Sehvermögen der Pflanzen durchleuchtet
Pflanzen können mithilfe sogenannter Phytochrome Lichtreize wahrnehmen. Nun liefern Berliner und Gießener Forscher erstmals Einblicke in die molekulare Funktionsweise dieser Proteine.
Die Photosynthese ist der wichtigste Stoffwechselprozess in der Natur und damit Grundlage für das Leben auf der Erde. Dafür brauchen Pflanzen neben Wasser und Kohlendioxid vor allem Licht. Seit geraumer Zeit ist jedoch bekannt, dass noch andere Mitspieler für das Gelingen der Photosynthese entscheidend sind: die Phytochrome. Dabei handelt es sich um Photorezeptor-Proteine, die das Verhältnis von hellrotem zu dunkelrotem Licht messen und Lichtreize wie die Ergrünung von Pflanzenteilen oder die Samenkeimung bestimmen. Wie Phytochrome im molekularen Detail funktionieren, war bisher unklar. Forscher der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Freien Universität Berlin liefern in einer Strukturanalyse nun eine erste Antwort. Die Arbeit der Forscher wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.
3D-Struktur pflanzlicher Phytochrom-Moleküle aufgeklärt
Phytochrome steuern wesentliche biochemische Prozesse in der Zelle. Sie sind in der Lage, auch äußerst schwaches Licht wahrzunehmen und sogar Farben zu unterscheiden. So können sie Blätter in ihrer Nachbarschaft erkennen und bei einer möglichen Gefahr reagieren. Diese Moleküle sind sozusagen die Augen der Pflanze. Mithilfe von röntgenkristallographischen Messungen am BESSY-II-Synchrotron in Berlin konnte ein Team um Jon Hughes vom Gießener Institut für Pflanzenphysiologie erstmals die dreidimensionalen Strukturen verschiedener pflanzlicher Phytochrom-Moleküle aufklären und damit Antworten auf wichtige Fragen finden.
Pflanze nimmt Licht über Bilin-Pigment auf
So wurde sichtbar, dass das Licht über das so genannte Bilin-Pigment aufgenommen wird und eine chemische Verbindung zwischen dem Bilin und dem Protein besteht. Sobald das Bilin-Pigment durch Lichtenergie angeregt wird, beginnt es sich zu drehen, schreiben die Forscher im Fachjournal "Nature Plants". Dadurch ändere sich die Wechselwirkung mit dem Protein, sodass ein Teil seiner Struktur auseinandergerissen und neu gebildet werde. Der Studie zufolge wird dadurch die Weiterleitung des Lichtsignals eingeschaltet. „Mit unserer Grundlagenforschung wollen wir herausfinden, wie Phytochrome funktionieren. Dabei sind wir nun einen großen Schritt weitergekommen, aber es gibt noch eine Menge zu tun“, so Hughes und verweist auf die gentechnischen Methoden, die es schon heute ermöglichen, das Phytochromsystem von Nutzpflanzen so zu verändern, dass diese besser wachsen und höhere Ernteerträge erzielen.
bb