Biolandbau zu unterstützen – und erscheint auf den ersten Blick auch durchaus schlüssig. Durch harte wissenschaftliche Fakten untermauert war sie bisher jedoch kaum. Ein internationales Team unter Beteiligung von Forschern der Technischen Universität München (TUM), hat jetzt erstmals in zehn europäischen und zwei afrikanischen Regionen untersucht, wie sich ökologisch und konventionell bewirtschaftete Flächen unterscheiden hinsichtlich ihrer Biodiversität unterscheiden. Im Fachmagazin Nature Communications (2014, Online-Veröffentlichung) berichten sie über ihre Forschungsergebnisse. Das Fazit: Auch Öko-Betriebe müssen Artenvielfalt gezielt fördern, indem sie zum Beispiel zusätzliche artenreiche Lebensräume erhalten.

Ökologische und extensive Landwirtschaftssysteme bieten wilden Pflanzen und Tieren Lebensraum. Bekannte Beispiele sind der Schwarze Geier in den spanischen Dehesas oder selten gewordene Orchideen auf extensiv genutzten Gebirgsweiden. Immer häufiger setzen sich Biobauern auch für den Erhalt alter Nutzrassen ein. Beispiele dafür sind hierzulande etwa das in Thüringen und Niedersachsen heimische Leineschaf oder die Limpurger, die älteste Rinderrasse Baden-Württembergs. Auf diese Art könnten Ökobauern in bedeutendem Maße zur Erhaltung der Biodiversität in Europa beitragen. Aber kommen auf ökologisch bewirtschafteten Flächen tatsächlich mehr Arten vor als auf den konventionell bearbeiteten Nachbarflächen? Diese Frage wurde bisher kaum untersucht.

Untersuchungen in Europa und Afrika

Koordiniert von der Forschungsanstalt Agroscope in der Nähe von Zürich, hat das von der EU geförderte Forscherteam nun ermittelt, wie bedeutsam der Effekt wirklich ist. In dem großangelegten Projekt „BioBio“ (zur BioBio-Homepage)  wurden zunächst einheitliche Messmethoden und Untersuchungsprotokolle entwickelt. So ließen sich die auf insgesamt 1470 Feldern von 205 Betrieben erhobenen Daten problemlos miteinander vergleichen. In der Zeit von 2010 bis 2013 wurden Betriebe in insgesamt zwölf Regionen Europas und Afrikas mit sehr unterschiedlichen Produktionsbedingungen untersucht. Ausgewählt wurden jeweils standorttypische Betriebe, je zur Hälfte entweder konventionell oder seit mindestens fünf Jahren zertifiziert ökologisch bewirtschaftet. So wurden zum Beispiel in der Schweiz Futterbaubetriebe, in Österreich und Südfrankreich Ackerbaubetriebe, in Italien und Spanien Betriebe mit Dauerkulturen wie Wein oder Oliven und in Uganda kleinbäuerliche Selbstversorgerbetriebe untersucht.  

In Bayern analysierte Kurt-Jürgen Hülsbergen vom Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme der TU München für das Projekt 16 bayerische Milchviehbetriebe. „Vom Ökolandbau profitiert die Artenvielfalt von Pflanzen und Wildbienen besonders. Die beobachteten Vorteile konzentrieren sich jedoch vor allem auf Ackerflächen“, fasst der Professor die Ergebnisse zusammen. Hülsbergen beschäftigt sich seit Jahren mit der Nachhaltigkeit ökologischer und konventioneller Landwirtschaftsysteme. Erst Anfang Juni stellte er seine .

Vor allem Wildbienen und Pflanzen profitieren von Öko-Ackerbau

Während die Forscher auf Bio-Äckern deutlich mehr Arten fanden als auf Nicht-Bio-Äckern, war dies auf Wiesen oder in Rebkulturen nicht der Fall. Die vier Artengruppen Pflanzen, Regenwürmer, Spinnen und Wildbienen, die stellvertretend für die große Vielfalt an Lebewesen untersucht wurden, profitierten in unterschiedlichem Maß vom Ökolandbau. Auf Ökoflächen wurden mehr Pflanzen- und Wildbienenarten gefunden als auf konventionellen Arealen, jedoch nicht mehr Arten an Spinnen und Regenwürmern. 

Hecken und Feldränder erhöhen die Artenvielfalt

Wurden Arten aus Randflächen wie Hecken oder Feldrändern in den Vergleich einbezogen, so verringerten sich die Unterschiede zwischen ökologischem und konventionellem Landbau. „Offenbar kommen die auf ökologischen Äckern gefundenen Arten in den übrigen Betrieben eher in den Randbereichen vor, und die gesamte Artenzahl verändert sich deshalb kaum“, erklärt Max Kainz, Leiter des Teilprojekts an der TUM. Auch das Vorkommen seltener oder gefährdeter Arten war laut Kainz nicht von der ökologischen Bewirtschaftung abhängig.Zum Schutz der stark gefährdeten Artenvielfalt in der Agrarlandschaft braucht es neben dem Ökolandbau also auch die Erhaltung von Lebensräumen. „Wenn sich die zusätzlichen Lebensräume vom Rest der Betriebsfläche unterscheiden, zum Beispiel Hecken in Graslandbetrieben oder Krautstreifen in Ackerbaubetrieben, erhöhen sie die gesamte Artenzahl des Betriebes stark“, erläutert Hülsbergen. Damit ist klar: Artenschutz ist kein Selbstläufer, auch Öko-Betriebe müssen sie gezielt fördern. „Erstaunlicherweise fanden wir auf den Öko-Betrieben über alle Regionen hinweg nicht mehr naturnahe Lebensräume als auf den übrigen Betrieben“, berichtet Kainz.

Inzwischen hat offenbar auch die Politik den Handlungsbedarf erkannt. So plant die EU beispielsweise im Rahmen ihrer Agrarpolitik ein Greening-Programm, welches Agrarbeihilfen und Umweltschutz miteinander verknüpft. Künftig erhalten Landwirte nur dann alle ihnen zustehenden Gelder, wenn sie konkrete Umweltleistungen erbringen. Diese umfassen den Erhalt von Dauergrünlandflächen wie Wiesen und Weiden, eine größere Vielfalt bei der Auswahl der angebauten Feldfrüchte sowie die Bereitstellung sogenannter "ökologischer Vorrangflächen" auf Ackerland. Ab 2015 sollen rund 5% der Ackerflächen im Umweltinteresse genutzt werden. Im Juni hatte der Bundesrat den Weg für die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht freigemacht.