Wichtiger Botenstoff der pflanzlichen Immunabwehr entdeckt

Wichtiger Botenstoff der pflanzlichen Immunabwehr entdeckt

Der erstmalige Nachweis bislang nur postulierter Moleküle eröffnet neue Ansätze für den Pflanzenschutz gegen Krankheitserreger.

Verfärbte Tomatenfrüchte an einer Pflanze
Die Kraut- und Braunfäule bei Tomaten wird durch Krankheitserreger verursacht. Forschende haben nun zwei Schlüsselmoleküle der pflanzlichen Immunabwehr identifiziert.

Krankheitserreger, die Pflanzen befallen, sind jedes Jahr für enorme Ernteverluste verantwortlich. Als Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln bemühen sich zahlreiche Teams aus der Pflanzenforschung darum, die Wechselwirkungen zwischen Krankheitserreger und Pflanze besser zu verstehen. Das könnte biologische Schutzmittel ermöglichen oder die Züchtung resistenter Pflanzen. Durch einen Trick hat ein deutsch-chinesisches Forschungsteam nun zwei Klassen bislang nur vermuteter Moleküle identifizieren können, die in der pflanzlichen Immunabwehr eine Schlüsselrolle spielen.

Angriff oder Freitod

In Pflanzen gibt es zahlreiche sogenannte NLR-Proteine. Dringen Mikroorganismen in eine Pflanzenzelle ein, aktiviert die Pflanze die Produktion dieser Gene, die jeweils gegen bestimmte Krankheitserreger einen wirksamen Schutz vermitteln: Entweder die durch NLR-Proteine initiierte Immunreaktion bekämpft den Angreifer wirkungsvoll oder sie führt zum Absterben der Zelle und verhindert damit die Vermehrung des Erregers. Aus diesem Grund kreuzt die Pflanzenzüchtung seit Jahrzehnten die entsprechenden NLR-Gene aus Wildpflanzen in verwandte Nutzpflanzen ein.

Eine entscheidende Rolle in diesem Prozess spielt das Protein EDS1. Es ist jener Teil der Immunantwort, der letztlich als Kontrollzentrum die Prozesse zum Gegenangriff oder auch zum eigenen Zelltod auslöst. Dazu muss sich das Protein jedoch mit weiteren Proteinen zu einem Komplex zusammenlagern. Schon länger vermuten Fachleute, dass die dazu nötigen Moleküle durch eine Untergruppe der NLR-Proteine produziert werden, durch sogenannte TNL-Proteine. Forschende des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) in Köln haben nun in einer internationalen Kooperation den Nachweis erbringen können, um welche Moleküle es sich dabei handelt. Im Fachjournal Science berichten sie darüber in zwei Publikationen (Jia, A., et al.; Huang, S., et al.).

Nie zuvor beschriebene Moleküle

Lösen konnte das Forschungsteam das Rätsel, indem es die gesamte Kette der Immunreaktion gentechnisch in Insektenzellen nachbildete. Dadurch konnten die beteiligten Moleküle in großer Menge produziert, aufgereinigt und charakterisiert werden. Dank dieses vereinfachten experimentellen Systems konnten die Forschenden zwei Klassen von Molekülen identifizieren, die zuvor in keinem lebenden Organismus beschrieben worden waren, sogenannte modifizierte Nukleotide.

Das Forschungsteam konnte weiterhin nachweisen, dass diese Moleküle in Proteinkomplexen mit EDS1 enthalten sind und diese Komplexe veranlassen, sich zu noch größeren Funktionseinheiten zusammenzulagern. Diese Einheiten lösen dann die effektive Immunreaktion aus. Den Fachleuten zufolge können die nun identifizierten Moleküle „als natürliche Immunstimulanzien zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten eingesetzt werden“. Mit ihnen werde „ein ganz neues Kapitel für die Steuerung der Pflanzenabwehr und Schaderreger-Kontrolle eröffnet“.

bl