So tolerieren Pflanzenblätter hohe Salzkonzentrationen

So tolerieren Pflanzenblätter hohe Salzkonzentrationen

Der jetzt nachgewiesene Mechanismus ist dem der Wurzeln überlegen und eröffnet Potenziale für die Pflanzenzüchtung.

Acker mit Reihen von Tabakpflanzen
Bei normaler Salzkonzentration im Boden sind die Blätter von Tabakpflanzen fest und aufgerichtet.

Tabakpflanzenblätter sind toleranter als gedacht: Ein Forschungsteam der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat nachweisen können, dass die Blattzellen mit erstaunlich hohen Kochsalzkonzentrationen zurechtkommen. Außerdem zeigten die Fachleute, dass der zugrunde liegende Mechanismus ein anderer ist als in den Wurzeln – und diesem bei kurzzeitig erhöhten Salzkonzentrationen überlegen. Das hat große Bedeutung für die Landwirtschaft, da viele Kulturpflanzen auf hohe Salzkonzentrationen reagieren, indem sie ihr Wachstum beschränken. Damit jedoch sinkt auch der Ertrag.

Wurzeln nutzen SOS-Weg als Salzschutz

Dürre oder Hitze können dazu führen, dass der Gehalt an Natriumchlorid, auch bekannt als Kochsalz, im Boden steigt. Die Pflanzen nehmen das Salz über ihre Wurzeln auf, und sobald zu viel in Spross oder Blätter gelangt, wirkt es meist schädlich. Wurzeln besitzen daher einen schon länger bekannten Mechanismus, um Salz loszuwerden: Die Wurzelzellen erhöhen ihren Gehalt an Kalziumionen im Zellplasma. Dadurch entstehen in der Zelle Kräfte, die Natriumionen abstoßen und das Salz in den Boden zurückdrängen. Fachleute sprechen bei diesem Salzschutzmechanismus vom SOS-Weg.

Das Team um Rainer Hedrich wollte nun wissen, auf welche Weise sich Blattzellen des überschüssigen Salzes entledigen. Dazu fluteten sie das Innere von Tabakblättern mit einer 30-prozentigen Meersalzlösung. Der Salzstress lässt sich gut beobachten, weil die Blattzellen an Innendruck verlieren und die Blätter immer stärker absinken. Genau das geschah im Experiment zunächst. „Dass sich das Blatt aber wieder gänzlich von der Salzflutung erholte und nach nur 30 bis 40 Minuten seine ursprüngliche Blattposition einnahm, war mehr als erstaunlich“, berichtet Hedrich.

Blattzellen lagern Salz in ihre Vakuolen ein

Weitere Analysen zeigten, dass das Salz die Zellzwischenräume, in die es injiziert worden war, verlassen hatte, jedoch nicht das Blatt. Die Zelle hatte es in ihr Zellplasma aufgenommen. Von dort – auch das konnten die Forschenden nachvollziehen – lagerte die Zelle das Salz in ihre Vakuole ein. Vakuolen sind mit einer Membran umschlossene Zellorganellen. Die umliegende Zelle kehrt so zu ihrem Normaldruck zurück und das Blatt richtet sich wieder auf. Kalzium und der SOS-Weg – wie in den Wurzeln – spielen somit beim Salzschutz der Blätter keine Rolle.

„Wurzeln der meisten Pflanzen leiden schon, wenn sie mit nur einem Viertel der Salzdosis in Kontakt kommen, die wir dem Tabakblatt aufgezwungen haben“, erklärt Kai Konrad, Co-Autor der im Fachjournal „New Phytologist“ veröffentlichten Studie. Blätter hätten somit offenbar eine bessere Salzstressbewältigung als Wurzeln. Problematisch wird es jedoch bei anhaltendem Salzstress, denn irgendwann sind die Vakuolen voll.

Züchtungsansatz für salztolerante Sorten

Das Team will nun den Salztransport in Pflanzen weiter analysieren, denn die Forschenden erhoffen sich davon Ansätze für die Pflanzenzüchtung, um salztolerantere Sorten von Kulturpflanzen zu erzeugen.

bl