Sauerstoffarme Stammzellnische
Pflanzenstammzellen in der obersten Wachstumsspitze der Sprossachse benötigen eine Umgebung mit niedriger Sauerstoffkonzentration, wie Forscher aus Aachen und Heidelberg berichten.
Pflanzen haben einst die Sauerstoffatmosphäre unseres Planeten erschaffen und erneuern sie auch heute noch durch die Photosynthese: Ein durchschnittlicher Baum reichert die Luft jährlich mit rund 120 Kilogramm Sauerstoff an. Allerdings müssen auch die pflanzlichen Zellen selbst mit Sauerstoff versorgt werden. Es gibt jedoch Bereiche, für die das Gegenteil gilt, wie ein internationales Team von Pflanzenforschern unter Beteiligung der RWTH Aachen und der Universität Heidelberg jetzt herausgefunden hat.
Sauerstoffmangel stabilisiert wichtiges Protein
Im Fachjournal „Nature“ berichten die Wissenschaftler, dass niedrige Sauerstoffkonzentrationen zu den Schlüsselbedingungen für die Regulation des Wachstums zählen. Die Forscher hatten das sogenannte Sprossapikalmeristem analysiert, ein Gewebe am obersten Ende der Sprossachse. Die dortigen Stammzellen, aus denen neue Blätter und Blüten entstehen, befinden sich in einem Bereich mit niedriger Sauerstoffkonzentration. Dieser Umstand stabilisiert das Protein ZPR2, das für das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung wichtig ist.
Parallele zu Menschen und Tieren
Von tierischen und menschlichen Stammzellarten war bereits bekannt, dass sie in einer sauerstoffarmen Umgebung existieren können. Das trifft nun auch auf Pflanzen zu, wie die Forscher mit Erstaunen notieren – denn evolutionär sind alle drei weit voneinander entfernt. Trotzdem hat sich diese Parallele entwickelt. Möglicherweise ist die geringe Sauerstoffkonzentration erforderlich für die erfolgreiche Teilung von Stammzellen.
Vorteil für Pflanzenzüchter
Auf die Pflanzen bezogen eröffnet die Entdeckung neue Möglichkeiten für die Pflanzenzüchtung: Saatgutproduzenten können nun ihre Zielvorgaben bei der Selektion neuer Zuchtkulturen entsprechend optimieren, sodass diese besser an suboptimale Voraussetzungen wie extreme Hitze oder Überflutungsgefahr angepasst sind.
bl/pg