Tierschutzpreis für Organ-Chip aus Jena

Tierschutzpreis für Organ-Chip aus Jena

Forscher aus Jena haben einen Chip entwickelt, auf dem eine Leber oder andere Organe im Mini-Format wachsen können. Dafür gab es den diesjährigen Tierschutz-Forschungspreis.

Mit dem Tierschutz-Forschungspreis werden jährlich Alternativen zu Tierversuchen ausgezeichnet.

Alternative Verfahren für Wirkstofftests sollen künftig den Bedarf an Tierversuche in Laboren weiter minimieren. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert seit Jahren diese Entwickung, um Tierversuche überflüssig zu machen. Erste Erfolge zeichnen sich ab: Wurden 2014 noch 3,3 Millionen Tiere für Laborexperimente gezählt, waren es 2015 nur noch 2,7 Millionen, wie eine Statistik des BMEL belegt. Mit dem Tierschutz-Forschungspreis ehrt das BMEL nunmehr zum 38. Mal Innovationen, die dem Tierwohl dienen.

Komplexe Organe auf einem Chip

In diesem Jahr geht die Auszeichnung an Alexander Mosig und sein Team von der Universität Jena. Mit dem auf 25.000 Euro dotierten Preis werden die Forscher für die Entwicklung eines Biochips geehrt, auf dem komplexe Organe wie die Leber abgebildet werden können. Der Chip besteht aus kleinen Flüssigkeitstanks, die an den Kunststoff-Objektträger angeschlossen sind. In seinem Inneren sind schmale Hohlräume durch Zu- und Abflüsse verbunden. Die kleine Tanks und Schläuche sorgen demnach für die richtigen Strömungsbedingungen im Chip-Organ. „Durch ein Mikroflusssystem können wir für eine realitätsnahe Perfusion sorgen, die erst die spezifische Kommunikation zwischen den Zelltypen und die gegenseitige Stabilisierung ermöglicht. Mit Hilfe von Sensoren können wir sogar die Sauerstoffsättigung gezielt regulieren“, sagt Mosig.

Chipversuche haben größere Aussagekraft

Auch wenn der Biochip rein äußerlich kaum Ähnlichkeit mit menschlichen Organen aufweist: In seinen Funktionen kommen die Modelle den Organen sehr nah. Eine Abbildung der Leber auf dem Chip enthält beispielsweise nicht nur alle relevanten Zelltypen, die strukturell auch korrekt angeordnet sind. Diese Zellen erfüllen auch ihre Stoffwechsel- und Gewebefunktionen, und das über mehrere Wochen. „Wir arbeiten hier mit menschlichen Zellen und Gewebemodellen, so dass die Aussagekraft der Versuche viel größer ist als bei Versuchen mit Nagetieren“, sagt Mosig.

Die Gewebemodelle der Jenaer Forscher wurden in der Praxis bereits alternativ zu Tierversuchen eingesetzt. Ein Modell der Leber diente dazu, Entzündungsprozesse des Organs zu untersuchen und Wirkstoffe zu charakterisieren. Die Organchip-Technik floss aber auch in die Entwicklung eines humanen Krebsmodells ein, an dem der Wirkmechanismus einer Antitumor-Substanz aufgeklärt wurde. Mit der Nachbildung einer Blut-Hirn-Schranke auf dem Chip konnte wiederum der Einsatz von Nanotransportern als Wirkstoffträger optimiert werden.

Weitere Organmodelle in der Entwicklung

Mosik und sein Team sind bereits dabei noch weitere Organe auf dem Biochip abzubilden. „Unsere Gruppe arbeitet an Organ-Modellen von Darm, Lunge, Knochen und Niere, um die Technik als Alternative zu Tierversuchen für die Infektionsforschung, die Wirkstofftestung und perspektivisch auch für toxikologische Untersuchungen zu etablieren.“

bb