Mikroalgen als alternative Proteinquelle

Mikroalgen als alternative Proteinquelle

Kann der Proteingehalt der Algen mit anderen Eiweißquellen mithalten? Das untersuchen Hohenheimer Forscher und beleuchten dabei die Akzeptanz der Verbraucher und die globalen Folgen.

Mungobohnen
Forscher der Universität Hohenheim errechnen die Biomassebilanz von Mikroalgen.

Ob in Nahrungsergänzungsmitteln, Tierfutter, Arznei- und Kosmetikprodukten, Biokraftstoff oder als Abwasserreiniger: Mikroalgen scheinen wahre Alleskönner zu sein. Sie werden wegen ihrer hochwertigen und gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe vor allem als Ausgangsstoff für die Herstellung von Lebens- und Futtermitteln geschätzt. Das hochwertige pflanzliche Protein macht sie zu einer Alternative für tierische oder andere Eiweißquellen. Wegen ihres geringeren Ausstoßes von Treibhausgasen helfen sie zudem, Ressourcen zu schonen.  All diese Eigenschaften machen die grünen Winzlinge weltweit zu wichtigen Kandidaten für eine nachhaltige Produktion. Ob die Hoffnungen begründet sind, wollen Forscher der Universität Hohenheim nun prüfen.

Biomassebilanz der Mikroalgen-Produktion

„Algen nutzen das Sonnenlicht effektiver als Landpflanzen und wachsen schneller. Daher eignen sie sich gut als alternative Proteinquelle für Lebens- und Futtermittel“, erklärt Sebastian Weickert von der Universität Hohenheim. Zwanzig von insgesamt 300.000 Algenarten werden weltweit bisher kommerziell genutzt. Im Rahmen eines vom Land Baden-Württemberg geförderten Verbundprojektes zum Einsatz von Mikroalgen in der Ernährungs- und als Futtermittelindustrie müssen sich die Algen nun mit vergleichbaren Proteinquellen messen lassen. Mittels Computersimulation wollen Hohenheimer Wissenschaftler die Biomassebilanz der Mikroalgen-Produktion mit der von tierischen und anderen pflanzlichen Eiweißquellen vergleichen.

Zukunftszenarien simulieren

Dazu betrachten sie die heutige Situation und vergleichen sie mit möglichen Szenarien im Jahr 2030 und 2050. Im Fokus stehen die Auswirkungen der Algenproduktion auf die Umwelt. Eine zentrale Frage dabei: Werden durch den Einsatz von Proteinen aus Mikroalgen im Vergleich zu tierischen Eiweisen tatsächlich Ressourcen geschont, also weniger Treibhausgase ausgestoßen oder Ackerflächen genutzt? Hier gilt zu unterscheiden, dass Algen sowohl mit Licht als auch ohne Licht gezüchtet werden können. „Die Produktion mit Licht ist vor allem in ökologischer Hinsicht von Vorteil. Oft werden die Algen in großen Teichen, sogenannten Ponds, gezogen. Aber das Verfahren ist unwirtschaftlich und es besteht die Gefahr der Kontamination,“ erklärt Weickert. Eine  Alternative könnten hier geschlossene Reaktorsysteme wie Röhren-, Platten- und Sackreaktoren sein, die es Weickert zufolge für „kommerzielle Produktionssysteme im industriellen Maßstab" aber kaum gibt. Zieht man die Algen in geschlossenen Systemen ohne Licht ist eine Kontamination zwar ausgeschlossen. Die Mikroalgen müssen dafür aber zusätzlich mit dem nötigen Zucker versorgt werden. Dadurch den Anbau der Zuckerpflanzen werden aber Flächen und Dünger verbraucht, was wiederum die Gesamtbilanz negativ beeinflusst.

Aber auch die wirtschaftliche Seite der Algen-Produktion, ob sie sich rechnet oder wie sich der globale Agrarsektor und die Nahrungsmittelversorgung entwickeln wird, wenn man die Proteinquellen Fleisch und Soja teilweise durch Algen ersetzt wird, wollen die Forscher hinterfragen.

Verbraucherverhalten ausloten

Auch die Haltung des Verbrauchers zu Mikroalgen spielt dabei eine Rolle. Insbesondere der teils fischige Eigengeschmack, der mit Licht kulivierten Algen eigen ist, scheckt oft noch ab. „Unser Projekt fokussiert daher auf die aus den Zellen isolierten, reinen Proteine. Sie wären gut in die Nahrungsmittelproduktion integrierbar, haben aber bis dato noch keine Zulassung in der EU“, erklärt Weickert. Was die Verbraucher von Mikroalgen halten, wollen die  Forscher in einer Umfrage gemeinsam mit der Universität Göttingen herausfinden.  „Wir wollen auch wissen, ob die Verbraucher überhaupt bereit wären, ihren Fleischkonsum zugunsten von Algen-Protein zu reduzieren“, ergänzt Projektleiter Harald Grethe.

All diese Aspekte und Möglichkeiten wollen die Forscher in den nächsten Jahren am Computer durchspielen. Am Projekt sind neben der Uni Hohenheim, die Universitäten Freiburg, Tübingen und Stuttgart sowie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Max Rubner-Institut in Karlsruhe und das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart beteiligt.

bb