So überlistet Mehltau die Abwehr von Pflanzen
Pflanzenforschende aus Köln haben das molekulare Wettrüsten in der Evolution von Pflanzen und Schadpilzen aufgeklärt.
Pilzkrankheiten führen jedes Jahr weltweit zu großen Ertragsverlusten bei Getreide. Auf molekularbiologischer Ebene findet dabei ein stetiges Wettrüsten zwischen den Pflanzen und ihren Krankheitserregern statt. So nutzen Pilze bestimmte Moleküle, sogenannte Effektoren, um das Immunsystem der Pflanze auszutricksen. Die Pflanze wiederum hat gelernt, auch diese Effektoren als Teil des Angriffs zu erkennen und trotzdem ihre Abwehr zu aktivieren. In der Folge verändern die Pilze ihre Effektoren, bis die Pflanze erneut Immunrezeptoren entwickelt hat, die auch diesen Trick durchschauen. Und so geht das Spiel immer weiter.
Effektoren teilen sich ein gemeinsames Gerüst
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Paul Schulze-Lefert vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und Jijie Chai, der in China an der Westlake Universität Hangzhou und der Tsinghua Universität tätig ist, hat nun für Mehltau-Erreger die Strukturen dieser Effektoren genauer untersucht. Im Fachjournal „PNAS“ berichten die Fachleute, dass die Effektoren demnach ein strukturelles Grundgerüst teilen, dass sich durch lokale Veränderungen unterscheidet. Es sind somit diese Unterschiede, die es der pflanzlichen Abwehr schwer machen.
„Es ist einer der Heureka-Momente der Wissenschaft, wenn in der Evolution das molekulare Wettrüsten zwischen Pflanzen und Krankheitserregern durch Strukturveränderungen innerhalb einer gemeinsamen dreidimensionalen Proteinarchitektur erklärt werden kann“, freute sich Schulze-Lefert über den Erfolg.
Auffallende Ähnlichkeit zu RNase-Enzymen
Konkret ermittelten die Forschenden die exakten molekularen Strukturen von fünf Effektoren zweier Mehltau-Erreger, die Weizen und Gerste befallen. Dazu verwendeten sie die sogenannte Röntgenkristallographie, die die Positionen der einzelnen Atome eines Moleküls bestimmt. Erst so ließ sich eine Ähnlichkeit nachweisen, denn so gering die räumliche Struktur der Effektoren sich unterscheidet, so groß sind die Unterschiede auf genetischer Ebene.
Anhand dieser Aufnahmen zeigte sich außerdem eine große Ähnlichkeit der Effektoren zu RNase-Proteinen. Diese Enzyme haben die Fähigkeit. RNA-Moleküle abzubauen. Allerdings verfügen die untersuchten Effektoren wohl nicht über die gleiche Fähigkeit. Die strukturelle Ähnlichkeit könnte somit eher damit zu tun haben, wie es den Effektoren gelingt, die Membranen der Pflanzenzellen zu durchdringen, um sie zu infizieren.
Kleine Aminosäure-Änderungen entscheiden über Tarnungserfolg
Ebenfalls untersuchte das Forschungsteam, wie stark die lokalen Veränderungen der Effektoren sein müssen, um dem pflanzlichen Immunsystem zu entgehen. Dabei zeigte sich, dass die Fachleute lediglich sechs Aminosäuren des Effektors austauschen mussten, um seine Tarnung auffliegen und ihn durch die Immunrezeptoren der Pflanze erkennen zu lassen. Weitere Analysen führten das Team zu dem Schluss, dass ein bestimmter Immunrezeptor immer auf einen bestimmten Oberflächenbereich eines entsprechenden Effektors abgestimmt ist.
bl